KUNSTMALER IM INTERVIEW
Adam Karamanlis: "Ich wollte eine Herde voller Individuen – Schafe, neu interpretieren"

| Evi Papadopoulou 
| 23.01.2024

Mit seinen "Schafen" hat der in Düsseldorf lebende Künstler Adam Karamanlis die Welt erobert. Doch der Weg zum erfolgreichen Künstler führte über viele Umwege und Herausforderungen. Im LEADERSNET-Interview sprechen wir über seinen Werdegang als Künstler und seine unkonventionelle Herangehensweise an die Kunstwelt.  Außerdem erfahren wir, welche Verbindung Einstein mit seiner Kunst hat.

LEADERSNET: In den letzten Jahren haben Sie als Künstler großen Erfolg verzeichnet, Ihre Bilder erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und Nachfrage. Herr Karamanlis, waren Sie schon immer ein Künstler?

Adam Karamanlis: Ich denke schon, jedoch war mir das lange Zeit nicht bewusst. Bereits als kleines Kind galt ich als der Künstler - im Kindergarten, der Schule und später im Gymnasium. Ich war schon immer Künstler. Allerdings hatte ich keinerlei Berührungspunkte mit der Kunst. Ich bin in Griechenland auf dem Land aufgewachsen und die einzigen Personen, die mir nahelegten, Maler zu werden, waren meine Lehrer. Ich war jedoch fest davon überzeugt, dass ich verhungern würde, wenn ich Maler werde. So wurde es mir vermittelt. Mir wurde eingetrichtert, dass es sich um eine "brotlose Kunst“ handle, einen Beruf könne man damit nicht ausüben. Trotzdem malte ich einfach gerne, überall und jederzeit. Alles, was mir in die Hände fiel, wurde bemalt. Selbst die Studienbücher meines Onkels wurden von mir verziert, weil sie mir zu textlastig erschienen. Zu dieser Zeit konnte ich nicht wissen, dass man Kunst studieren könnte oder dass es Möglichkeiten gegeben hätte. Niemand stand zur Verfügung, um mich in jungen Jahren zu unterstützen.

LEADERSNET: Das bedeutet, Ihr Weg zum Künstler führte über Umwege?

Adam Karamanlis: Ja, über viele Umwege. Ich habe Bauzeichner gelernt, in der Szene-Gastronomie gearbeitet, Versicherungen verkauft und sogar einige Semester Architektur studiert. Später entdeckte ich den Messebau für mich. Das hatte zumindest etwas Kreatives an sich – mehr Farben, mehr Formen. Mal war es die Buchmesse, mal eine andere Messe, bei der ich mich kreativ austoben konnte. Allerdings war ich auch dort nicht wirklich frei. Wirtschaftliche Vorgaben und festgelegte Konzepte haben die kreative Arbeit oft überschattet.

Dann kam der Punkt, an dem ich realisierte, dass ich das nicht mehr machen konnte; dass ich es nicht mehr machen wollte.

LEADERSNET: Wann war das? Können Sie sich an den Moment erinnern, der Sie dazu bewegt hat zu sagen: Bis hierhin und nicht weiter?

Adam Karamanlis: Das war 2011. Ich war Mitte dreißig, und auf den ersten Blick schien alles in Ordnung zu sein. Ich war erfolgreich in meinem Job. Dennoch fühlte ich mich nie zufrieden oder glücklich. Oft stellte ich mir die Frage: Was willst du eigentlich? Wer bist du überhaupt? Zu diesem Zeitpunkt konnte ich diese Fragen noch nicht beantworten, aber ich wusste zumindest, was ich nicht mehr wollte. Daher kündigte ich meinen Job und kehrte zum Kellnern zurück. Ich wollte meinen Kopf frei bekommen, mehr Zeit für mich haben, vor allem für meine Leidenschaft - das Malen.

Ich begann damit, ein wenig zu kritzeln, zu zeichnen und zu malen - zunächst für mich selbst und dann auch für Freunde und Kollegen, zum Beispiel als Geschenke zum Geburtstag. Es erfüllte mich, zu sehen, dass meine Kunst anderen Freude bereiten konnte. Nach einer Weile hatte ich etwa 20 kleine und große Kunstwerke in einer Ecke meines Zuhauses gesammelt. Immer wenn Besuch kam, wurden die Leute neugierig und fragten: "Was ist das? Wer hat das gemalt?" Anfangs zögerte ich, es jemandem zu zeigen und war selbstkritisch; sagte, dass es nicht so gut sei.

