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Tag der Industrie: Aus den Reden von Scholz, Merz und Russwurm

| Redaktion 
| 25.06.2024

Die diesjährige Ausgabe der wirtschaftlich-politisch geprägten Zukunftskonferenz hat die Woche in Berlin eingeläutet. Angesichts einer „polarisierten Welt“ spielten Freihandel und die damit verknüpften Abkommen – beziehungsweise ihr Fehlen - in mehreren Reden eine wichtige Rolle.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ist als Veranstalter für den Tag der Industrie verantwortlich, der eine vierstellige Anzahl an Entscheidungsträgern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft oder der Politik auf dem EUREF Campus Berlin zusammenführt. Das in Kooperation mit Deloitte ausgerichtete Event am Montag, 24. und Dienstag, 25. Juni stand in diesem Jahr unter dem Motto "Zusammenhalt in polarisierten Welten“.

Sicherlich ist man seitens des BDI zufrieden, dass mit Bundeskanzler Olaf Scholz, seinem Vize und Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner das Führungstrio der derzeitigen Regierungskoalition auf dem Tag der Industrie gesprochen hat – allerdings war allen Beteiligten im Vorfeld klar, dass es aller gegebenen Höflichkeit zum Trotz auch um Unzufriedenheit und dringende Forderungen gehen würde.

BDI-Präsident fordert Wachstumsplan

"Gegenüber den USA und China fällt der Standort Deutschland weiter zurück“, warnte BDI-Präsident Siegfried Russwurm dementsprechend am Montag mit Blick auf das "viel zu geringe“ Potentialwachstum. "Schwaches Wachstum bedeutet geringere Spielräume im Staatshaushalt. Wenn sich also an den Wachstumskräften nichts ändert, wird es sehr schwierig, die vor uns liegenden Aufgaben zu bewältigen. Die Industrie erwartet von der Regierung jetzt eine entschlossene Wachstumsagenda”, bekräftigte Russwurm.

Der BDI-Präsident wünscht sich zudem ein entschlossenes Eintreten für die Interessen des größten europäischen Industrielandes und konkreter "einen Wachstumsplan, der auf industrielle Innovations- und Leistungskraft, weniger Bürokratie und mehr Handlungsfreiheit für Unternehmen setzt. Der Green Deal muss um einen europäischen Wachstumsplan, einen Industrial Deal, ergänzt werden.”

Russwurm außerdem: "Es braucht jetzt ein deutliches und geschlossenes Signal aus der Bundesregierung, dass die Wachstumsschwäche als Problem erkannt ist und umfassend angegangen wird.“

Kanzler findet Abkommenslage "nicht akzeptabel“

In seiner Rede am selben Tag versicherte Olaf Scholz, dass er während Russwurms Wortmeldung "viel geklatscht“ habe, woraus er viel Übereinstimmung ablese. Er versprach, dass er sich "gegenüber der neuen EU-Kommission mit Nachdruck für mehr und bessere Freihandelsverträge“ einsetzen werde, da Freihandel "eine der Grundlagen unseres Wohlstands in Deutschland und in Europa“ sei.

"Wir haben die Zuständigkeit für die Handelspolitik nicht an Europa gegeben, damit keine Abkommen mehr geschlossen werden, sondern damit mehr Abkommen zustande kommen. Davon kann, ehrlich gesagt, gegenwärtig nicht die Rede sein. Das ist in der geopolitischen Lage, in der wir uns befinden, nicht akzeptabel. Ich erwarte von der nächsten Kommission und auch von den anderen Mitgliedstaaten, dass wir uns hierzu zusammenraufen und endlich vorankommen“, zeigte sich der Kanzler entschlossen.

Ferner machte er sich auf der TDI-Bühne unter anderem für "einen ambitionierten Plan zum Abbau von Bürokratie“ und "bessere Finanzierungsmöglichkeiten“ für Unternehmen hierzulande stark.

Merz möchte mehr Pragmatik

Am Dienstag sprach mit dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz auch ein führender Oppositionspolitiker auf dem Tag der Industrie. Er plädierte dafür, dass die "Europäische Union auch kraftvoll nach vorn geht in der Handelspolitik“, was den Abschluss weiterer Handelsabkommen ausdrücklich einschließe und stimmte den beiden hier zitierten Rednern des Vortages in vielerlei Hinsicht zu.

Er könne "bestätigen, was der Bundeskanzler von dieser Stelle aus gestern gesagt hat: Die Handelsverträge der Europäischen Union sollten nicht überfrachtet werden mit weiteren, auch weitgehend innenpolitisch definierten Wünschen und Zielen, wie etwa Arbeitsschutz und Umweltschutz“.

Stattdessen bedürfe es Handelsverträge, die "ausschließlich in der Zuständigkeit der Europäischen Union“ liegen, "ratifikationsbedürftig dann nur durch das Europäische Parlament und nicht durch die Parlamente der Mitgliedstaaten bis runter in den Bundesrat“. Für Merz wäre das "ein wirklicher Fortschritt in Europa“. Gleichzeitig forderte er "Pragmatismus vor Idealismus“ und monierte in diesem Zusammenhang das wegen europäischen Umweltbedenken in der Schwebe hängende Mercosur-Abkommen.

Wer sich die TDI-Reden von Friedrich Merz und Robert Habeck in Gänze ansehen möchte, ist mit dem YouTube-Kanal der Kollegen von phoenix gut beraten. Stillstehende Eindrücke vom diesjährigen Tag der Industrie vermittelt dagegen unsere Galerie zum Event.

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