LEADERSNET: Was hat Sie inspiriert, sich auf die Entwicklung von Wasseraufbereitungssystemen für unterversorgte Regionen zu konzentrieren? Wie kamen Sie auf die Idee, sich mit der Entwicklung von Lösungen für die globale Wasserknappheit zu beschäftigen? Was war Ihre Motivation, dieses Problem anzugehen?
Beheshti: Anfang 2008 habe ich meinen Master in Solarenergie gemacht. Damals war Solartechnologie in ländlichen Gebieten weltweit noch eine Neuheit. Mir kam die Idee von Solarpumpensystemen und mir wurde klar, dass der Zugang zu Wasser einen größeren Einfluss auf das Leben der Menschen hat als viele andere Faktoren. Motiviert von dieser Erkenntnis konzentrierte ich mich auf die Entwicklung von Solar-Wasserpumpensystemen.
Ich stellte fest, dass viele Landwirte Schwierigkeiten hatten, Wasser effizient zu pumpen, also entwickelten mein Partner und ich eine innovative solarbetriebene Lösung. Unser erstes System wurde 2017 betriebsbereit. Obwohl es bereits seit Jahrzehnten ähnliche Systeme auf dem Markt gab, wollten wir etwas Einzigartiges schaffen. Unser erstes Modell konnte etwa 110 Liter Wasser pro Stunde verarbeiten. Heute können unsere fortschrittlichen Maschinen bis zu 800 Kubikmeter pro Stunde produzieren! Diese Entwicklung veranschaulicht unseren Weg von einem vielversprechenden Konzept zu einer bahnbrechenden Realität im landwirtschaftlichen Wassermanagement.
LEADERSNET: In welchen Ländern oder Regionen kommen Ihre Systeme bereits zum Einsatz und welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht? Inwiefern unterscheidet sich Ihr Ansatz von anderen Lösungen zur Wasseraufbereitung in Entwicklungsländern?
Beheshti: Unser Unternehmen ist in 24 Ländern weltweit tätig und deckt verschiedene Märkte von Costa Rica, Kolumbien und Mexiko bis hin zur Ukraine ab. Unser derzeit größtes Projekt befindet sich in der Ukraine, wo wir Europas größtes solarbetriebenes Wasserentsalzungssystem installiert haben. Unser Wirkungsbereich erstreckt sich bis nach Irak, Katar, Jemen, Kenia, Tansania und Sansibar und deckt sowohl entwickelte Märkte wie Australien als auch anspruchsvolle Umgebungen wie Jemen und Somalia ab.
Wir haben unsere Maschinen nach drei Schlüsselprinzipien entwickelt: Einfachheit, direkter Solarantrieb – keine Batterien, Diesel oder Netzanschluss, und Erschwinglichkeit. Im Gegensatz zu einigen Wettbewerbern, die behaupten, Solarsysteme zu verwenden, aber auf teure Batterien angewiesen sind, die an herkömmliche Entsalzungssysteme angeschlossen sind, nutzen wir direkte Solarenergie. Dieser Ansatz reduziert die Kosten erheblich, sowohl bei den Kapitalinvestitionen als auch bei den Betriebskosten.
Wir haben unsere Systeme angepasst, um verschiedene Branchen, Szenarien und Sektoren zu bedienen. Unsere Produktlinie umfasst: Landwirtschaftssysteme für landwirtschaftliche Zwecke, spezielle Wasserversorgungen für humanitäre Dienste, Lösungen für den Tourismus- und Gastgewerbesektor. Diese Vielseitigkeit ermöglicht es uns, maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Zwecke bereitzustellen und so die einzigartigen Bedürfnisse unseres vielfältigen Kundenstamms zu erfüllen.
LEADERSNET: Ab 30.000 Euro gibt es Ihre Anlagen; etwa die Hälfte der marktüblichen Preise. Wie kommt das? Wie gelingt es Ihnen, die Systeme kosteneffizient zu gestalten und gleichzeitig eine hohe Wasserqualität zu gewährleisten?
Beheshti: Unsere solarbetriebenen Wasserentsalzungssysteme bieten ein außergewöhnliches Preis-Leistungs-Verhältnis und sind deutlich günstiger als die vieler unserer Mitbewerber. Auch wenn wir nicht immer die günstigste Option auf dem Markt sind, spiegeln unsere Preise die fortschrittliche Technologie und Qualität unserer Produkte wider. Im Vergleich zu vollständig manuellen Systemen sind unsere Preise beispielsweise möglicherweise höher. Dieser Unterschied ist jedoch durch unsere innovative, automatisierte Technologie gerechtfertigt, die diese manuellen Alternativen in puncto Effizienz und Benutzerfreundlichkeit übertrifft.
