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VW und Rivian schließen Milliardendeal für Software-Offensive gegen Tesla

Volkswagen und Rivian bündeln ihre Kräfte in einem milliardenschweren Joint Venture, um die Softwarekompetenz von VW für künftige Elektromodelle zu stärken und die technologische Lücke zu Tesla zu schließen. In einer Garage in Palo Alto stellten die beiden Unternehmen am Dienstag Abend die Führung ihrer neuen gemeinsamen Tochtergesellschaft "Rivian Volkswagen Group Technologies" (RVGT) und erste Testfahrzeuge vor.

"Der heutige Start des Joint-Ventures zeigt das Potenzial, das wir in den kommenden Jahren gemeinsam ausschöpfen wollen", erklärte VW-Chef Oliver Blume. Rivian-Gründer R.J. Scaringe nannte den Abschluss des Deals "ein wichtiger Schritt nach vorne, um den weltweiten Wandel hin zur Elektromobilität voranzutreiben". Die Führung der neuen Einheit übernehmen Carsten Helbing, VWs bisheriger "Chief Technology Engineer", und Rivians "Chief Software Officer" Wassym Bensaid, beide als gleichberechtigte Co-CEOs.

Teure Kooperation und eine effiziente Architektur

Laut eines Berichts des Handelsblatts stellt das neue Joint Venture, an dem beide Unternehmen zu gleichen Teilen beteiligt sind, für VW eine höhere Investition dar als zunächst angekündigt. Statt fünf Milliarden Dollar reserviert VW nun 5,8 Milliarden Dollar für die Kooperation, eine Summe, die neben dem Aufbau der Softwarearchitektur auch in die Übernahme eines größeren Aktienpakets fließt. "Wir haben eine Übernahme eines größeren Aktienpakets als ursprünglich angekündigt vereinbart und werden auch etwas mehr Geld in die Software und das Joint Venture selbst stecken," sagte Blume.

Mit der Expertise von Rivian hofft VW, seine eigene Software und Elektronik zu modernisieren. So konnte Rivian die Anzahl der elektronischen Steuergeräte (ECUs) in seinen Fahrzeugen von 17 auf nur noch sieben reduzieren, was laut Wassym Bensaid neben einer deutlichen Kostenersparnis auch die Möglichkeiten für digitale Updates stark verbessert. "Wir kommen inzwischen mit sieben Computern aus, ursprünglich waren es 17," erklärte Bensaid. Helbing fügte beim gemeinsamen Rundgang hinzu: "Genau da wollen wir hin."

Führungsteam und Ausrichtung

RVGT wird rund 1.000 Mitarbeiter beschäftigen, wobei laut Unternehmenskreisen die Mehrheit von Rivian kommt, in einem Verhältnis von etwa neun zu eins. Helbing wird künftig als Chief Operating Officer (COO) für das Joint Venture ins Silicon Valley ziehen, während Bensaid als Technikchef (CTO) bereits in Palo Alto tätig ist. Das neue Joint Venture konzentriert sich auf eine einheitliche Softwareplattform für VW-Modelle, während die VW-Softwaretochter Cariad weiterhin für autonome Fahrtechnologien, Datenmanagement und Cloud-Lösungen zuständig bleibt. Cariad werde weiter "eine zentrale Rolle in unserer weltweiten Softwarestrategie" spielen, betonte Blume.

Testfahrzeuge und Zukunftspläne

In einer Garage in Palo Alto wurden bereits erste Demonstrationsfahrzeuge präsentiert: Zwei Audi Q6 e-trons, die mit Rivian-Technologie ausgestattet sind, zeigen die Fortschritte des Teams. "Mich hat vor allem das Tempo überrascht," sagte Helbing und ergänzte, dass es dem Team innerhalb von acht Wochen gelungen sei, Rivians Computer und Software in die Fahrzeuge zu integrieren. Eine kurze Testfahrt mit dem Handelsblatt-Team zeigt die neue Nutzererfahrung: "Die Touchscreens reagieren blitzschnell, die Navigation ist deutlich nutzerfreundlicher, das Infotainmentsystem, etwa zur Ansteuerung der Lautsprecher, bereits integriert." Lediglich kleinere Funktionen wie der hintere Scheibenwischer und die Blinker zeigten noch "Kinderkrankheiten," so ein zuständiger Ingenieur.

Die Kooperation könnte sich für VW als strategischer Vorteil herausstellen, da das Unternehmen plant, die Technologie auch anderen Herstellern gegen Lizenzierung anzubieten. "Wir streben weitere Partnerschaften an," erklärte Helbing und führte aus, dass die Architektur der Fahrzeuge "zum Branchenstandard" werden könnte. "Wir bringen die Rivian-Technologie mit der globalen Reichweite des VW-Konzerns zusammen," fügte Helbing hinzu. Bensaid betonte zudem, dass die "agile und flexible Kultur des Rivian-Teams" im Joint Venture bewahrt werde, um weiterhin innovative Fortschritte zu ermöglichen.

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