"Heute bin ich krank"-Studie
Neue Rekorde bei Krankenständen: Ist Blaumachen in Ordnung?

Der zunehmende Krankenstand in Deutschland stellt die Wirtschaft vor erhebliche Herausforderungen. Krankenkassen melden seit Jahren einen Anstieg der durchschnittlichen Krankentage. Doch welche Faktoren, jenseits der medizinischen Ursachen, tragen dazu bei? Eine aktuelle Umfrage liefert alarmierende Einblicke.

Der aktuellen Umfrage des Pinktum Instituts zufolge halten es 39 Prozent der Befragten für akzeptabel, sich krankzumelden, obwohl sie arbeitsfähig wären. Besonders häufig trifft dies auf Führungskräfte (50 Prozent) und Männer (46 Prozent) zu. Frauen (30 Prozent) und Nichtführungskräfte (27 Prozent) machen seltener blau. Jeder dritte Beschäftigte gibt an, heute eher bereit zu sein, sich auch bei leichtem Unwohlsein krankschreiben zu lassen als früher. Gründe dafür sind Erschöpfung, Unzufriedenheit und die Leichtigkeit, eine Krankschreibung zu erhalten.

Erschöpfung als Haupttreiber

Ein dominanter Faktor des steigenden Krankenstands ist die allgemeine Erschöpfung. Laut der Umfrage fühlt sich jeder Zweite kraftlos, wobei Frauen (59 Prozent) stärker betroffen sind als Männer (39 Prozent). Seit der letzten Erhebung Ende 2023 hat der Kraftverlust weiter zugenommen. 55 Prozent der Befragten haben weniger Energie als vor drei Jahren. Ohne gelegentliche Auszeiten sehen 52 Prozent keine Möglichkeit, ihr Leben zu bewältigen.

Mangelnde Wertschätzung und sinkende Motivation

Die Umfrage zeigt eine deutliche Unzufriedenheit unter den Mitarbeitenden. 43 Prozent empfinden ihre Arbeit als wenig wertgeschätzt, was die Erschöpfung verstärkt und die Bereitschaft erhöht, sich krankzumelden. Auch die materielle Anerkennung fehlt vielen: 42 Prozent halten es angesichts ihres Verdienstes für legitim, blauzumachen. 24 Prozent glauben, dass ihre Anwesenheit keinen Unterschied macht und 28 Prozent fragen sich, warum sie überhaupt noch arbeiten sollten, "wenn doch sowieso alles bergab geht“.

Fast die Hälfte der Befragten findet es einfach, eine Krankschreibung zu erhalten, auch wenn sie nicht wirklich krank sind (45 Prozent). Wenn der Arzt kein Attest ausstellt, gehen 21 Prozent zum nächsten. Im Homeoffice fällt es 47 Prozent leichter, sich krankzumelden.

Viele arbeiten, auch wenn sie krank sind

Auf der Gegenseite: 59 Prozent der Befragten gehen oft zur Arbeit, obwohl sie eigentlich krank zu Hause bleiben sollten. Die Hauptgründe sind das Gefühl, gebraucht zu werden (86 Prozent) und die Kollegen nicht im Stich lassen zu wollen (82 Prozent). Auch Ängste spielen eine Rolle: Vier von zehn Personen fürchten um ihren Job und jeder Dritte scheut den Druck der Vorgesetzten.

Joachim Pawlik, CEO der Pawlik Group, die die Studie in Auftrag gegeben hat, resümiert: "Wenn Menschen aus Angst oder Rücksichtnahme krank arbeiten, weist das auf strukturelle und kulturelle Probleme hin. Es darf nicht sein, dass die Beschäftigten diese ausbaden müssen.“

Pawlik fordert, sich dem Tabuthema "Blaumachen“ zu stellen, indem tieferliegende Probleme angegangen werden. Mentale Stärke und Zusammenhalt im Team müssten gestärkt sowie ein neues Führungsverständnis entwickelt werden, das den Mitarbeitenden Energie gibt. Die Umfrage "Heute bin ich krank - Befragung zum Umgang mit Krankmeldungen“ unterdessen wurde im Mai 2024 unter 1068 Erwerbstätigen durchgeführt.

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