Gemeinsam mit seinem Team eröffnete und betrieb er mehr als 200 Restaurants in 33 Ländern weltweit und leitete den Börsengang mit einer Bewertung von 680 Millionen Euro. Er gründete mehrere Startups wie Bagel Station (Bagel- und Coffeeshop-Konzept) oder Papernomad (nachhaltige iPad-Hüllen) und Curtice Brothers (mit dem Great Taste Award ausgezeichnete Bio-Saucen), die er erfolgreich verkaufte, nachdem er sie zu internationalem Erfolg ausgebaut hatte. Sein neuestes Projekt ist eine PodCast- und Community-Plattform: From Doubt to Drive. Dies ist eine Erweiterung seiner Coaching-Projekte des letzten Jahrzehnts, in denen er Unternehmern und Führungskräften dabei half, schwierige Situationen zu überwinden. Wir erreichen ihn heute in Sri Lanka.
LEADERSNET: Wie haben Ihre Kindheit und Ihr Aufwachsen Ihren Weg als Unternehmer beeinflusst? Was hat Sie damals geprägt?
Mario Bauer: Ich komme aus einer Wirtsfamilie und als Kinder haben wir unser Leben mit unseren Gästen verbracht. Für mich ist deshalb Work-Life-Balance ein Fremdwort. Ich habe seit meinem 25. Lebensjahr kein Auto und kein Büro. Ich bin viel unterwegs und muss die Produkte und Filialen sehen, spüren und riechen. Die Leute, mit denen ich arbeite, sind meine Freunde. Ich kenne hier keine harten Trennlinien. Der Gast war immer König, und das halte ich noch heute so. Viele vertreten die Ansicht, das sei nicht mehr modern, aber Gäste zahlen Mitarbeiter und die Rechnungen. Wenn der Gast nicht glücklich ist, dann wird ein Restaurant oder Hotel nicht funktionieren.
LEADERSNET: Sie haben unterschiedlichste berufliche Erfahrungen gesammelt und jahrzehntelang das internationale Wachstum und Partnerschaften bei Vapiano geleitet. Welche Erfahrungen haben Sie dabei gesammelt und wie haben sie Ihre Karriere beeinflusst? Was sind die wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche internationale Expansion und Franchising?
Mario Bauer: Meine Anfangsjahre verbrachte ich im Investmentbanking. Es war ein sehr lukratives Geschäft, aber das hat mich einfach weniger emotionalisiert und ich konnte darauf weniger stolz sein als auf die anderen Dinge, die ich danach machte. Ich eröffnete meinen ersten Bagel Laden und habe dann einen Umsatz von 1.000 € am Tag gemacht. Das war nicht viel im Vergleich zu vorher im Banking, aber ich war glücklicher mit diesem direkten Kontakt zu den Gästen. Was mir so gefällt an der Gastronomie, ist: Wenn du in deinem eigenen Restaurant bist und du servierst jemandem eine Pasta oder Pizza oder was auch immer, dann siehst du unmittelbar, ob der Gast glücklich ist oder ob es ihm schmeckt, ob es ihm passt. Es hat nicht gepasst oder nicht geschmeckt? Das war zu groß, zu klein, zu teuer, zu scharf? Du kannst es sofort ändern. Es gibt ganz wenige Industrien, wo du unmittelbar etwas ändern kannst. Das ist einfach eine Industrie, die lebt.
Eine erfolgreiche Internationalisierung hängt von vielen Faktoren ab. Ich hatte auf fünf Kontinenten Franchisenehmer. Was ich lernte, war: Es kommt auf die Menschen an, ob das Konzept erfolgreich ist oder nicht. Jemand will nach Kanada expandieren? Stimmen die Werte überein? Wenn nicht, dann ist es besser, das nicht zu tun. Wichtig ist, dieselben Werte und dieselbe Vision zu haben, denn man muss mit Partnern zusammenarbeiten. Und wenn dann die Rezepte und die Prozesse und das Marketing passen, dann ist das ein Erfolg.
LEADERSNET: Sie waren maßgeblich an der internationalen Expansion von Vapiano beteiligt (über 200 Restaurants in 34 Ländern). Welche Lehren haben Sie aus dieser globalen Erfahrung gezogen? Was waren die Gründe für die Insolvenz?
