Aura enttäuscht Talahon
Überraschung beim Jugendwort des Jahres

| Redaktion 
| 20.10.2024

Zwischen "Das haben wir doch damals schon gesagt" und "So habe ich wirklich noch nie jemanden reden hören" sorgt die seit 2008 stattfindende Wahl unter Aufsicht des Langenscheidt-Verlags zuverlässig für starke Reaktionen. Im Rahmen der Frankfurter Buchmesse wurde nun der diesjährige Gewinner verkündet – und es ist nicht der wohl meistdiskutierte Begriff des Wettbewerbs.

So hat sich statt "Talahon" das Wort "Aura" durchgesetzt, das es neben "Schere" in die Endauswahl der letzten drei Nominierten geschafft hatte. Als die Top Ten Ende Juli enthüllt wurden, durften sich auch Klassiker wie "YOLO" und "Digga" oder aber "Nein Pascal, ich denke nicht" Hoffnung auf den Titel machen. Der letztliche Siegerbegriff bezieht sich auf die Ausstrahlung oder den Status einer Person, womit er trotz häufig scherzhafter Verwendung mehr oder weniger gemäß seiner altbekannten Bedeutung genutzt wird.

Etwas überraschend ist das durch ein Online-Voting zustande gekommene Ergebnis insofern, als dass "Talahon" nach Bekanntgabe der Nominierten die größten Diskussionen ausgelöst zu haben schien. Der Begriff bezieht sich auf meist junge Männer mit Migrationshintergrund, die durch stereotypes Auftreten auffallen und ist sowohl als Selbstbezeichnung als auch als Beschreibung geläufig.

Umstrittene Aspekte: Aggressivität und Frauenfeindlichkeit werden häufig mit Talahons assoziiert; bei der Nutzung des Wortes durch Nicht-Talahons wittern Kritiker wiederum fremdenfeindliche Motivation. 

Zu viel Zündstoff beim Zweitplatzierten?

Wie etwa die Tagesschau berichtet, habe "Aura" mit einem "hauchdünnen Vorsprung" gewonnen. Für den Langenscheidt-Verlag könnte dieses Ergebnis letztlich würdevoller altern als ein "Talahon"-Sieg – hier scheint deutlich denkbarer als bei "Aura", dass die negative Konnotation im Laufe der Zeit noch eine stärkere Prägung ausübt.

Mutmaßlich würde der Verlag irgendwann mit weniger Nostalgie auf die Jugendwörter der letzten Jahre zurückblicken, wenn sich eines davon erfolgreich als abschätziger Sammelbegriff für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe etabliert hätte.

Ungeachtet dessen konnte sich der KI-generierte Song "Verknallt in einen Talahon" diesen Sommer in den deutschen Single-Charts platzieren. Ein kurzer Blick in die Google Trends legt zudem nahe, dass "Talahon" (unten) in den letzten drei Monaten zeitweise nennenswert mehr Suchmaschinen-Engagement verzeichnete als "Aura":

In der Vergangenheit hat sich der Langenscheidt-Verlag bereits gegen Wörter im Wettbewerb eingesetzt, die zum Streitthema hätten werden können. So wurde "Alpha-Kevin" im Jahre 2015 abgelehnt, da es zur Diskriminierung real existierender Personen beitragen könne.

Eine Online-Initiative zur Nominierung von "Hurensohn" verblieb vor vier Jahren erfolglos, da Langenscheidt "Begriffe dieser Kategorie" nicht unterstützen wolle und sie als ungeeignet für das Jugendwort des Jahres erachtet.

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