Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey sind nur 22 Prozent aller europäischen Tech-Jobs von Frauen besetzt. Und auch in Führungsgremien herrscht nach wie vor großes Geschlechterungleichgewicht: In deutschen Unternehmen sind nach den Ergebnissen einer Untersuchung der Internationalen Hochschule (IU) fast doppelt so viele Männer in leitenden Funktionen tätig wie Frauen.
Damit ist jemand wie ich – als Chief Information Officer beim Tech-Unternehmen Pipedrive – leider auch heute noch mehr Ausnahme als Regel. Aus der Diversitätsperspektive eine nach wie vor prekäre Lage, die starke Maßnahmen – von Politik über Wirtschaft bis hin zu Einzelpersonen – bedarf.
Ich möchte der europäischen Wirtschaft und Gesellschaft jedoch keinesfalls den Willen für Veränderung absprechen, im Gegenteil. Seit einigen Jahren wird rund um den Diversity Day im späten Mai klar: Es tut sich was. Der öffentliche Diskurs findet statt, Frauen wie Männer erheben ihre Stimmen, Unternehmen schreiben sich das Ziel der Geschlechtergleichheit auf die Fahnen.
Doch das Ungleichgewicht war über Jahrzehnte hinweg so exorbitant, dass dieses Ziel noch längst nicht erreicht ist. Wir müssen also das Tempo erhöhen, mit dem wir Frauen fördern und befördern, die notwendige Ernsthaftigkeit an den Tag legen und verschiedene Stellschrauben im Tagesgeschäft drehen. Nur so können wir ein für Frauen und Männer gleichermaßen faires Arbeitsumfeld schaffen; und nur so können Unternehmen nachhaltig die Früchte von gelebter Diversität ernten.
Diversität macht sich bezahlt
Jedes Unternehmen sollte ein intrinsisches Interesse an Geschlechtergleichheit mitbringen. Denn die Vorteile sind vielfältig:
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Erhöhte Produktivität: Verschiedene Studien belegen, dass heterogene Teams eine höhere Produktivität als homogene Teams an den Tag legen. Begründet ist dies unter anderem in der Verteilung von Fähigkeiten und Sichtweisen. Unterschiedliche Perspektiven tragen zur Entscheidungsfindung bei und die Zusammenkunft verschiedener Expertisen unterstützt die Umsetzung.
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Mehr Raum zur Entfaltung: Gelebte Diversität schafft ein durch Respekt und Vertrauen geprägtes Arbeitsumfeld. Das wiederum erzeugt ein Arbeitsklima, welches Mitarbeitende auf allen Hierarchieebenen ermutigt, ihre Perspektiven und Sichtweisen einzubringen und selbstsicher zum Unternehmenserfolg beizutragen.
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Fachkräfte halten – und gewinnen: Eine Studie der Unternehmensberatung Hays bestätigt, dass die Unternehmenskultur direkt zur Mitarbeitendenbindung beiträgt. Diversität spielt dabei eine stetig wachsende Rolle. Je stärker Unternehmen diesen Aspekt in der eigenen Kultur abbilden, desto höher stehen ihre Chance, auf dem umkämpften Arbeitsmarkt gut ausgebildetes Personal für sich zu gewinnen.
Maßnahmen für mehr Sichtbarkeit von Frauen
Sowohl Einzelpersonen als auch Unternehmen sollten sich aktiv für ein Geschlechtergleichgewicht, in der Technologiebranche und darüber hinaus, einsetzen. Dabei kann das Pendel der Vorbildfunktion in beide Richtungen schwingen: Einerseits lassen sich Mitarbeitende von Initiativen ihrer Arbeitgeber zum Mitwirken inspirieren. Andererseits können Mitarbeitende ihre Ideen und Vorschläge für Maßnahmen über verschiedene Kanäle direkt ins Unternehmen tragen. Folgende drei Säulen sind dabei von besonders großer Bedeutung.
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Fürsprache
Wie bei vielen anderen Herausforderungen unserer Zeit müssen sich die Betroffenen Gehör verschaffen. Hier sind Frauen und Männer gleichermaßen gefragt. Vor allem solche, die aufgrund des Berufs ein gewisses Maß an Sichtbarkeit und Strahlkraft mitbringen, können hier wichtige Vorarbeit leisten.
