Drake, Taylor Swift, Harry Style, The Weeknd oder Billie Eilish gehören zu den verkaufsstärksten Pop-Künstlern der Gegenwart. Ihre Beliebtheit drückt sich auch durch die rege Nutzung ihrer Songs in TikTok-Clips aus, die wiederum als zusätzlicher Erfolgsmultiplikator dient.
Trotzdem ist der Musikkonzern Universal, Heimat aller genannten Künstler, nicht länger von einer Kooperation mit der chinesischen Social-Media-Plattform überzeugt. In der Folge sind seit einigen Tagen sämtliche Songschnipsel von Universal-Künstlern von TikTok verschwunden. Die Änderung betrifft auch bereits hochgeladene Videos, die nun vielfach ohne Untermalung zu sehen sind.
Beide Parteien konnten sich nicht auf eine Verlängerung des gemeinsamen Vertrags einigen, der dadurch am 31. Januar ersatzlos ausgelaufen ist. In einem offenen Brief erklärt Universal, dass der Erfolg von TikTok zu großen Teilen auf der Musik ihrer Künstler und Songwriter beruhe und zitieren Vertreter der Plattform, laut denen "Musik das Herzstück der TikTok-Erfahrung" sei. Drei Streitpunkte haben demnach besonders zum Abbruch der Verhandlungen beigetragen.
Geld, Künstliche Intelligenz und Sicherheit
Universal fordert eine "angemessene" Entlohnung für die eigenen Künstler, Schutz vor den "schädlichen Effekten" Künstlicher Intelligenz und eine Verbesserung der Online-Sicherheit für Nutzer. Dem Konzern zufolge soll TikTok auf monetärer Ebene lediglich einen "Bruchteil dessen, was Social-Media-Plattformen in einer ähnlichen Situation" bieten, zahlen wollen. Trotz massiv wachsender Nutzerbasis und steigender Werbeeinnahmen macht TikTok nur ein Prozent des Universal-Gesamtumsatzes aus, wie das Unternehmen zu Protokoll gibt.
Im weiteren Verlauf des offenen Briefes wird der Ton schärfer: "Letztlich versucht TikTok, ein musikbasiertes Business aufzuziehen, ohne die Musik fair zu bezahlen." Außerdem erlaube und unterstütze die Plattform die Verbreitung von KI-generierten Aufnahmen, um "dann ein vertragliches Recht zu fordern, das es diesen Inhalten ermöglichen würde, den Lizenzpool für menschliche Künstler massiv zu verwässern". Das käme "nichts weniger als der Unterstützung der Künstlerersetzung durch KI" gleich.
Unterdrückte Newcomer als Verhandlungsmittel?
Hinsichtlich der alltäglichen Nutzung moniert Universal ein mangelndes Vorgehen gegen raue Umgangsformen und "problematische Inhalte" wie pornographische Deepfakes, denen sich insbesondere Taylor Swift zuletzt ausgesetzt sah. Auf Universals Wunsch, diese Punkte anzugehen, habe TikTok zunächst gleichgültig und später mit Einschüchterungsversuchen reagiert: Die Musik weniger bekannter Universal-Künstler sei gezielt entfernt worden, um ihnen diese Entwicklungsplattform zu nehmen. Gleichzeitig blieben die Songs etablierter Größen unberührt.
Auf diese Weise habe TikTok Universal zu der Annahme eines Deals drängen wollen, der "weniger wert als der vorherige" gewesen sei. Der Musikkonzern zeigt sich einsichtig, dass die Ablehnung und der komplette Rückzug von TikTok mit Folgen für die eigenen Künstler und ihre Fans einhergeht, sieht die Schuld daran jedoch einzig und allein beim ehemaligen Vertragspartner: Dank der "mangelnden Bereitschaft, einen auch nur annähernd marktüblichen Deal abzuschließen und den Verpflichtungen als soziale Plattform sinnvoll nachzukommen", müsse die Zusammenarbeit mit TikTok ruhen.
TikTok antwortet knapp und klar
TikTok selbst hat den offenen Brief nicht lange unbeantwortet gelassen und ein vergleichsweise knappes Statement veröffentlicht. "Es ist traurig und enttäuschend, dass die Universal Music Group ihre eigene Gier über die Interessen ihrer Künstler und Songwriter gestellt hat. Ungeachtet Universals falscher Narrative und Rhetorik haben sie sich selbst entschieden, auf die starke Unterstützung einer Plattform mit weit über einer Milliarde Nutzern zu verzichten, die als kostenloses Werbe- und Entdeckungsinstrument für ihre Talente dient."
Darüber hinaus verweist TikTok darauf, dass es sich mit jedem anderen Label und Verlag auf "Artist-First"-Deals einigen konnte. Ob und wann die beiden Parteien zurück an den Verhandlungstisch kehren, ist aktuell ungewiss. Taylor-Swift-Fans dürfte die Situation derweil vertraut vorkommen: Vor zehn Jahren lag die Sängerin mit Spotify ebenfalls aufgrund vermeintlich unangemessener Entlohnung im Clinch; ihr gesamter Katalog verschwand daraufhin bis 2017 von der Streaming-Plattform.
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