Dann kam der Wendepunkt, als mich ein guter Freund fragte: "Warum machen wir nicht etwas in meiner Zahnarztpraxis?

LEADERSNET: War das dann Ihre erste Ausstellung?

Adam Karamanlis: Zumindest etwas Ähnliches. Es war meine erste Berührung mit diesem Thema; eine Erfahrung, wie Menschen aus meiner Umgebung etwas wahrnehmen, was ich selbst erschaffen hatte. Ich werde nie vergessen, wie ich mich damals fragte: "Was ist eigentlich eine Vernissage?"

Vor elf Jahren hatte ich überhaupt keinen Bezug zur Kunstszene. Null. Ich kannte ein paar bekannte Künstler, wie jeder, beispielsweise Picasso oder Warhol. Aber das war es dann auch. Ich hatte einfach Lust zu malen. Also organisierten wir einen Abend für eine Ausstellung in einer Zahnarztpraxis, wo die Leute normalerweise auf dem Behandlungsstuhl saßen. An diesem Abend standen sie jedoch mit einem Glas Wein in der Hand da und schauten sich meine Kunst an.

Ich erhielt an diesem Abend viel Lob. Lob kannte ich auch von anderen Dingen, die ich vorher gemacht hatte, aber dieses Lob war irgendwie anders.

LEADERSNET: Weil es für Ihre Kunst war?

Adam Karamanlis: Genau, dieses Lob war einfach anders. Es gab mir so viel Selbstbewusstsein, das mir eigentlich in den Monaten davor gefehlt hatte. Und tatsächlich lag ich in der Badewanne und überlegte, was der nächste Schritt sein sollte. Ist das Kunst? Das Schwierigste für mich war, den Weg der Kunst zu gehen, einfach, weil ich überhaupt keine Ahnung davon hatte. Allein das Talent zum Malen reichte dafür nicht aus und die Miete musste auch bezahlt werden. Das war quasi der schwierigste Weg, den ich sah, oder der dunkelste Weg. Dennoch sah ich irgendwie Licht am Ende des Tunnels.

LEADERSNET: Wie ging es dann weiter?

Adam Karamanlis: Ich fing an, auf bestimmte Basics im Leben zu verzichten, wie ein Auto oder teure Kleidung, um stattdessen Farben, Leinwände und ähnliche Gegenstände kaufen zu können. Je mehr ich mich damit auseinandersetzte, desto mehr entdeckte ich mich selbst. In dieser Zeit entdeckte ich Facetten von mir, die schon immer da waren, die aber durch die Dinge, die ich zuvor gemacht hatte, überschattet wurden. Sie hatten keine Energie oder Zeit, um aus mir herauszukommen.

Diese Facetten betrafen nicht nur meine Persönlichkeit, sondern auch meine Interessen und Vorlieben. Ich kann es nicht genau sagen, aber ich habe einfach festgestellt, dass alles, was davor war, nicht mehr von Bedeutung war. Nicht alle Dinge waren schlecht, aber plötzlich interessierten sie mich nicht mehr. Sogar manche Menschen, mit denen ich zu tun hatte, interessierten mich nicht mehr. Ich begann, Menschen interessant zu finden, von denen ich vorher nie gedacht hätte, dass ich etwas mit ihnen zu tun haben würde.

Plötzlich interessierte ich mich für die Kunstszene. Ich las Bücher, schaute Filme und besuchte Galerien und Museen. Vorher bestand meine Freizeit aus Weggehen, Autos, Fußball, et cetera. Jetzt spazierte ich durch Galerien, betrachtete Kunst. Oft verstand ich sie nicht.

LEADERSNET: Welche Rolle spielten Galerien in Ihrer Karriere?

Adam Karamanlis: Am Anfang noch keine. Mich kannte keiner. Ich war nicht von der Kunstakademie. Keine Galerie wollte mich ausstellen. Da entschied ich mich, mich an der Kunstakademie Düsseldorf einzuschreiben. Nicht um Kunst zu studieren, aber zumindest, um Kurse zu belegen, wie Aktzeichnen und Ähnliches. Ich fuhr hin, um 10:00 Uhr sollte es losgehen. Ich war um 09:45 Uhr vor Ort, hatte Jeans und ein Hemd an, einen Pullover und war definitiv overdressed für die Kunstakademie. Es wurde zehn. Der Dozent war nicht da. Die Studenten auch nicht. Um Viertel nach zehn kam der Dozent. Er machte die Tür sauber, hob eine leere Bierflasche vom Boden. Um 10:30 Uhr kamen die anderen. Das war mein erster Eindruck von der Kunstakademie.

