100-Millionen-Zitterpartie um Flugtaxi
Wohin geht es am Donnerstag für Lilium?

| Redaktion 
| 16.10.2024

Die ursprünglich für den Mittwoch anberaumte Entscheidung im Berliner Haushaltsausschuss, die über eine dreistellige Millionen-Staatshilfe für den Flugtaxi-Vorreiter bestimmt, wurde auf den Donnerstag vertagt. Ob das Unternehmen überhaupt Subventionen erhalten sollte, ist durchaus umstritten – während die einen vielversprechende Technologie in Deutschland halten wollen, wittern andere die Verschwendung von Steuergeldern.

Im September haben wir von einem Hoffnungsschimmer für Lilium berichtet. Das bei München ansässige Startup möchte einen elektrisch betriebenen Flugtaxibetrieb etablieren, was monatliche Kosten in zweistelliger Millionenhöhe mit sich bringt. Für den nächsten Jahresbeginn haben die Verantwortlichen den ersten bemannten Flug geplant.

Angesichts der damit verbundenen finanziellen Herausforderungen hatte die bayerische Landesregierung in Aussicht gestellt, für einen Kredit in Höhe von 50 Millionen Euro zu bürgen – vorausgesetzt, dass sich der Bund in gleichem Umfang ebenfalls beteiligt. Dieses Paket wiederum würde Lilium zufolge zahlungskräftige Privatinvestoren überzeugen.

Das wurde am Mittwoch (noch nicht) entschieden

"Ganz konkret: Wenn wir am Mittwoch ein Nein bekommen, werden wir das Unternehmen in der jetzigen Form nicht in Deutschland halten können“, schilderte Lilium-Mitgründer Daniel Wiegand der Bild im Vorfeld der Entscheidung des Haushaltsausschusses. "Es geht um die Technologieführerschaft Deutschlands im elektrischen Fliegen. Das käme allen zugute“, so Wiegand, der sich zudem "ein Signal, dass die Politik hinter dieser Technologie steht“, gewünscht hat.

Letztlich entschieden wurde am Mittwoch jedoch noch nichts – stattdessen wurde der Punkt recht kurzfristig auf die Tagesordnung für den Donnerstag verfrachtet. Dies bestätigte unter anderem die Augsburger Allgemeine am Mittwochabend.

Lilium polarisiert: Zukunftsträchtige Idee…

"Gewährt der Bund nicht die in Frage stehende Bürgschaft in Höhe von 50 Millionen Euro, hätte das voraussichtlich nicht nur den buchstäblichen Absturz des Unternehmens selbst zur Folge“, mahnte Christoph Stresing, Geschäftsführer des Startup-Verbands noch am Dienstag. "Vielmehr wäre ein nachhaltiger Reputationsschaden des DeepTech-Standortes Deutschland zu befürchten, dessen langfristigen Kosten nur schwer zu beziffern sind.“

Einen ersten bemannten Testflug würde das Unternehmen gern im nächsten Jahr durchführen (Bild: Lilium)

Eine lange Liste von Gründern, aber auch Politiker haben sich dieser Perspektive grundsätzlich angeschlossen. So äußerte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der SZ gegenüber Unverständnis dafür, dass für "eine zukunftsträchtige Idee, elektrische Luftfahrt, wo die ganze Welt auf Patente nach Deutschland schaut“ nicht einmal ein so "minimaler Betrag“ investiert werden soll, während nordische Werften oder die alte Industrie stets auf schnelle Hilfe bauen können. Dass eine weitere Technologie das Land verlässt, "kann nicht unser Ziel sein.“

… oder potenzielles Millionengrab?

Gleichzeitig stieß die Idee einer Lilium-Staatshilfe keinesfalls auf ungeteilte Gegenliebe. Viel Aufmerksamkeit und Zuspruch erregte in diesem Zusammenhang auch ein LinkedIn-Posting von TalonOne-CEO und Lieferando-Gründer Christoph Gerber, laut dem Lilium "auf keinen Fall staatliche Mittel erhalten“ solle.

Er begründete: "Wenn 100 Millionen Euro oder sogar 150 Millionen Euro realistischerweise zum Durchbruch führen könnten, wären private Investoren sofort zur Stelle. Die Tatsache, dass der private Markt sich weigert, Lilium zu unterstützen, ist eine klare Botschaft: Lilium hat keine Chance, mit diesem Geld den nächsten Meilenstein zu erreichen.“

Darüber hinaus sei eine "100-prozentige Misserfolgsquote bei der Erfüllung der IPO-Versprechen […] mehr als inkompetent“. Statt Subventionen würde Gerber eine Klage gegen Lilium wegen "Lügen in ihrem Börsenprospekt“ für angemessener halten.

Mit Widmung an die Gründerszene

Auch auf die Befürworter einer Lilium-Unterstützung nahm Christoph Gerber direkten Bezug: "Und was all die Leute in der so genannten 'Deutschen Gründerszene' angeht, die offene Briefe zur Unterstützung unterschreiben - warum lassen Sie nicht Ihr Portemonnaie sprechen? Wenn Sie an Lilium glauben, investieren Sie Ihr eigenes Geld und übernehmen Sie das Risiko. Sie werden den Misserfolg zu verantworten haben - und vielleicht auch den Erfolg, falls er jemals eintritt.“

Gerber weiter: "Aber es ist lächerlich. Dieselben Leute wie Verena Pausder, Frank Thelen, Earlybird Venture Capital, UVC Partners, 468 Capital und so weiter, die ständig über zu viel staatliches Engagement in der Wirtschaft jammern, betteln jetzt um Almosen. Die Heuchelei sprengt die Skala wirklich."

Ein Luftfahrtunternehmen ist nicht Lieferando.

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