Krise bei VW
Blume sieht "jahrzehntelange strukturelle Probleme"

| Redaktion 
| 03.11.2024

Vergangene Woche hat Volkswagen den Zwischenbericht für Januar bis September vorgelegt und dabei unter anderem einen Gewinneinbruch von 64 Prozent im letzten Quartal vermeldet. Starke Konkurrenz auf dem chinesischen Markt und hohe Kosten in der Heimat treffen den Konzern hart. Hinsichtlich letzterer hat sich VW-Chef Oliver Blume zu Ursachen und Lösungsansätzen geäußert.

"Die schwache Marktnachfrage in Europa und deutlich gesunkene Erträge aus China legen jahrzehntelange strukturelle Probleme bei VW offen", gesteht der Vorstandsvorsitzende der Bild am Sonntag. Diese wolle der Konzern nun konsequent angehen und die Kosten am Standort Deutschland in diesem Zuge "massiv" senken.

"Unser Arbeitskostenniveau ist beispielsweise hier oftmals mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt unserer europäischen Standorte", erläutert Oliver Blume. Darüber hinaus würden die Entwicklungs- und Vertriebskosten im Vergleich zu den Ausgaben anderer Wettbewerber "ebenso Handlungsbedarf" erfordern.

Die Bild selbst attestiert Volkswagen, "zu viel Fett angesetzt" zu haben und dadurch zu einem unbeweglichen, unter Kurzatmigkeit leidenden Gebilde mutiert zu sein. Erinnert wird unter anderem an die überambitionierte Einstellung von rund 10.000 IT-Experten unter dem damaligen VW-Chef Herbert Diess, die letztlich bloß zu einer "wackeligen VW-Software-Architektur" und enormen Personalkosten geführt habe.

So will Volkswagen sparen

Zur Umsetzung von "Kosten- und Kapazitätsanpassungen" hat Volkswagen laut Zwischenbericht etwa 900 Millionen Euro zurückgelegt. Besagte Maßnahmen sollen unter anderem einen Einstellungsstopp, weniger Auszubildende, Abfindungspakete, eine Ausweitung der Altersteilzeit oder eine "maximale Nutzung der demografischen Kurve" umfassen. Letzteres bedeutet, dass Stellen von in Rente gehenden Mitarbeitern nicht neu nachbesetzt werden.

Die Produktion von Elektroautos, hier in der von der Schließung bedrohten Gläsernen Manufaktur in Dresden, hat dem Konzern bislang nicht den erhofften Erfolg beschert (Bild: Volkswagen)Die Produktion von Elektroautos, hier in der von der Schließung bedrohten Gläsernen Manufaktur in Dresden, hat dem Konzern bislang nicht den erhofften Erfolg beschert (Bild: Volkswagen)

Auch ans Geld soll es gehen: Bonuszahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sind demnach genauso von Einschnitten bedroht wie Zuschüsse zu Transportkosten, während der bis zu drei Monatsgehälter umfassende Treuebonus für langjährige Mitarbeiter auf der Streichliste steht – zumindest für die rund 10.000 Personen, die sich sonst in absehbarer Zukunft darüber hätten freuen dürfen.

Belegschaft soll Bereitschaft zu Einschnitten zeigen

Ebenfalls gegenüber der Bild am Sonntag sagte VW-Personalvorstand Gunnar Kilian, dass "die Bereitschaft, Einschnitte hinzunehmen" seitens der Belegschaft nun erforderlich sei. Der europäische Automobilmarkt stagniere gerade in Deutschland auch aufgrund mangelnder Nachfrage nach Elektroautos.

Keine konkreten Angaben gibt es dazu, ob dies auch für führende Teile der Belegschaft gilt. Diese versorgt das Unternehmen auch lange nach dem letzten Arbeitstag fürstlich: Der nach einer Reihe von Fehlentscheidungen 2022 ausgeschiedene VW-Chef Herbert Diess stand im vergangenen Jahr nach wie vor mit insgesamt 12,8 Millionen Euro auf der Ausgabenseite des kriselnden Konzerns, der gemäß einer Zusammenfassung des Business Insiders auch weitere Ex-Manager wie Markus Duesmann oder den bereits 2015 ausgeschiedenen Martin Winterkorn weiterhin siebenstellig entlohnt.

Derweil in China

An anderer Stelle pickt sich die Bild den VW-China-Konzernvorstand Ralf Brandstätter als Beispiel eines kostspieligen Mitarbeiters heraus. Dieser bekomme neben einer Vergütung von rund vier Millionen Euro (2023) auch ein 400 Quadratmeter umfassendes Appartement in Peking gestellt, das monatliche Kosten von knapp 20.000 Euro verursacht.

Auf Nachfrage der Springer-Blattes wollte sich VW "aus arbeitsvertraglichen und datenschutzrechtlichen Verschwiegenheitspflichten" nicht näher dazu äußern. Die im Vergleich zu Brandstätters Vorgänger fast doppelt so hohen Mietkosten seien jedoch darin begründet, dass der aktuelle China-Vorstand auch repräsentative Aufgaben in seiner großflächigen Wohnung wahrnimmt.

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