Dann ging es irgendwann los. Der Dozent las seine Zeitung und wir sollten ein Nacktmodell innerhalb von fünf Minuten skizzieren. Ich habe das einfach gemacht, und als er meine Skizze sah, sagte er: "Was machst du eigentlich hier? Was sollen wir dir beibringen? Du brauchst uns nicht." Das sollte ein Kompliment sein. Er sagte, ich bräuchte nicht mehr hinzugehen. Geschmeichelt, aber immer noch ohne akademischen Titel verließ ich die Kunstakademie.

LEADERSNET: Was brauchte es denn, um in Galerien ausgestellt zu werden?

Adam Karamanlis: Das musste ich erst einmal herausfinden. Natürlich hatte ich ein paar schöne Bilder, sagen wir mal 20 Stück, bei denen man aber meinen könnte, sie stammen von 20 verschiedenen Künstlern, weil diese Bilder alle unterschiedlich voneinander waren. Sie waren jedoch alle meine Werke. Oft hieß es, ich hätte keinen eigenen Stil gefunden. Aber wie findet man den? Ich habe mich davon allerdings nicht entmutigen lassen.

Ich gab nicht auf. Ich besuchte die Galerien trotzdem, immer und immer wieder. Zufällig fand ich heraus, wo der Galerist eine Pause macht; wo er seinen Kaffee trinkt. Ich ging zufälligerweise auch mal hin, sagte: "Hallo, wie geht es Ihnen? Darf ich Sie zu einem Kaffee einladen?" Ich zückte mein Handy und zeigte ihm unaufgefordert meine Bilder.

Er sagte: "Sie wissen, wir haben namhafte Künstler in der Galerie vertreten. Ich werde Sie mal vorschlagen. In unserem Team. Ich kann aber nichts versprechen. Wir kommen zu Ihnen ins Atelier und suchen uns, wenn es passt, drei, vier oder fünf Bilder bei Ihnen aus. Aber ich sage Ihnen gleich: Natürlich können wir sie, wenn überhaupt, nicht in den vorderen Bereichen ausstellen."

Dann habe ich ihm gesagt: "Sie brauchen nicht extra zum Atelier zu kommen. Ich kann auch mit meinen Bildern in die Galerie kommen. Dann müssen Sie sich nicht extra aufmachen. Ich mache das schon." Denn ich hatte kein eigenes Atelier. Ich habe sozusagen mein Schlafzimmer aufgegeben und es zum Malen genutzt.

Ich habe tatsächlich einen Bus gemietet und die Bilder zur Galerie gebracht. Da standen wir beide nun im Sprinter und betrachteten die Bilder vor der Galerie. Er suchte dann einige aus und fragte mich: "Und wie sind die Preise?" Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Dann machte er irgendwelche Preisvorschläge mit Zahlen, die mir damals etwas astronomisch vorkamen. Ich tat so, als wäre es angemessen.

LEADERSNET: Was war das für ein Gefühl?

Adam Karamanlis: Ich hatte Bedenken, ob die Bilder überhaupt zu solchen Preisen verkauft werden können. Mir fehlte die Vorstellungskraft, dass Bilder für so viel Geld weggehen könnten. Zwei Wochen später erhielt ich den Anruf, auf den ich sehnsüchtig gewartet hatte. Mir wurde mitgeteilt, dass die Bilder bereits in der Galerie hingen. Ich ließ alles stehen und liegen und machte mich auf den Weg.

Die Galerie hatte ihren Sitz sehr zentral in Düsseldorf, gleich an der weltbekannten Königsallee, mit riesigen Schaufenstern. Ja, und ich saß im Auto. Es waren noch 100 Meter bis zur Galerie, aber ich musste an der roten Ampel stehen bleiben. Ich schaute die ganze Zeit in Richtung der Galerie und konnte nicht glauben, was ich da sah: Alle meine Bilder im Schaufenster. Männer heulen nicht - in diesem Moment schon.

