Tool findet Fehler und sucht Lösungen
Wenn die KI übernimmt: Werden Bedienungsanleitungen bald überflüssig?

Die mühselige Lektüre von Bedienungsanleitungen könnte bald der Vergangenheit angehören. Ein KI-Tool einer Softwarefirma kann den Job übernehmen.

Caspar Herzberg, Geschäftsführer der britischen Industriesoftwarefirma Aveva, gibt im Gespräch mit der BBC zu, dass er ein Faible für Bedienungsanleitungen hat: „Ich mag alltägliche Dinge!“ Doch er versteht auch, dass viele Menschen diese Anleitungen oft ungelesen in einer Schublade verschwinden lassen. Während dies bei Konsumgütern keine großen Probleme verursacht, sieht es in der Industrie ganz anders aus: Ingenieure müssen die Funktionsweise der Maschinen oder Computersysteme, die sie betreuen, in- und auswendig kennen – insbesondere, wenn ein Fehler schnell behoben werden muss.

Um solche Fachkräfte zu unterstützen, hat Aveva ein KI-System entwickelt, das Bedienungsanleitungen eigenständig lesen und verstehen kann. In seiner ersten Version hat diese KI die technischen Handbücher für die von Aveva betreuten Stromnetze und Windturbinen verinnerlicht. Darüber hinaus überwacht sie die Maschinen kontinuierlich mithilfe von Tausenden von Sensoren. Die Idee dahinter: Die KI soll das Fachwissen erfahrener Ingenieure nachahmen, die über Jahrzehnte hinweg praktische Erfahrungen gesammelt haben.

So arbeitet das neue Tool

Wie kann die KI einem Mitarbeiter im Energiesektor helfen, der die Ursache eines Fehlers sucht? Simon Bennett, Leiter der KI-Innovation bei Aveva, erklärt, dass die KI den Ort eines Stromausfalls lokalisieren und anschließend in einem umfangreichen PDF-Handbuch nach der Lösung suchen kann. Über einen Bildschirm generiert die KI dann verschiedene Hypothesen zur Ursache des Problems und kann zudem ein 3D-Modell der betroffenen Maschine, beispielsweise einer Turbine, anzeigen – eine Funktion, die von Ingenieuren besonders geschätzt wird.

Wertvolles Wissen der Belegschaft im Ruhestand

Aveva bezeichnet das System als „industriellen KI-Assistenten“ und betont, dass es dazu beitragen soll, ein immer drängenderes Problem vieler Unternehmen zu lösen: Die alternde Belegschaft geht in den Ruhestand und nimmt ihr wertvolles Wissen mit. Wenn jemand neu in seinem Job ist, so Herzberg, könne „die KI ihn anleiten und das Handbuch für ihn durchsehen“. Bennett fügt hinzu: „Dank intelligenter Fragen an das KI-System müssen wir keine pensionierten Ingenieure mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln.“

Während Aveva eine KI entwickelt hat, die durch Handbücher stöbern kann, arbeiten andere Technologieunternehmen an Systemen, die solche Anleitungen erst erstellen. Die kalifornische Firma Dozuki hat ein KI-gestütztes System entwickelt, das automatisch Bedienungsanleitungen erstellt, basierend auf Videos, in denen ein Ingenieur einen Prozess erklärt und vorführt. Das Video wird hochgeladen, und die KI erstellt daraus eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, die den Text zu jedem Schritt auswählt und in andere Sprachen übersetzen kann.

Die Zukunft der Bedienungsanleitungen könnte also in automatisierten KI-Systemen liegen, die das Wissen erfahrener Ingenieure speichern und zugänglich machen. Für die Ingenieure von morgen könnte das bedeuten, dass sie weniger Zeit mit dem Blättern in Handbüchern und mehr Zeit mit der Lösung von Problemen verbringen können. Ob dies das Ende der klassischen Bedienungsanleitung bedeutet, bleibt abzuwarten – sicher ist jedoch, dass die Technik ihren festen Platz im industriellen Alltag finden wird.

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