Selbstbild kontra Realität
Jobkiller KI? Nicht für mich!

| Redaktion 
| 31.03.2025

Von einer echten Bedrohung für die eigene Karriere wollen die wenigsten etwas wissen: Trotz der rasanten Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) glauben laut einer aktuellen Umfrage des TÜV-Verbands fast drei Viertel der Berufstätigen in Deutschland, dass ihre Arbeit nicht durch KI ersetzbar ist. Auch wenn jede:r Zweite zugibt, dass andere womöglich betroffen sein könnten.

Die Zahlen entstammen einer repräsentativen Forsa-Umfrage unter 1.001 Personen, darunter 668 Erwerbstätige. Demnach gehen 53 Prozent der Beschäftigten davon aus, dass KI in den kommenden fünf Jahren eine große oder sehr große Rolle in ihrem Beruf spielen wird. Doch 44 Prozent erwarten kaum oder keine Auswirkungen – und 72 Prozent halten ihre Tätigkeit für unersetzlich.

Tatsächlich verändert sich die Arbeitswelt bereits spürbar. Generative KI-Modelle wie ChatGPT, Claude oder Gemini werden von mittlerweile 31 Prozent der Berufstätigen auch im Job genutzt – in der Gesamtbevölkerung liegt der Anteil mit 53 Prozent noch höher, da viele KI-Tools vor allem privat verwendet werden.

Mitmachen oder auf der Strecke bleiben

"Künstliche Intelligenz wird viele Arbeitsprozesse in nahezu allen Berufsfeldern grundlegend verändern – vom Anlagenbau bis zur Zahntechnik“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands in einer Aussendung, und er warnt: "Entweder die Beschäftigten lernen den Umgang mit KI-Anwendungen oder sie verlieren den Anschluss.“

Trotzdem sehen nur 7 Prozent der Erwerbstätigen eine direkte Gefahr für ihren eigenen Job. Dass viele andere Menschen durch KI ihren Arbeitsplatz verlieren könnten, glauben immerhin 49 Prozent. Eine gewisse Verdrängung wird also durchaus wahrgenommen – nur eben möglichst weit entfernt vom eigenen Schreibtisch.

Weiterbildung gewünscht – aber kaum strukturiert

Immerhin: Die Einsicht, dass KI-Kenntnisse künftig entscheidend sein könnten, ist vorhanden: 60 Prozent der Befragten halten entsprechende Weiterbildungen für sinnvoll. Dennoch fühlen sich viele schlecht vorbereitet: Nur 37 Prozent befürchten konkret, "beruflich abgehängt“ zu werden, wenn sie die Technologie nicht beherrschen.

"Es ist entscheidend, dass Beschäftigte frühzeitig die nötigen KI-Kompetenzen aufbauen“, sagt Bühler. "Arbeitgeber müssen ihre Mitarbeitenden aktiv unterstützen und KI-Schulungen anbieten.“

In der Realität sieht es damit bislang eher mau aus: Nur 19 Prozent der abhängig Beschäftigten geben an, dass ihr Arbeitgeber konkrete Regeln für den Umgang mit KI im Job aufgestellt hat. Bei 4 Prozent ist der Einsatz sogar ausdrücklich verboten.
Dort, wo Regeln existieren, geht es meist um Datenschutz (76 Prozent), den Schutz sensibler Informationen (63 Prozent) oder Urheberrechte (61 Prozent). Mehr als die Hälfte (54 Prozent) der Unternehmen verlangt außerdem einen Faktencheck für KI-generierte Inhalte.

"Den meisten Arbeitgebern fehlt offenbar ein strategischer Ansatz, wie Künstliche Intelligenz in ihrer Organisation möglichst gewinnbringend eingesetzt werden kann“, so Bühler.

Pflicht zur Weiterbildung – ab sofort

Tatsächlich gibt es für Unternehmen mittlerweile einen regulatorischen Rahmen: Seit dem 2. Februar 2025 gilt die europäische KI-Verordnung (AI Act). Demnach müssen Unternehmen, die KI-Systeme entwickeln oder anwenden, sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über entsprechendes Fachwissen verfügen.

Drei Schulungsbereiche sind dem TÜV zufolge zentral:

  • Technisches Know-how: Grundverständnis für KI-Algorithmen, maschinelles Lernen und generative Modelle.
  • Anwenderkenntnisse: Sicherer Einsatz von KI-Tools in branchenspezifischen Zusammenhängen.
  • Compliance: Wissen über gesetzliche Vorgaben und ethische Standards im Umgang mit KI.

"KI kann einen erheblichen Beitrag zur Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands leisten, wenn sie richtig eingesetzt wird“, sagt Bühler. "Dafür braucht es Standards, sichere KI-Systeme und Qualifikationsmaßnahmen für die Beschäftigten.“

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