Die Modekette Sinn steht erneut vor einer ungewissen Zukunft. Zum vierten Mal in ihrer wechselvollen Geschichte hat das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt. Das Verfahren wurde beim Amtsgericht Hagen eingeleitet, wie aus einer Mitteilung der Behörde hervorgeht, die der dpa vorliegt. Das Gericht genehmigte ein Verfahren in Eigenverwaltung, bei dem die derzeitige Geschäftsführung im Amt bleibt. Unterstützt wird sie von Sanierungsexperte Jan Ockelmann, während Michael Mönig als vorläufiger Sachwalter die Interessen der Gläubiger überwacht.
Aktuell betreibt Sinn 41 Filialen mit insgesamt 1.500 Beschäftigten, wobei Nordrhein-Westfalen mit 24 Standorten besonders stark vertreten ist. Die geplante Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Mitarbeiter wurde bereits beantragt. Dies bedeutet, dass eine Bank die Löhne vorfinanziert, bevor die Bundesagentur für Arbeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einspringt und die Zahlungen für maximal drei Monate übernimmt.
Möglichst viele Standorte erhalten
Das Ziel sei es nun, möglichst viele Standorte und Arbeitsplätze zu erhalten, betont der Sanierungsexperte Ockelmann. Die Finanzierung der Filialen sei vorerst gesichert, wie das Unternehmen mitteilte. Zu den konkreten Zukunftsaussichten einzelner Standorte wollte man sich jedoch nicht äußern. Unklar ist, wie viele Filialen die aktuelle Krise überstehen werden. Der Personalabbau scheint unvermeidlich, das Ausmaß ist jedoch noch offen. Die Mitarbeiter wurden über die aktuelle Situation informiert.
Die Ursachen für den erneuten Insolvenzantrag sind vielfältig. Neben der vorübergehenden Schließung einzelner Filialen aufgrund technischer Mängel und Wasserschäden, die zu erheblichen Umsatzeinbußen führten, belasteten auch die hohen Kosten für die Einführung eines neuen Warenwirtschaftssystems das Unternehmen. Zudem trifft die allgemeine Konsumflaute in Deutschland das Modehaus hart. Die Angst vor einer Rezession und die daraus resultierende Zurückhaltung der Verbraucher, insbesondere beim Kleidungskauf, verschärfen die Lage zusätzlich.
Belastungsprobe für die Mitarbeiter
Das erneute Insolvenzverfahren kommt nur vier Jahre nach dem letzten Insolvenzantrag, der während der Pandemie gestellt wurde. Damals hatte Sinn unter den wirtschaftlichen Folgen der Lockdowns und der allgemeinen Krise im Non-Food-Handel gelitten. Trotz dieser Schwierigkeiten war das Unternehmen seither auf Expansionskurs gewesen und hatte 2021 sieben Standorte der Bottroper Modekette Mensing übernommen sowie weitere Geschäfte in Duisburg und Goch eröffnet.
Die erste Insolvenz der Kette reicht bis ins Jahr 2008 zurück, als die damalige Sinn Leffers GmbH in den Strudel der Probleme bei der Muttergesellschaft KarstadtQuelle (später Arcandor) geriet. Einige der heutigen Mitarbeiter könnten schon damals betroffen gewesen sein und stehen nun erneut vor der Unsicherheit, ihre Arbeitsplätze zu verlieren. Die kommenden Wochen und Monate werden entscheidend sein, ob das Traditionsunternehmen die Krise überwindet.
Studie: So viele Insolvenzen wie seit zehn Jahren nicht mehr
Besorgniserregend: Inmitten der anhaltenden Konjunkturschwäche erreicht die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland laut einer aktuellen Studie den höchsten Stand seit etwa zehn Jahren. Wie das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) mitteilte, wurden im Juli 1406 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften registriert.
Das entspricht einem Anstieg von 20 Prozent im Vergleich zum Vormonat und 37 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der aktuelle Wert liegt zudem 46 Prozent über dem Juli-Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2019, also der Zeit vor der Corona-Pandemie.
„Der deutliche Anstieg der Insolvenzzahlen betrifft alle Branchen“, erklärte das IWH. Besonders stark zeigt sich der Zuwachs jedoch im verarbeitenden Gewerbe. Nach 100 insolventen Industrieunternehmen im Juni, was dem Durchschnitt der letzten zwölf Monate entsprach, stieg die Zahl im Juli auf 145. Dies markiert einen neuen Höchststand seit Beginn der branchenbezogenen Erfassung im IWH-Insolvenztrend im Januar 2020. „Besonders stark betroffen waren die Bundesländer Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen“, fügte das Institut hinzu.
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