Treffen mit Scholz, Steinmeier, Macron und Starmer
Das war Joe Bidens symbolischer Besuch in Berlin

| Redaktion 
| 20.10.2024

Kurz vor Ende seiner Legislaturperiode hat der US-Präsident der Bundesrepublik seinen ersten und letzten offiziellen Amtsbesuch abgestattet, der vor allem symbolischer Natur war. Am späten Donnerstag landete die Air Force One am Flughafen BER, ehe Biden einen ereignisreichen Freitag in der Hauptstadt verbrachte – ein Verdienstorden, viele Freundschaftsbekundungen und ein Vierertreffen mit den Regierungschefs der größten NATO-Geldgeber inklusive.

Ursprünglich war Joe Bidens Visite eine Woche früher und etwas ausführlicher anberaumt worden, aufgrund des Ausnahmezustandes um Hurricane Milton blieb er jedoch in den Vereinigten Staaten. In Berlin bewegte sich der 46. US-Präsident vornehmlich mit der "The Beast“ getauften Cadillac Presidential Limousine fort, die ihn nach Ankunft - und inmitten einer umfassenden Autokolonne - zunächst zum Ritz Carlton am Potsdamer Platz brachte.

Sowohl unterwegs und erst recht vor Ort herrschten schärfste Sicherheitsvorkehrungen, an denen neben zahlreichen Polizeikräften auch Secret-Service-Agenten, Scharfschützen, Helikopter oder Boote beteiligt waren. Schon im Vorfeld hatte die Stadt ihre Bürger darauf eingestellt, dass weiträumige Absperrungen zu nennenswerten Beeinträchtigungen des Straßen- und Bahnverkehrs führen würden.

Schwerbewachte Unterkunft am Potsdamer Platz

Eine knapp dreistellige Zahl Schaulustiger am Ritz Carlton ging am späten Donnerstag weitgehend leer aus, da sich der US-Präsident offenbar durch den Hintereingang in das Fünf-Sterne-Hotel begab. Dort erholte sich der 81-jährige von den Strapazen der Reise und bestieg am nächsten Morgen abermals "The Beast“, das ihn vorbei am Brandenburger Tor zum Schloss Bellevue transportierte. Mit etwa halbstündiger Verspätung begrüßte ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch auf den Treppenstufen des Schlosses.

"The Beast", die gepanzerte Limousine des US-Präsidenten (Bild: Brauer Photos / O. Walterscheid)
"The Beast", die gepanzerte Limousine des US-Präsidenten (Bild: Brauer Photos / O. Walterscheid)

Nach einem Eintrag ins Gästebuch wurde Biden im Schlossgarten ein offizieller Empfang mit militärischen Ehren durch eine Formation der Bundeswehr und das Stabsmusikkorps bereitet, ehe der eigentliche Anlass des Bellevue-Besuchs auf dem Programm stand: Steinmeier verlieh Biden die Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland; die höchste hierzulande vergebene Auszeichnung.

Biden wird Verdienstorden verliehen

Damit ist Biden nach George H.W. Bush erst der zweite entsprechend gewürdigte US-Präsident; verdient hat er sie sich dem Bundespräsidenten nach für seine "Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft". Deren Bedeutung betonte Steinmeier in seiner dazugehörigen Rede und identifizierte sie als "existenziell sowohl für unsere Sicherheit als auch für unsere Demokratie". Für letztere wiederum stelle Biden "ein Leuchtfeuer" dar.

Joe Biden und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Bellevue-Schlossgarten (Bild: Bundesregierung)
Joe Biden und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Bellevue-Schlossgarten (Bild: Bundesregierung)

Ohne direkte Namensnennung von Donald Trump verwies Steinmeier mehrfach auf zeitweise schwindende Hoffnung in die transatlantische Allianz, die Biden mit seinem Amtsantritt jedoch "buchstäblich über Nacht wiederhergestellt" habe. Unter Anwesenheit diverser Ministerpräsidenten zeigte sich Biden dankbar und "überwältigt" von den großen Worten des Bundespräsidenten. Wie Steinmeier vor ihm sprach sich auch Biden noch einmal für die Unterstützung der Ukraine aus.

Mein Freund Joe

Die zweite Etappe galt Bidens Besuch im Kanzleramt, zu dem der US-Präsident gegen 12:30 Uhr mit mittlerweile einer Stunde Verspätung eintraf und von Olaf Scholz willkommen geheißen wurde. Ohne große Umschweife traten die beiden vor versammelte Pressevertreter und Zuschauer, wo der Kanzler seinen Gast als "Freund Europas, als Freund Deutschlands und vor allem als mein Freund" vorstellte.

Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt seinen Gast am Kanzleramt (Bild: Brauer Photos / O. Walterscheid)
Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßt seinen Gast am Kanzleramt (Bild: Brauer Photos / O. Walterscheid)

Neben einem Bekenntnis zum transatlantischen Bündnis und zur NATO befassten sich die beiden Amtsträger vor allem mit den Krisen in der Ukraine und im Nahen Osten. Der Kanzler verdeutlichte angesichts entsprechender Anregungen von Präsident Selenskyj, dass die NATO nicht zur Kriegspartei werden dürfe.