Unser Ansatz zur Erschwinglichkeit konzentriert sich auf Vereinfachung. Indem wir die Notwendigkeit von Netzanschlüssen, Batterien oder anderen komplexen Komponenten eliminiert haben, haben wir unsere Systeme rationalisiert, ohne die Leistung zu beeinträchtigen. Diese Vereinfachung ist ein Schlüsselfaktor für unsere wettbewerbsfähigen Preise. Trotz unseres Fokus auf Kosteneffizienz gehen wir bei der Qualität keine Kompromisse ein. Unsere Maschinen enthalten hochwertige Komponenten von angesehenen Herstellern wie Siemens und gewährleisten so Zuverlässigkeit und Haltbarkeit. Diese Kombination aus Innovation, Einfachheit und Qualität ist es, die uns auf dem Markt auszeichnet.
LEADERSNET: Welche Vorteile bieten die Boreal-Light-Systeme im Vergleich zu anderen Lösungen zur Trinkwasseraufbereitung? Wo liegen die Alleinstellungsmerkmale Ihres Ansatzes?
Beheshti: Unsere Maschinen werden in Berlin hergestellt, aber die Reichweite unseres Unternehmens reicht weit über Deutschland hinaus. Insbesondere sind 90 Prozent unserer Mitarbeiter in Subsahara-Afrika ansässig und arbeiten in wichtigen Funktionen wie Marketing, Ausbildung und Wartung. Diese globale Verteilung ermöglicht es uns, eine starke lokale Präsenz in unseren Schlüsselmärkten aufrechtzuerhalten. Unser Wettbewerbsvorteil liegt in wettbewerbsfähigen Preisen, vereinfachtem Design, direkter Solarantriebstechnologie und hochwertigen Komponenten.
Unser Angebot geht jedoch über die reine Trinkwasserversorgung hinaus. Wir haben vielseitige Systeme entwickelt, die sowohl Trinkwasser als auch Wasser in Bewässerungsqualität in einer einzigen Einheit produzieren können. Um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden, bieten wir eine Reihe von Zusatzfunktionen an. Diese optionalen Funktionen ermöglichen es den Kunden, ihre Systeme für bestimmte Anwendungen wie Fischzucht, spezielle landwirtschaftliche Anwendungen und verschiedene andere Modifikationen anzupassen.
Ein herausragendes Merkmal unserer Technologie ist die Fernsteuerungsfunktion. Unsere weltweit eingesetzten Systeme können von unserem Hauptsitz in Berlin aus überwacht und angepasst werden. Dies bedeutet, dass ein Bediener in Deutschland eine in der somalischen Wüste eingesetzte Maschine feinabstimmen, Parameter ändern und das System bei Bedarf sogar neu programmieren kann. Diese Remote-Funktionalität verringert den Bedarf an Eingriffen vor Ort erheblich, steigert die Effizienz und senkt die Betriebskosten.
LEADERSNET: Wie finanzieren sich Ihre Projekte? Arbeiten Sie mit Regierungen, Hilfsorganisationen oder privaten Investoren zusammen?
Beheshti: Unser Geschäftsmodell konzentriert sich in erster Linie auf den Direktverkauf unserer Maschinen und nicht auf Projektfinanzierung. Obwohl wir gelegentlich zu bestimmten Projekten beitragen, besteht unser Hauptgeschäft darin, unsere Technologie an Kunden zu verkaufen, die ihre Einkäufe selbst finanzieren. Unser Kundenstamm ist vielfältig und umfasst Regierungsstellen, Missionsorganisationen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und lokale Behörden.
Die Kosten unserer Maschinen variieren stark je nach Projektgröße und -anforderungen. Kleinere Installationen können bei etwa 30.000 Euro beginnen, während größere, komplexere Systeme mehrere Millionen Euro kosten können. Dieser vertriebsorientierte Ansatz ermöglicht es uns, ein unkompliziertes Geschäftsmodell aufrechtzuerhalten, bei dem der Großteil unseres Umsatzes durch den direkten Verkauf von Geräten erzielt wird. Da wir uns normalerweise nicht an Projektfinanzierungen beteiligen, können wir uns auf unsere Kernkompetenzen konzentrieren: die Entwicklung, Herstellung und Unterstützung hochwertiger Wasseraufbereitungssysteme.
LEADERSNET: Wasserknappheit ist ein langfristiger Wachstumstrend. Wie kann Ihr Unternehmen davon profitieren?