Ab dem Tag fühlte ich mich natürlich zwei Köpfe größer. Ja, der Beste von allen. Ein unglaubliches Gefühl. Und ich wollte, dass die ganze Welt davon erfährt. Ich hatte in meinem Leben noch nie eine Zeitung gekauft. Aber an diesem Tag rief ich die Rheinische Post an und sagte: "Ich bin Düsseldorfer Künstler. Sie haben noch nicht über mich geschrieben. Warum nicht?" Man reichte mich weiter zu einem Redakteur, dem ich dann meine Lebensgeschichte erzählen durfte.

Drei Tage später rief er bei mir an und sagte: "Wann können Sie in der Galerie sein? Wir wollen ein Foto mit dem Bild zusammen." Ich zog natürlich meine besten Klamotten an, und zwei Tage später hatte ich eine komplette Seite in der Rheinischen Post.

LEADERSNET: War das der Moment, in dem Ihre Mutter, die dem Ganzen zuvor kritisch gegenüberstand, Ihr Künstlerdasein annehmen konnte?

Adam Karamanlis: Ja, das war einer der besten Momente, weil sie nicht nur den Erfolg sah, sondern vor allem, wie gut es mir ging und dass es mich glücklich machte. Sie sagte dann, "Schön, aber..." (lautes Gelächter). Dieses "Aber" meiner traditionell griechischen Mama motiviert mich noch heute.

Dann ging es los, ich malte und malte. Ich malte auch Auftragsbilder, das Telefon stand nicht mehr still und die ersten Kunstberater standen vor der Tür. Leider stellte ich nach kurzer Zeit schon fest, dass es unter Ihnen auch einige schwarze Schafe gab. Blender. Aufgeblasene Vollidioten.

Ich war so wütend und enttäuscht, dass ich zum Pinsel griff und drauf los malte. Ich malte sechs Typen im Anzug, mit dem Unterschied, dass ich ihnen einen Schafskopf verpasste. Für mich waren sie in dem Moment dumme, schwarze Schafe. Am liebsten hätte ich sie noch mit Namen personalisiert.

Aber bei längerer Betrachtung fand ich langsam gefallen an den Bildern, sie haben in mir etwas ausgelöst: Freude, Humor. Ich amüsierte mich. Sie waren innerhalb einer Woche verkauft.

Und ich sagte zu mir: Schafe spiegeln uns Menschen wider. Wir sind ihnen ähnlich. Auch wir laufen in Herden, werden gelenkt, manipuliert, dies und das wird von uns erwartet und so weiter. Viele Gedanken schwirrten in meinem Kopf. Ich entschied mich dazu, von nun an meine eigene Schafherde zu schaffen. Ich wollte eine Herde voller Individuen – Schafe, neu interpretiert. Schafe, die man als etwas Besonderes betrachtet, in denen man Persönlichkeiten entdeckt.

LEADERSNET: Wie haben die Galerien auf die neuen Schafs-Bilder reagiert?

Adam Karamanlis: Überrascht, irritiert. Es war etwas Neues. Kunst? Wer weiß das schon. Für manche war es sogar Comic. Für manche Galeristen, die es nicht verstanden, auch nur nichtssagende, dekorative Kunst. Das war weder abstrakt, noch konnte man es einer anderen Kunstrichtung zuweisen.

 

LEADERSNET: Es war für die Galeristen nicht greifbar?

Adam Karamanlis: Genau. Aber die Leute. Die Leute haben die Bilder geliebt, sie haben uns die Bilder aus den Händen gerissen. Und die Idee war geboren. Plötzlich hatte ich als Künstler einen Wiedererkennungswert.

Ich verstehe die Galerien zum Teil, auch sie müssen Kosten decken. Von daher verkaufen sie das, was sich mit Sicherheit verkaufen lässt. Deswegen sieht man auch bei jeder Gruppenausstellung mindestens drei Werke von Ücker. Ücker ist 'ne Bank. Aber dadurch bleibt natürlich nicht viel Raum für Nachwuchskünstler. Ich habe mich im Laufe der Jahre auf ein paar wenige, ausgewählte Galerien konzentriert und mir neue Wege der Selbstvermarktung gesucht. Es haben sich viele neue Türen geöffnet. Plötzlich waren meine Bilder international unterwegs, unter anderem auf Kunstmessen wie der ART Karlsruhe. Zu dem Zeitpunkt ein wichtiger Meilenstein für mich.

LEADERSNET: Könnte man sagen, dass Sie mit den Schafen den Durchbruch geschafft haben?