Strippenzieher:innen in der Politik können den Diskurs in unterschiedlichen Gremien leiten, Frauen und Männer in Führungspositionen können das Thema im eigenen Unternehmen auf die Agenda bringen, jede:r einzelne kann eigene Plattformen, wie beispielsweise die Kaffeepause im Büro oder die Karriere-Plattformen LinkedIn und Xing, zur Positionierung von Geschlechtergleichheit nutzen. So schaffen wir initial den Raum, der mit konstruktiven Gesprächsrunden und letztlich der Implementierung von greifbaren Maßnahmen gefüllt werden kann.
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Handeln
Stichwort "Maßnahmen”: Auch lange Diskussionen und öffentliche Auftritte sind nur bedingt förderlich, wenn sie nicht in tatsächlichen Initiativen münden. Dabei stehen Organisationen aller Größen und Fachbereiche unterschiedliche Instrumente zur Verfügung, um die individuellen Herausforderungen zu adressieren. Beispiele dafür sind:
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Interne und externe Mentoring-Programme
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Für Frauen entwickelte Weiterbildungsmöglichkeiten
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Unternehmenseigene Austausch-Formate
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Starthilfe und Zuschüsse für Projekte zur Förderung der Geschlechterdiversität
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Programme an Schulen, um junge Frauen für MINT-Berufe zu begeistern
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Karriereberatungen an Universitäten für Frauen in MINT-Berufen
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Netzwerkformate
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Netzwerk
Gerade das eigene Netzwerk ist ein Faktor, den Frauen jahrelang unterschätzt und vernachlässigt haben. Denn nicht selten ist das eigene Netzwerk der Schlüssel, um Zugang zu spannenden (Führungs-)Positionen zu erhalten. Dabei geht es im Kern nicht darum, durch sogenannte Vetternwirtschaft bei der Besetzung von Stellen unberechtigterweise bevorzugt zu werden. Vielmehr geht es, auch hier, um Sichtbarkeit.
Frauen können sich nun mal nur auf spannende Stellen bewerben, die ihnen bekannt sind und können nur für Stellen empfohlen werden, wenn sie Personen mit einem Draht zu den entsprechenden Entscheider:innen kennen. Das eigene Netzwerk sollte deshalb von Beginn der Karriere gepflegt und kontinuierlich ausgebaut werden. Kontakte können dabei über verschiedene Wege erschlossen werden: Manche sind seit der Schulzeit manifestiert, andere lassen sich über Events und Konferenzen schließen. Wieder andere entstehen durch die Vernetzung zu (ehemaligen) Kolleg:innen.
Kurzum: Netzwerken geht immer und überall. Wichtig ist dabei, Kontakte nicht nur zu "sammeln”, sondern diese aktiv in den Arbeitsalltag einzubinden. Um einen kontinuierlichen Austausch zu gewähren, eigenen sich zum Beispiel feste und regelmäßige Austausch-Formate, egal, ob digital oder in Präsenz. Über LinkedIn oder E-Mail können Kontakte um Rat gefragt oder zu speziellen Happenings eingeladen werden. So entsteht langfristig ein fruchtbares Netzwerk, bei dem man Unterstützung sowohl empfangen als auch teilen kann – eine Win-win-Situation.
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Über die Autorin
Dr. Andrea C. Johnson ist Chief Information Officer bei Pipedrive. Sie blickt auf langjährige Erfahrung in der Leitung von Unternehmens-IT-Strategien und -Operationen zurück und unterstützt die digitale Transformation und die globale Wachstumsstrategie von Pipedrive. Zuvor war Dr. Johnson als VP of Global Business Systems bei Workhuman tätig und verfügt über fast zwei Jahrzehnte Erfahrung als unabhängige Technologieberaterin, die mit globalen Organisationen zusammenarbeitet und sich auf die Durchführbarkeits-, Entwicklungs- und Bewertungsphasen des Lebenszyklus der Systembereitstellung spezialisiert hat.
Dr. Johnson ist eine leidenschaftliche Verfechterin von Frauen in MINT-Berufen und war Vorsitzende und Vorstandsmitglied von Women in Technology and Science Ireland (WITS). Ihr Engagement für die Förderung von Vielfalt und Integration erstreckt sich auch auf die Unterstützung der Women's Refugee-Bewegung als Botschafterin und die Mitarbeit in verschiedenen nationalen Beratungsgremien.
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