"Deiner Führung ist es zu verdanken, dass Putins Plan gescheitert ist und dass die Ukraine nicht innerhalb weniger Tage überrannt wurde, sondern dank der Tapferkeit ihrer Streitkräfte und der Unterstützung vieler Staaten, allen voran der USA und Deutschlands, dem imperialistischen Russland seit mehr als zweieinhalb Jahren die Stirn bietet", sagte Scholz in Richtung Biden.

Kriege und Konflikte im Vordergrund

Der US-Präsident wiederum erklärte: "Die Vereinigten Staaten und Deutschland sind die beiden größten Unterstützer der Ukraine in ihrem Kampf für eine freie und unabhängige Nation. Da der Ukraine nun der nächste harte Winter bevorsteht, müssen wir unsere Entschlossenheit, unser Engagement und unsere Unterstützung aufrechterhalten".

Biden und Scholz bei ihrem gemeinsamen Auftritt (Bild: Screenshot / Bundesregierung)
Biden und Scholz bei ihrem gemeinsamen Auftritt (Bild: Screenshot / Bundesregierung)

Mit Blick auf den Nahen Osten nahmen beide Politiker Bezug auf die kurz zuvor erfolgte Tötung des Hamas-Führers Yahya Sinwar, die laut Scholz "jetzt hoffentlich die konkrete Aussicht auf einen Waffenstillstand in Gaza, auf ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln der Hamas" ermöglicht. Er versicherte, an Israels Seite zu stehen und betonte das Selbstverteidigungsrecht der Nation, sagte aber auch, dass "ein glaubwürdiger politischer Prozess hin zu einer Zweistaatenlösung" gemeinsames Ziel der USA und Deutschland sei.

Der Kanzler lässt auftischen

Nach zwei Terminen durfte sich der US-Präsident über Stärkung auf gehobenem kulinarischen Niveau freuen: Wie etwa die Bild in Erfahrung bringen konnte, hat Koch Markus Herbicht vom Schmelzwerk zunächst Carpaccio und Tatar von Uckermärker Strauchtomaten als Vorspeise präsentiert, ehe Tranche vom wilden Nordseesteinbutt den Hauptgang bot. Weiße Schokolade und Demeterjoghurt dienten als Dessert, während "Piesporter Goldtröpfchen" (2022er Riesling von der Mosel) und eine alkoholfreie Alternative aus dem Rheingau flüssigen Genuss versprachen.

Anschließend trafen sich Olaf Scholz und Joe Biden mit Emmanuel Macron (Präsident der Französischen Republik) und Keir Starmer (Premierminister des Vereinigten Königreichs), die in der Zwischenzeit im Kanzleramt eingetroffen waren. Prägende Themen waren auch hier der Krieg in der Ukraine samt des von Präsident Selenskyj vorgelegten "Siegesplans" und Israels Konfliktlage mit Hamas, Hisbollah und Iran.

Emmanuel Macron, Joe Biden, Keir Starmer und Olaf Scholz (Bild: Bundesregierung / Dominik Butzmann)
Emmanuel Macron, Joe Biden, Keir Starmer und Olaf Scholz (Bild: Bundesregierung / Dominik Butzmann) 

Während der Ukraine abermals "zusätzliche Sicherheitsunterstützung, wirtschaftliche Unterstützung und humanitäre Hilfe" zugesagt wurde, unterstrich das Vierertreffen mit Blick auf den Nahen Osten unter anderem "die unmittelbare Notwendigkeit, die Geiseln zurück nach Hause zu ihren Familien zu bringen" und das Leid der Zivilbevölkerung in Gaza zu minimieren. Gemeinsam traten die vier Regierungschefs abschließend für offizielle Fotos vor die Kameras.

Ungewiss, wann "The Beast" wieder durch Berlin fährt

Am späten Nachmittag startete Bidens letzte Berlin-Fahrt in "The Beast", das ihn wohlbehalten zurück zum Flughafen BER und zur dort wartenden Air Force One chauffierte. Vor Ort nahm sich der US-Präsident außerplanmäßig viel Zeit für Gespräche mit Botschaftsmitarbeitern, ehe er kurz vor 18 Uhr in seiner Maschine verschwand und den direkten Flug nach Washington antrat.

Zurück in den Vereinigten Staaten wird sich Joe Biden als Randfigur des Wahlkampfes zwischen seinem Vorgänger Donald Trump und seiner aktuellen Vizepräsidentin Kamala Harris wiederfinden. Am Dienstag, 05. November stimmen die Bürger der USA über den 47, Amtsinhaber ab.

Im Sommer hatte Biden eine eigene Kampagne zur Wiederwahl auf Druck der Demokratischen Partei beendet, da die künftige Amtstauglichkeit des 81-jährigen immer offener infrage gestellt wurde. Sollte Donald Trump erneut ins Weiße Haus einziehen, könnte nicht nur aufgrund von Frank-Walter Steinmeiers wenig einladenden Worten einige Zeit bis zum nächsten Gastspiel eines US-Präsidenten vergehen: Schon in seiner ersten Amtszeit hat Joe Bidens Ex-Konkurrent auf einen Besuch in der Bundesrepublik verzichtet.

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