Beheshti: Für ausgewählte kommerzielle Projekte bieten wir ein Partnerschaftsmodell an, das von unserem Standardverkaufsansatz abweicht. Dieses Modell ist speziell für Projekte konzipiert, bei denen Flaschenwasser direkt an Endverbraucher verkauft wird. Im Rahmen dieser Vereinbarung übernehmen wir 50 Prozent der anfänglichen Projektkosten und erhalten im Gegenzug 50 Prozent der zukünftigen Einnahmequellen. Dieser strategische Ansatz ermöglicht es uns, uns stärker an vielversprechenden kommerziellen Projekten zu beteiligen und gleichzeitig sowohl die Risiken als auch die potenziellen Gewinne mit unseren Partnern zu teilen. Er zeigt unser Vertrauen in die Fähigkeit unserer Technologie, auf dem Flaschenwassermarkt langfristigen Wert zu schaffen.
LEADERSNET: Wie sieht Ihr Vertriebsmodell aus? Über welche Kanäle und Partnerschaften erreichen Sie Ihre Zielkunden? Welche Rolle spielen Partnerschaften mit lokalen Gemeinschaften, NGOs oder Regierungen bei der Implementierung Ihrer Systeme?
Beheshti: Wir gehen einfach an die Orte, wo wir Bedarf sehen oder sehen werden. Manchmal kontaktieren uns Gemeinden und fragen nach unseren Maschinen, nach Dienstleistungen und nach unserem Angebot. Wir untersuchen Bereiche, in denen die Marktkapazität Chancen bietet und fragen die Menschen dort, ob sie in die Kraft des Wassers investieren möchten. Wir wenden uns an Gemeinden, große Städte und Regierungen, wenn sie ein Projekt starten möchten.
Im Allgemeinen nutzen wir B2B und B2C. Im B2B-Bereich haben wir unsere eigenen Vertreter und ein Marketingteam in Berlin und Narobi. Im B2C-Bereich verkaufen wir Wasser an Kunden. Dies sind die erwähnten speziellen kommerziellen Projekte. Dort verkaufen wir Wasser in großen Mengen und wir verkaufen Wasser in Flaschen. Unser Büro in Narobi macht bei diesen Projekten großartige Fortschritte.
LEADERSNET: Welchen Verkaufstrend erkennen Sie derzeit?
Beheshti: Wir sehen, dass B2C im Großhandel immer wichtiger wird. Es ist ein ständig wachsender Sektor.
LEADERSNET: Wie sieht Ihre Vision für Boreal Light in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus? Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Beheshti: Seit unserer Gründung im Jahr 2014 haben wir ein bemerkenswertes Wachstum erzielt und sind innerhalb unseres ersten Jahrzehnts zum weltweit größten Anbieter von solarer Wasserentsalzung geworden. Mit Blick auf die nächsten zehn Jahre sind unsere Ziele ehrgeizig, aber fokussiert: Wir wollen unsere Marktführerschaft behaupten und unsere Reichweite ausbauen.
Bis 2030 wollen wir über 100 Millionen Menschen mit unseren Wassersystemen versorgen. Dieses Ziel unterstreicht unser Engagement für die globale Wassersicherheit. Wir sind uns zwar der Schwierigkeit dieser Ziele in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Umfeld bewusst, sind aber zuversichtlich, dass wir diese Herausforderungen meistern können. Unsere Strategie kombiniert technologische Innovation, Marktexpansion und ein tiefes Verständnis des globalen Wasserbedarfs.
LEADERSNET: Sie hatten viele Jahre Durststrecke, mit wenig Kapital, Nachtschichten und mussten sich finanziell zurückschrauben. Viele Jahre voller Entbehrungen. Dann der Durchbruch. Was machen Sie dafür verantwortlich?
Beheshti: Unser Weg zum Erfolg war von erheblichen Risiken und persönlichen Opfern geprägt. Obwohl sich unser Ansatz für uns letztlich als erfolgreich erwies, muss ich andere davor warnen, ihn blind zu kopieren. Das Risiko, das wir eingegangen sind, war extrem und ich würde aufstrebenden Unternehmern diesen Weg nicht ohne weiteres empfehlen.
Was uns auszeichnete, war unser Engagement, unseren Markt aus erster Hand zu verstehen. Anstatt Strategien aus der Bequemlichkeit Berlins zu entwickeln, tauchten wir in die Umgebungen ein, in denen unsere Produkte eingesetzt werden würden. Als wir begannen, unsere Maschinen zu testen, zog ich mit meiner Frau und meinen kleinen Kindern im Alter von drei und einem Jahr in afrikanische Dörfer. Wir erlebten die Herausforderungen unserer Zielnutzer direkt und schliefen in einfachen Zelten auf dem Boden. Dieser Ansatz steht in scharfem Kontrast zu vielen europäischen Startups, die versuchen, Probleme aus der Ferne zu lösen.
Wir glauben, dass unser Erfolg nicht nur darauf beruhte, die Probleme zu erkennen, sondern auch darauf, ein tiefes Verständnis dafür zu erlangen, wie diese Probleme angegangen werden sollten.
Kommentar schreiben