Holpriger Mobilfunk-Start
1&1: Wie viele Kunden kosten mehrtägige Netzprobleme?

| Redaktion 
| 11.08.2024

Vor etwa acht Monaten ist 1&1 in den Markt der Mobilfunknetzbetreiber eingetreten. Der dafür notwendige Ausbau von Infrastruktur verläuft in überschaubarer Geschwindigkeit, während vor dem Hintergrund des aktuellen Halbjahresfinanzberichts klar wird, welchen Schaden der große Netzausausfall im Mai mit sich gebracht hat.

Bis Ende letzten Jahres konnten sich Nutzer von Mobiltelefonen hierzulande zwischen einem von drei Netzbetreibern entscheiden. Die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) haben den Markt unter sich aufgeteilt - bis der in Montabaur ansässige Telekommunikationsanbieter 1&1 vergangenen Dezember in den Wettbewerb eingestiegen ist und seitdem bemüht darum kämpft, sich zumindest mittelfristig darin zu behaupten.

Dabei wirbt das Unternehmen etwa mit einer privaten Cloud als Herzstück des neuen Netzes, "die in hunderten deutschen Städten mit dezentralen Edge-Rechenzentren betrieben wird“ und eine softwarebasierte Steuerung aller Funktionen ermöglicht. Alle Antennenstandorte sollen mittels Gigabit-Antennen und via Glasfaser mit besagten Rechenzentren verbunden werden – die minimale Latenz, die sich daraus ergibt, sei "für zukünftige Echtzeitanwendungen unabdingbar“, heißt es in den jüngst veröffentlichten Geschäftszahlen zum ersten Halbjahr.

50.000 Kündigungen nach Netzausfall

Aber: Wie unter anderem Golem erwähnt, existieren derzeit lediglich 546 tatsächlich an Glasfaser angeschlossene Antennenstandorte, womit man Telefónica (etwa 28.000 Mobilfunkstandorte) oder Vodafone (27.000) meilenweit hinterherhinkt.

Für die Bereiche ohne eigene Netzabdeckung hat 1&1 eine Vereinbarung mit Telefónica geschlossen, sodass Kunden in diesem Fall das O2-Netz nutzen. Wie Heise berichtet, wird Vodafone die Rolle als Kooperationspartner jedoch in naher Zukunft (voraussichtlich) übernehmen – den Vorwürfen zum Trotz, dass Vodafone den 1&1-Ausbau über den Infrastrukturdienstleister Vantage Towers, an dem es Mehrheitsanteile hält, bewusst ausgebremst hat.

Mit dem eigenen Service hatte 1&1 im Mai derweil massive Probleme: Rund 500.000 Kunden sollen von einem Ausfall des Mobilfunknetzes betroffen gewesen sein, der sich für einige von ihnen über mehrere Tage erstreckt hat. Im Zuge der Halbjahresergebnisse hat sich der Vorstandsvorsitzende Ralph Dommermuth hinsichtlich der Konsequenzen geäußert und offenbart, dass schätzungsweise 50.000 Kündigungen als Reaktion auf den Fauxpas eingegangen sind.

Netzabdeckungs-Deadline

"Wir haben auch zu lange gebraucht, um das zu entstören“, gibt Dommermuth zu und stellt in Aussicht, dass 1&1 aus dem Ausfall gelernt habe. Dieser könne bei einem neuen Netzausbau zwar vorkommen, müsse aber eigentlich vermieden werden; von einer Wiederholung gehe man nicht aus. Apropos Zukunft: Bis Ende nächsten Jahres ist 1&1 nach einer Vorschrift der Bundesnetzagentur dazu verpflichtet, ein Viertel der bundesdeutschen Haushalte versorgen zu können.

Angaben der Agentur ist zu entnehmen, dass es das Unternehmen bei 4G und 5G auf jeweils nur 0,3 Prozent Netzabdeckung bringt; Branchenprimus Telekom kommt hier auf rund 91 beziehungsweise 81 Prozent, wie Golem zusammenfasst. Trotzdem zeigt sich 1&1 zuversichtlich, den Anforderungen letztlich gemäß der Deadline entsprechen zu können.

Und die Halbjahreszahlen? Die 1&1 Aktiengesellschaft, die seit sieben Jahren mehrheitlich zu United Internet (Ionos, GMX, Web.de und weitere) gehört, vermeldet für die erste Hälfte von 2024 ein Umsatzplus von immerhin 1,1 Prozent auf beinahe 2,02 Milliarden Euro. Allerdings sank das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeit (Ebit) um 22,8 Prozent von 254,1 auf 196,1 Millionen Euro.

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