Medizin mit KI: Deutsches Startup MySympto
Hilfe ist unterwegs: Entlastung für Notaufnahmen

Ein junges Startup aus Darmstadt schickt sich an, die Diagnostik in den stressgeplagten Notaufnahmen deutscher Krankenhäuser mithilfe einer KI-gestützten Software zu optimieren. Nach Medizinern wollen die Gründer ab Mitte des Jahres auch Investoren überzeugen.

Hinter MySympto aus Darmstadt stecken Nils Bergmann und Elias Hofmann, laut Eigenangabe zwei "Informatiker mit einer Leidenschaft für Medizin". Sie schätzen, dass es in Notaufnahmen etwa 1,2 Millionen Mal pro Jahr zu fehlerhaften Behandlungen kommt – und mithilfe ihrer vielversprechenden Entwicklung soll diese beunruhigende Zahl deutlich nach unten korrigiert werden können.

Konkreter handelt es sich um eine Software zur Entscheidungsunterstützung, die speziell der überlasteten Notfallversorgung in Deutschland zugutekommen soll. Besonders "der redundante und fehleranfällige Aufnahmeprozess neuer Patienten" sorgt demnach für dauergefordertes Personal, lange Wartezeiten und hohe Kosten, weshalb MySympto genau hier ansetzt: Der Aufnahmeprozess soll nicht nur automatisiert, sondern auch verbessert werden, indem eine Künstliche Intelligenz vorhandene Patientendaten sammelt, auswertet und mit einem Leitfaden zur weiteren Behandlung verknüpft.

Diagnose nach Checkliste

Ärzten erlaubt die computergesteuerte Unterstützung einen erneuerten Fokus auf ihre wichtigsten Kompetenzen. Angaben von MySympto zufolge wurde der "innovative, medizinische Assistent" bislang in mehr als 600 Fällen der inneren Medizin auf die Probe gestellt, wobei er "beeindruckende Ergebnisse in Diagnose- und Behandlungsvorschlägen erzielt" hat. Im hektischen Alltag einer Notaufnahme kann er menschlichen Ärzten so zum Beispiel eine Checkliste zur Verfügung stellen, auf der verschiedene Befunde nach Plausibilität geordnet sind. So geraten auch leichter zu übersehende Aspekte garantiert ins Blickfeld des behandelnden Personals.

Branchenbedeutende Fürsprecher kann MySympto, letztes Jahr noch Final-Team des "Hessen Ideen"-Wettbewerbs, schon jetzt für sich verbuchen: "Die Idee von Checklisten unter Einbeziehung der aktuellen Leitlinien mit individuellen Vorschlägen zur weiteren Diagnostik ist grandios, die ersten Auswertungen haben mich begeistert", ist etwa Dr. Hans-Michael Kauerz, Oberarzt der Zentralen Notaufnahme am Uniklinikum Düsseldorf, voll des Lobes.

Knackpunkt Schnittstelle

Gegenüber Gründerszene / Business Insider gehen die beiden jungen Gründer ebenso auf Hürden ein, die ihrer Entwicklung den Weg zu größtmöglicher Effizienz erschweren. Anwendungen mit maschinellem Lernen profitieren von einer großen Datenmenge, die im medizinischen Sektor grundsätzlich zwar gegeben ist - vor allem aufgrund einer weitgehend nichteinheitlichen Art der Speicherung in deutschen Kliniken stellt die Verarbeitung jedoch eine große Herausforderung dar.

Erst vergangene Woche berichteten wir über den AI Trends Report 2024, der speziell Unternehmen mit einer möglichst kompatiblen Schnittstelle zu bereits bestehenden Systemen gute Chancen auf dem Markt ausrechnet. Auf das hiesige Gesundheitswesen bezogen bleibt abzuwarten, wie Anbieter von KI-Lösungen den technischen Flickenteppich in Angriff nehmen oder ob mittelfristig sogar mit einem Entgegenkommen deutscher Kliniken zu rechnen ist.

Engel und Gesellschafter gesucht

Darüber hinaus bestätigt Elias Hofmann im Gespräch mit Gründerszene, dass allein durch die übermenschliche Fähigkeit zur Datenverarbeitung längst noch kein genialer Arzt der Zukunft geschaffen ist. "Die Software kann nur das wissen, was sie schon einmal gesehen hat" und dementsprechend keine Krankheiten entdecken, zu denen es bislang keine zugänglichen Daten gibt. Auch die Feststellung seltener Leiden durch die MySympto-Lösung kann aufgrund dessen erschwert werden.

Nichtsdestotrotz stellt das Vorhaben der Darmstädter womöglich eine interessante Option für Investoren dar: Derzeit finanziert sich MySympto vor allem über ein "Lean Startup Funding", in absehbarer Zukunft ist jedoch eine offizielle Gründung und die Suche nach Business Angels und Venture Capitalists geplant.

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