Mario Bauer: Mit Vapiano hatten wir einen extrem erfolgreichen Börsengang. Wir waren auf einen Schlag 650 Mio. € schwer, das war eine Bewertung von 12,8 x EBITDA. Das ist für die Systemgastronomie extrem erfolgreich. Der Grund, warum es dann letztendlich nicht geklappt hat, ist aus meiner Sicht auf zwei Dinge zurückzuführen: Das eine ist die Gier. Es wurde zu viel aus dem Unternehmen rausgezogen. Dividenden wurden ausgeschüttet und Munition für schlechte Zeiten wurde nicht zurückgehalten. Das zweite war, dass wir zu Beginn jeden Euro zwei-, dreimal umdrehten, bevor wir ihn ausgaben. Das lernst du in der Systemgastronomie. Das war nach dem Börsengang nicht mehr so. Wir hatten zu hohe Kosten, waren viel zu aufgeblasen und dann kam das Coronavirus.
LEADERSNET: Nach Ihrem Abschied bei Vapiano, waren Sie wieder an Bord, wenn auch in neuer Funktion – als Investor. Sie übernahmen zusammen mit einem Konsortium die Marke im Jahr 2020. Ein kluger Schritt rückblickend?
Mario Bauer: Ein Freund, der damals noch Shareholder war, rief mich nach dem Konkurs von Vapiano an. Er fragte, ob ich diese wunderbare Marke (Vapiano) nicht retten möchte. Es gelang mir, vier Freunde, Mentoren und Investoren zu überzeugen und zu gewinnen, um diese Marke aus der Insolvenz heraus zu kaufen. War es ein kluger wirtschaftlicher Schritt? Die geschäftliche Entwicklung ist zufriedenstellend, und wir konnten enorme Fortschritte unter der neuen Führung erzielen. Dennoch sagte mein Vater immer: "Die Rechnung wird zum Schluss gemacht." So halte ich das auch.
LEADERSNET: War das zum damaligen Zeitpunkt nicht sehr risikoreich, das Unternehmen zu übernehmen?
Mario Bauer: Diese Transaktion hat zwischen Februar 2020 und Mai 2020 stattgefunden. Da waren zwei Lockdowns in dieser Zeit. Das heißt, wir konnten uns nicht alles ansehen. Aber ich kannte ja die Marke, die Partner, die Standorte, und so ist es mir einfach leichter gefallen, mir eine Meinung zu bilden, was der richtige Kaufpreis ist. Ich fragte mich: Wird es ein Leben nach Corona geben, ja oder nein? Ja, okay. Glauben wir, dass die Leute danach italienisches Essen mögen, so wie vorher? Ja. Glauben wir, dass der Preis, also die Preisspanne, wo italienisches Essen sich ansiedelt, im Massenmarkt relevant ist? Ja oder nein? Ja. Was ist die größte Marke in diesem Bereich? Das war Vapiano damals. Das Unternehmen war vor drei Jahren 650 Millionen wert. Jetzt kann man sagen, das war überbewertet – hin oder her. Fakt war, dass das Unternehmen nur noch 1/10 davon wert war. Natürlich kam noch ein dritter und vierter Lockdown. Damit haben wir nicht gerechnet und wir mussten nochmals Geld nachschießen. Es war definitiv eine Mischung zwischen mutig und verrückt. Für mich war es aber zu 100 % die richtige Entscheidung.
LEADERSNET: Sie haben mit Curtice Brothers auch eine Boutique-Ketchup Brand in der Toskana aus dem Boden gestampft. Können Sie uns mehr über dieses Projekt erzählen und was Sie dazu inspiriert hat?
Mario Bauer: Als Österreicher bin ich wie die meisten mit Felix Ketchup aufgewachsen. Doch international ist Heinz der klare Marktführer. Ich habe 110 Länder bereist und in jedem Land, an das ich mich erinnern konnte, habe ich das gleiche Ketchup bekommen. Heinz ist unglaublich dominant, ähnlich wie Coca-Cola. Ich schaute mir das dann genauer an und bemerkte, dass in Heinz Ketchup nur 19 % Tomaten und mehr als 25 % Zucker drin sind. Ich dachte mir, dass nach heutigen Ernährungsgewohnheiten und dem Wissen, das niemand mehr so machen würde und dass es doch auch anders gehen muss. Wir experimentierten, setzten nur 6 % Zucker zu, fanden Investoren und erwarben mit "Curtice Brothers" die älteste Ketchup-Marke der Welt. Wir waren in den ersten Jahren sehr klein, am Ende waren wir dann in 18 Ländern und das Ganze entwickelte sich zu einer tollen Wachstumsstory. Es fand dann eine Übernahme durch Mautner Markhof statt, und es ist irrsinnig befriedigend für mich, dass die Marke und die Mitarbeiter in guten Händen sind. Einfach eine geglückte Adoption mit tollen neuen Eigentümern.
LEADERSNET: Als Mentor und Coach für aufstrebende Unternehmer – welchen Rat geben Sie am häufigsten weiter?