Adam Karamanlis: Zumindest einen ersten großen Durchbruch. Ich hoffe, es werden weitere folgen. Die Menschen identifizieren mich mit dem Thema Schaf. Gewollt oder ungewollt. Es ist so. Ich bekomme dafür viel Zuspruch. Das "müsste man erstmal schaffen“, heißt es.  Ich hätte eine Identität geschaffen.

Ich bekomme Post aus dem Urlaub. Sobald meine Kunden oder Fans irgendwo Schafe sehen, schreiben sie mir "Wir mussten gerade an Dich denken“. Das freut mich natürlich, manchmal muss ich auch schmunzeln. Es rührt mich auf jeden Fall.

LEADERSNET: Sie haben eine Kunstidentität erschaffen. Wie würden Sie Ihre Kunst jetzt beschreiben?

Adam Karamanlis: Kunst ist in meinen Augen kein Schrank mit mehreren Schubladen, auf denen Abstrakt, Expressionismus, Realismus, Fotorealismus, Surrealismus, und was weiß ich was alles steht. Warum muss man meine Kunst in eine bestimmte Schublade stecken? Keine Ahnung. Vielleicht ist das "Adam-ismus" oder was auch immer.

LEADERSNET: Möchten Sie also Ihre Kunst keiner bestimmten Stilrichtung zuweisen?

Adam Karamanlis: Ich möchte sie keiner Stilrichtung zuweisen. Aber ob ich möchte oder nicht möchte, ist im Endeffekt auch nicht so wichtig. Es ist mir nicht wichtig. Mir ist einfach wichtig, dass ich mit dem, was ich tue, Menschen erreiche. Und ich möchte natürlich, dass meine Kunst, ob es nun die Schafe sind oder auch etwas anderes, groß wird. Ich bin Künstler, ich bin nicht festgelegt. Und ich entdecke auch immer wieder neue Facetten an mir.

LEADERSNET: Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Schafe, Ihre Persönlichkeiten aus? Ist es eine Hommage oder Gesellschaftskritik?

Adam Karamanlis: Es ist eine Mischung, es ist eine Portion Gesellschaftskritik. Aber auch Menschen, die etwas in mir bewegt haben, die ich auch bewundere. Und schon Albert Einstein sagte: "Um ein tadelloses Mitglied einer Schafherde zu sein, muss man vor allem ein Schaf sein".

LEADERSNET: Woher holen Sie sich Ihre Inspiration?

Adam Karamanlis: Das ist unterschiedlich. Es sind Momente, es kann Musik sein, ein Gespräch, Ereignisse, Emotionen.

LEADERSNET: Wie sieht der kreative Prozess bei Ihnen aus? Wie entstehen Ihre Bilder?

Adam Karamanlis: Der Kopf muss frei sein. Das ist nicht immer einfach. Und manchmal entstehen Ideen auch ganz unbewusst. Die sind dann plötzlich in meinem Kopf. Und die kommen dann vielleicht erst Wochen später, wenn ich Ruhe habe, zum Vorschein. Und dann denkst Du: "Ok, das ist mein nächstes Bild". Aber es entsteht nicht unmittelbar, manchmal braucht es Zeit. Manchmal sind es Wochen, vielleicht auch Monate, in denen ich an einem Bild arbeite.

LEADERSNET: Wie gehen Sie mit kreativen Blockaden oder Herausforderungen während des Schaffensprozesses um?

Adam Karamanlis: Früher dachte ich, dass jeder Tag etwas Positives bringen müsse und versuchte, keinen Tag als verloren anzusehen. Selbst an Tagen, an denen ich keine Lust hatte, habe ich weitergemacht, um den Tag nicht "verloren" zu haben. Produktivität war für mich entscheidend. Aber der größte Fehler war, zu denken, dass solche Blockaden nicht zum kreativen Prozess gehören. Jetzt verstehe ich, dass es wichtig ist, in dem Moment zu handeln, wie es einem gerade liegt. Wenn ich das Bedürfnis habe, drei Tage lang nichts zu tun, dann mache ich das. Mittlerweile freue ich mich sogar, wenn ich eine Blockade habe, weil ich weiß, dass die Sonne danach wieder aufgeht, ähnlich wie nach einem Sturm. Dann ist sie da, die Inspiration. Am Ende entsteht dabei ein Bild, das mich selbst überrascht und verblüfft. In dem Moment habe ich das Gefühl, dass das Bild zu Ende ist. Dann ist es gut. Dann kann ich es der Welt zeigen.

LEADERSNET: Welche Botschaft oder Emotionen möchten Sie mit Ihren Bildern vermitteln?

