Strategische Justierung
Krisenstimmung im Medienkonzern: Wie Burda um die Zukunft ringt

Nach der Entlassung des CEO Martin Weiss im Jänner wird im Unternehmen weiter an der passenden Führungsriege gearbeitet. Nun äußern sich der Verwaltungsratschef Paul-Bernhard Kallen und Verlagschef Philipp Welte darüber, mit welchen Strategien sie ihr Haus wieder in bessere Zeiten führen wollen.


Der Burda-Verlag, einst als digitales Powerhouse bekannt, steckt in einer tiefen Krise. Verwaltungsratschef Paul-Bernhard Kallen und Verlagschef Philipp Welte erklären in einem Interview mit dem manager magazin, wie es zu dieser Situation kam und welche Schritte unternommen werden, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Der Streit über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens hat zur Entlassung von CEO Martin Weiss geführt, und es bleibt unklar, wer das Ruder in Zukunft übernehmen wird.

Die Krise im Digitalgeschäft

Burda war stets für seine großen Auftritte bekannt: Prominente bekannten sich in der „Bunte“, der „Bambi“ brachte Hollywoodstars nach Deutschland, und der Verlag investierte früh in digitale Geschäftsmodelle. Doch aktuell zeigt sich, dass das Digitalgeschäft nicht die erwarteten Ergebnisse liefert. Die Konkurrenz setzt dem Karrierenetzwerk Xing schwer zu, die Umsätze bei Cyberport brechen ein, und die Druckereien kämpfen mit steigenden Kosten. CEO Martin Weiss musste im Januar gehen, nachdem Meinungsverschiedenheiten über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens unüberbrückbar wurden.

Paul-Bernhard Kallen betont, dass Burda sich immer als Medienunternehmen verstanden habe, das in verschiedene Geschäftsmodelle investiere. "Wir sind mehr als ein Verlag und investieren seit Jahrzehnten recht erfolgreich in Geschäftsmodelle, die völlig anders funktionieren als das klassische Verlagsbusiness," so Kallen. Philipp Welte ergänzt, dass das Verlagsgeschäft weiterhin eine zentrale Rolle spiele und trotz der Herausforderungen in den letzten zehn Jahren profitabel geblieben sei.

Ursachenforschung

Die Corona-Pandemie und der Ukrainekrieg haben die Schwächen im Portfolio offengelegt. Bei Cyberport stiegen die Umsätze während des Homeoffice-Booms, fielen jedoch 2022 und 2023 stark ab. Xing litt unter dem rückläufigen Bedarf der Unternehmenskunden an neuen Mitarbeitern. Trotz dieser Herausforderungen zeigt sich Kallen optimistisch: "2023 lag die Gesamtgruppe außerordentlich stabil mit 2,748 Milliarden Euro Umsatz auf dem Niveau von 2020. Und wir hatten in jedem Jahr einen starken Cashflow und einen befriedigenden Gewinn."

Allerdings sieht sich Burda mit einem Umsatzminus von knapp sechs Prozent konfrontiert. Das Unternehmen schrumpft, und die Frage nach der zukünftigen Ausrichtung bleibt unbeantwortet. Die Entlassung von Martin Weiss wird auf Kommunikationsprobleme und unterschiedliche Vorstellungen über die strategische Ausrichtung zurückgeführt. Kallen betont, dass der Vorstand und der Verwaltungsrat weiterhin eng zusammenarbeiten und sich auf die geschäftlichen Herausforderungen konzentrieren.

Die Zukunft des Verlagsgeschäfts

Das Verlagsgeschäft steht weiterhin im Fokus. Welte hebt hervor, dass einige Titel digital besonders erfolgreich sind, während andere Bereiche, wie Kinderzeitschriften, nicht digitalisiert werden sollen. Neue Erlösmodelle, wie Lizenzgeschäfte, stabilisieren die Umsätze. Allerdings hat das Unternehmen durch den Verlust von Nettowerbeerlösen stark gelitten. Der Werbemarkt wird von großen US-Technologiekonzernen dominiert, was die Herausforderungen im Verlagsgeschäft zusätzlich verschärft.

Digitalgeschäfte als Baustellen

Die Investitionen in Digitalgeschäfte wie HolidayCheck, Cyberport und Xing entpuppen sich zunehmend als Baustellen. Kallen erklärt, dass Corona und der Ukrainekrieg die Schwächen in diesen Bereichen offengelegt haben. Cyberport verzeichnete 2022 und 2023 erhebliche Umsatzverluste. Xing, das lange vom Wachstum verwöhnt war, kämpft nun mit sinkenden Umsätzen. Trotzdem bleibt Kallen zuversichtlich und sieht keine übergreifende Wachstumsschwäche im digitalen Bereich.

Ein zentrales Zukunftsthema für Burda ist KI. Kallen betont, dass noch unklar sei, welches neue Geschäft mit KI aufgebaut werden könne. Die strategische Ausrichtung des Unternehmens wird weiterhin geprüft, und es bleibt abzuwarten, welche Entscheidungen in diesem Bereich getroffen werden.

Der Weg zur neuen Führung

Die Frage nach der Nachfolge im CEO-Amt bleibt offen. Kallen, der 67 Jahre alt ist, betont, dass seine Rolle keine Dauerlösung sei. Der Verwaltungsrat und der Vorstand arbeiten derzeit ohne einen festen CEO, und es wird überlegt, ob ein Koordinator und Sprecher des Vorstands eine bessere Lösung sein könnte. Philipp Welte hebt hervor, dass der Vorstand in einer sehr produktiven Phase ist und harmonisch zusammenarbeitet.

Die Rolle der Burda-Kinder

Die Nachfolgefrage betrifft auch die Kinder von Hubert Burda. Jacob Burda und Elisabeth Furtwängler sind im Verwaltungsrat aktiv und nehmen ihre Rolle als Gesellschafter zunehmend wahr. Kallen betont, dass beide in ihren jeweiligen Bereichen erfolgreich sind und unternehmerische Verantwortung übernehmen. Die operative Führung des Unternehmens bleibt jedoch weiterhin eine offene Frage.

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