Mario Bauer: Die Leute kommen um Rat, wenn sie in einer Krise sind. Ich hatte noch nie jemanden, der mich kontaktierte und sagte: "Mario, mir geht"s so super." Die meisten Leute, die anrufen, sagen: "Ja, ich habe ein Problem." Ich glaube, das Wichtigste aus meiner Sicht ist immer zu sagen, man muss den Unternehmer stärken. Wenn das ein Problem des Unternehmers ist, weil er ein Burnout hat, dann muss man mal den Unternehmer stärken und fragen, was braucht der Unternehmer? Der Unternehmer braucht Ausgleich und Schlaf. Der Einfluss von Schlaf wird häufig unterschätzt. Je nachdem, was zur Persönlichkeit passt, ist ein entsprechender Ausgleich wichtig – sei es Meditation, Sport o. Ä., um auf andere Gedanken zu kommen. Dann gilt es zu eruieren, ob immer noch die Leidenschaft da ist. Es ist wie bei einem guten Paartherapeuten: Ist da noch was da oder nicht? Genauso ist es bei dem Unternehmer. Wenn er sagt: "Ich glaube nicht mehr dran, da ist nichts mehr", dann ist es besser, das Ende der Firma zu diskutieren. Es gibt nicht die eine Lösung für alle. Es gibt einen Leitfaden, wie man so ein Gespräch führt. Mir haben immer Menschen geholfen. Ich versuche deshalb immer auch, für jeden da zu sein. Es sind zwei, drei Leute pro Woche, die irgendwie an mich herantreten. Es macht einfach Spaß, ich kann helfen und ja, Podcast und die Community knüpfen da an. Der Podcast "From Doubt to Drive" soll raus aus Zweifeln hin zu neuem Antrieb führen. Wir haben mittlerweile 30 Folgen aufgenommen und ständig steigende Hörerzahlen.
LEADERSNET: Wie hat sich Ihrer Meinung nach die Restaurantbranche in den letzten Jahren verändert, und welche Trends sehen Sie für die Zukunft?
Mario Bauer: Die größte Herausforderung unserer Industrie ist das Thema Mitarbeiter. Es wird einfach immer schwieriger, in der aktuellen Zeit Mitarbeiter für eine Karriere in der Restaurantbranche zu begeistern. Wir müssen Konzepte schaffen, die auch interessant für die Mitarbeiter sind, wo man mehr zahlen kann. Oder man schafft etwas, das einem "höheren Zweck" dient, die Welt zum Guten verändert und so Mitarbeiter dafür begeistern kann. Swing Kitchen, Dean & David und andere tun das zum Beispiel und finden so einfacher Mitarbeiter wie generische Konzepte. Und das Dritte ist einfach zu sagen, man muss neue Lösungen finden. Wir müssen höhere Automatisierungsgrade in unseren Restaurants erreichen.
LEADERSNET: Sie sagten, dass Sie gerade in Sri Lanka sind und sich nach etwas Neuem umsehen. Sie waren immer auf einem erfolgsverwöhnten Pfad. Welche neuen Projekte oder Ziele haben Sie für die Zukunft, sowohl beruflich als auch persönlich?
Mario Bauer: Hier in Sri Lanka war ich eine Woche im Kloster. Wir machen Yoga, ich meditiere und gehe jetzt einen lokalen Jakobsweg. Der heißt PekoeTrail und geht 300 Kilometer in 20 Tagen durch die Felder, vorbei an Teefeldern und Tempeln. Einfach mal so Perspektivwechsel in der Mitte vom Leben.
Es stimmt, es gab viele Erfolge, aber auch viele Schwierigkeiten, die leicht übersehen werden. Curtice Brothers war anfangs sehr klein und wir waren sieben Jahre in negativen Zahlen. Ich hatte viele schlaflose Nächte und wusste nicht, wie es weitergeht. Es ist gut gegangen, aber war das auch Glück? Sicherlich war das auch dabei und dessen bin ich mir bewusst, und das ist es auch, das mich am Boden hält.
Ich denke gerade viel darüber nach, was mein nächster Schritt sein wird. Mich zieht es in die Gastronomie zurück und das wichtigste ist jetzt für mich die richtigen Partner zu finden, mit denen ich starten möchte. Ich bin auch in einigen Beiräten von Systemgastronomen und helfe gerne jungen Unternehmern weiter, langweilig wird mir nicht. Meine Intention ist immer, dass ich versuche zu helfen, weil auch mir so viele Menschen geholfen haben. Diese Mischung, auf der einen Seite mit den großen Unternehmen zu arbeiten und dann den Jungunternehmern zu helfen, gerade in der Systemgastronomie, das ist das, was ich liebe.
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