Adam Karamanlis: Die Emotionen überlasse ich dem Betrachter. Während des Schaffensprozesses ändert sich meine Stimmung täglich. Meine Bilder zeigen verschiedene Szenen, Persönlichkeiten und Emotionen, aber alle tragen dieselbe Message: Wir sind den Schafen sehr ähnlich und es bedarf nur kleiner Nuancen, um uns zu unterscheiden. Ich überlasse es den Betrachtern, welche Emotionen sie in meinen Werken entdecken. Zum großen Teil ist es so: Die Menschen sehen nicht unbedingt auf den ersten Blick das, was ich eigentlich zeigen möchte. Ein gutes Beispiel dafür ist, als ich einmal König Ludwig, den Sonnenkönig, gemalt habe. Das Bild schafft es in die ARD und hat an über 20 Ausstellungen teilgenommen, bevor ich mich entschieden habe, es zu verkaufen. Die erste Ausstellung fand auf der Art Karlsruhe in Nürnberg statt, der zweitgrößten Kunstmesse in Deutschland. Wie viele Menschen haben dieses Bild wahrgenommen? Wie viele haben sich intensiv damit auseinandergesetzt? Wie viele haben gesagt: "Wow!" Viele dachten, es sei eine Collage. Und plötzlich entdeckten sie, dass alles gemalt ist. Das Bild zeigt den damaligen Sonnenkönig in der heutigen Zeit, seine Dekadenz und seine Art, sich zu kleiden und zu präsentieren.

Hätte er heute gelebt, was würde er tragen? Deshalb trägt er verschiedene bekannte Markenlabels, die es heute gibt und zeigt damit seinen Status. Viele Menschen sehen in diesem Bild zunächst Chanel, Gucci und so weiter. Auf den zweiten Blick erkennen sie, dass es nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick erscheint.

LEADERSNET: Sie haben sich bereits mehrfach an sozialen Projekten beteiligt und verschiedene Kunstwerke unter anderem für Charity-Auktionen gespendet. Warum ist Ihnen soziales Engagement so wichtig?

Adam Karamanlis: Es gibt unzählige Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind und für mich stellt die Nutzung meiner Kunst zur Generierung finanzieller Mittel für wohltätige Projekte eine äußerst erfüllende Form der Unterstützung dar. Die Teilnahme an derartigen Veranstaltungen ist für mich eine Ehre. Es ermöglicht mir nicht nur, meine Kunst zu präsentieren, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zu leisten. Ich bin zutiefst dankbar dafür, dass meine Kunst dazu beitragen kann, Gutes in der Welt zu bewirken.

LEADERSNET: Wie navigieren Sie als Künstler durch die Herausforderungen des Kunstmarktes?

Adam Karamanlis: Es ist wichtig zu betonen, dass es nicht ausreicht, allein talentiert zu sein und dass es nicht ausschließlich um die Kunst selbst geht. Der Kunstmarkt unterliegt seinen eigenen Regeln und es erfordert einen Balanceakt, authentisch zu bleiben und gleichzeitig im Kunstmarkt erfolgreich zu agieren. Künstler müssen bewusste Entscheidungen darüber treffen, welchen Weg sie einschlagen möchten. In meinem Fall habe ich das Glück, dass meine "Schafe“ für sich selbst sprechen.

LEADERSNET: Welchen Rat würden Sie jungen Künstlern mit auf den Weg geben?

Adam Karamanlis: Sich treu zu bleiben und die eigene Leidenschaft zu verfolgen, unabhängig von konventionellen Erwartungen oder Trends. Erfolg ist nicht nur durch bestimmte Wege oder Institutionen definiert, sondern durch die Authentizität und die Hingabe zu seiner Kunst. Und manchmal muss man auch einfach den ersten Schritt tun, um die Anerkennung zu bekommen, die man verdient.

LEADERSNET: Wie viel Unternehmer steckt in Ihnen als Künstler?

Adam Karamanlis: So viel, dass ich davon meine Miete bezahlen und für meine Lieben sorgen kann. Ich lege keinen Wert auf Statussymbole, trage keine teure Uhr und fahre keinen luxuriösen Wagen, auch wenn ich es mir heute leisten könnte. Das war nie mein Ziel. Dennoch muss ich schmunzeln, wenn Kunden bei der Vernissage denken, ich wäre der Galerist und nicht der Künstler, wenn sie mich sehen. Ich scheine zumindest wie einer zu wirken.   

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