Studie von DZ Bank / BVR
Nichts plagt den Mittelstand mehr als Bürokratie

| Redaktion 
| 02.07.2024

Inflation, Steuerlasten oder Fachkräftemangel werden in der medialen Beobachtung häufig als die größten Geißeln mittelständischer Unternehmen ausgemacht. Eine aktuelle Studie suggeriert jedoch, dass der Schuh an anderer Stelle am stärksten drückt: Vier von fünf Befragten sehen ihren Geschäftserfolg vor allem durch Bürokratie bedroht.

Erst in der vergangenen Woche ging der Tag der Industrie in Berlin über die Bühne. Wie ein roter Faden zog sich Bürokratie dabei durch die Veranstaltung und ihre Wortbeiträge. In seiner Rede vor Ort kündigte der Bundeskanzler höchstselbst "einen ambitionierten Plan zum Abbau von Bürokratie“ an – womit er einem Wunsch nachkäme, der sich über viele Branchen erstreckt und gewiss nicht neu ist.

Wie der unternehmerische Mittelstand über das derzeitige Maß an Bürokratie denkt, verrät eine repräsentative Umfrage der DZ Bank und des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), die unter mehr als 1000 in Frage kommenden Firmen durchgeführt wurde. Die wesentliche Erkenntnis von "Mittelstand im Mittelpunkt": Vorschriften, Gesetze, Richtlinien und der dazugehörige Verwaltungsaufwand sind "zum geschäftskritischsten Problem“ überhaupt geworden.

"Vorschriften-Dschungel muss gelichtet werden"

Demnach geben 82 Prozent der Befragten an, dass sie durch die zunehmende Bürokratie gehemmt werden. Vor sechs Monaten lag dieser Wert noch sieben Prozentpunkte tiefer; mit den aktuellen Ergebnissen erreicht er seinen Höchststand seit Beginn der Erhebungen im Jahre 2013. Besonders der Agrarsektor (93 Prozent) und das Ernährungsgewerbe (92 Prozent) fühlen sich durch das Dickicht an Dokumenten und co. effektiv ausgebremst; die Chemiebranche (81 Prozent) und der Handel (80 Prozent) sehen sich ebenfalls bemerkenswert stark betroffen.

"Die Studienergebnisse verdeutlichen einmal mehr, dass die regulatorischen Vorgaben und Bürokratielasten für den Mittelstand ein immer ernsteres Problem werden. Der Vorschriften-Dschungel muss gelichtet werden, um die vorhandenen Wachstumskräfte freizusetzten und den Standort Deutschland zu stärken", kommentiert Marija Kolak, Präsidentin des BVR.

Brandaktuell berichtet die Bild am Dienstagmittag zum Thema im Übrigen, dass das sogenannte Bürokratie-Entlastungsgesetz IV aufgrund von Unstimmigkeiten im Bundestag nicht mehr vor dessen Sommerpause verabschiedet wird.

Investitionslust unter Corona-Niveau

Die Studie zeigt weiterhin auf, dass die Kapazitätsauslastung der Industrieunternehmen bei nur noch rund 80 Prozent liegt, was sich wiederum negativ auf die Investitionsbereitschaft des Mittelstands auswirkt – diese sinkt leicht auf 67 Prozent, womit der Wert aus dem Herbst 2020 inmitten der Corona-Krise noch unterboten wird.

Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank, zufolge hat sich die Investitionsneigung "auf einem Niveau festgefahren, das angesichts des massiven Transformationsbedarfs deutlich zu niedrig ist. Das liegt daran, dass viele Mittelständler weiterhin vor allem aus einem Motiv heraus investieren: um perspektivisch Kosten zu senken."

Wo geht es bergauf?

Gleichzeitig ist nicht überall ein negativer Trend zu verzeichnen, schließlich steigt die Investitionsbereitschaft etwa in der Chemie- und Kunststoffindustrie (71 auf 80 Prozent), in der Elektrobranche (71 auf 73 Prozent) sowie im Metall-, Kfz- und Baugewerbe (68 auf 70 Prozent).

Die weniger drückenden Energiekosten in den diesbezüglich verbrauchsintensiven Branchen begründen diese Entwicklung, der der Agrarsektor gegenübersteht, wo die Investitionen "vermutlich einbrechen“ werden: Nur etwas über 50 Prozent haben entsprechende Pläne, was den niedrigsten Wert seit beinahe einem Jahrzehnt bedeutet.

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