LEADERSNET: Der Europa-Park gilt als sehr innovativ. Besonders im Bereich der Digitalisierung sind Sie Vorreiter. 2015 gründeten Sie Ihr Unternehmen VR-Coaster. Stichwort: Virtual Reality im Park: Geht der Trend weg vom analogen Erlebnis?
Michael Mack: Virtuelle Realitäten spielen insbesondere in der Unterhaltungsbranche eine immer wichtigere Rolle. Dort werden Erfahrungen spürbar, die in der Wirklichkeit schlicht nicht möglich sind. In Bezug auf unser Tochterunternehmen VR Coaster bedeutet das z.B., dass eine Achterbahnfahrt mit VR-Brille zu einem ganz neuen Erlebnis wird, bei gleichbleibendem Streckenverlauf. Dadurch sind wir in der Lage, unseren Gästen immer wieder etwas Neues und Überraschendes zu bieten. Gerade das Angebot „Coastiality“ – also die Achterbahnfahrt mit VR – macht aber deutlich, dass es nicht darum geht, das analoge Erlebnis durch VR zu ersetzen. Vielmehr geht es darum, das Angebot zu erweitern und das Potenzial zu vergrößern.
LEADERSNET: Die Virtual-Reality-Angebote sind mit Zusatzkosten für die Besucher:innen verbunden. Werden diese trotzdem angenommen?
Michael Mack: Unsere Gäste schätzen das zusätzliche Angebot, das wir ihnen machen. Natürlich besteht auch weiterhin die Möglichkeit, den Europa-Park oder die Wasserwelt Rulantica ganz analog zu erleben. Vor allem unsere Stammgäste und treuen Fans freuen sich aber, mit VR auch immer etwas Neues zu entdecken.
LEADERSNET: Gibt es hier – über die Jahre gesehen – einen Zuwachs?
Michael Mack: Wir spüren deutlich, dass viele Besucher inzwischen sehr offen sind für virtuelle Erlebnisse. Noch vor einigen Jahren waren es vorrangig technikaffine, junge Menschen, die unsere VR-Angebote genutzt haben. Mittlerweile gibt es viele Großeltern mit ihren Enkeln, die Coastiality ausprobieren und begeistert sind. Seit 2015 gab es mehr als 40 Millionen Fahrten weltweit mit unserem Coastiality-Angebot in Zusammenarbeit mit unserem Tochterunternehmen VR Coaster. Das zeigt uns, dass viele Gäste bereit sind, sich auf VR-Erlebnisse einzulassen.
LEADERSNET: In der Virtual Line können sich Besucher:innen Plätze in den Attraktionen zu einer bestimmten Uhrzeit reservieren, ohne sich lange in die Schlange zu stellen. Sind weitere digitale Projekte geplant, um die Besucherströme im Park zu lenken?
Michael Mack: Unsere VirtualLine hat sich in den letzten Jahren wirklich bewährt und ist bei den Besuchern sehr beliebt. Wir haben auch bereits das Angebot der Attraktionen, an denen man sich virtuell anstellen kann, erweitert. Darüber hinaus können sich die Gäste beispielweise während ihres Besuchs in der Europa-Park & Rulantica App über die aktuellen Wartezeiten an den Attraktionen informieren, um gezielt Fahrgeschäfte mit geringerer Wartezeit anzusteuern. Natürlich prüfen wir stets die Möglichkeiten, unser Angebot zu verbessern. Ein wichtiger Teil davon ist auch der Ausbau digitaler Anwendungen, um den Aufenthalt noch angenehmer zu machen.
LEADERSNET: Die deutsche Wirtschaft ist eher zurückhaltend, wenn es um Investitionen ins Metaverse geht. Sind Sie das Gegenbeispiel?
Michael Mack: Als Familienunternehmen denken wir bereits jetzt darüber nach, wie zukünftige Generationen weiterhin wirtschaftlichen Erfolg mit unserem Geschäftsmodell haben. Nachhaltiges und zukunftsorientiertes Planen ist daher essentiell für uns. Eine Auseinandersetzung mit den Chancen des Metaverse ist für uns selbstverständlich, auch wenn noch nicht klar abzusehen ist, wann und in welcher Weise sich das Metaverse etablieren wird. Aktuell ist der Begriff ja noch sehr offen und viel diskutiert. Aber bereits jetzt findet ein großer Teil unseres Lebens in der digitalen Welt statt. Allgemein ist man in Deutschland leider sehr zurückhaltend in Bezug auf das Metaverse und die Auseinandersetzung mit digitalen Zukunftstechnologien. Gerade in Familienunternehmen bemerke ich aber eine Aufgeschlossenheit und einen Willen, sich auch auf weniger bekanntes Terrain zu begeben und neue Wege zu gehen.
LEADERSNET: Ist es denkbar, im Metaverse einen Europa-Park zu kreieren, so dass die Menschen den Park auch zu Hause virtuell und in all seiner Vielfalt erleben können?
Michael Mack: Wir sind bereits in den vergangenen Jahren wichtige Schritte gegangen, um das Europa-Park Erlebnis-Resort zu unseren Gästen nach Hause zu bringen. Wir haben unsere Charakter in Hörspielen und Büchern zu den kleinen Besuchern gebracht, haben bestehende und neue Attraktionen in einer eigenen Romanreihe mit spannenden Geschichten verwoben und mit VEEJOY haben wir sogar eine eigene Streaming-Plattform auf den Markt gebracht. Dabei konnten wir jüngst einen großartigen Meilenstein erreichen: VEEJOY hat bereits mehr als eine Million Nutzer, die unsere vielseitigen Produktionen im eigenen Wohnzimmer verfolgen. Darüber hinaus haben wir aber selbstverständlich auch in der Zukunft noch viele Ideen, wie wir unsere Geschichten zu den Menschen nach Hause bringen können.
LEADERSNET: Mit Kroatien eröffnen Sie 2024 einen neuen Themenbereich. Sind bei der Achterbahn Innovationen geplant, die es so noch nicht gibt?
Michael Mack: Herzstück des neuen Kroatischen Themenbereichs ist die Achterbahn „Voltron Nevera powered by Rimac“ unseres Stammhauses MACK Rides in Waldkirch. Unsere Ingenieure und Designer haben sich selbst übertroffen und einen Coaster entwickelt, der zu den innovativsten seiner Art weltweit zählt. Mit einer Länge von 1385 Metern ist die Achterbahn der längste Multi Launch Coaster des Kontinents und hält mit drei Beschleunigungsabschnitten den Rekord in Europa. Der Stryker-Coaster Voltron Nevera wird einen Geschwindigkeitsrausch der besonderen Art bieten. Die 14. Achterbahn des Europa-Park verfügt über knapp 300 Statoren, die die Züge gleich vier Mal katapultartig auf bis zu 90 km/h beschleunigen werden, davon einmal rückwärts.
LEADERSNET: Erhoffen Sie sich, durch Neuheiten im Park neue Besucher:innen zu generieren – oder Stammkunden zu halten?
Michael Mack: Sowohl als auch. Rund 80 Prozent unserer Besucher kommen zum wiederholten Mal zu uns – unsere Stammgäste weiterhin mit Neuem zu begeistern, ist also ein wichtiger Baustein unseres Erfolgs. Aber auch neue Gäste anzulocken und von unserem Angebot zu überzeugen, ist unser Ziel. Dass uns das gelingt, zeigen die Zahlen. Im Jahr 2022 kamen zum ersten Mal mehr als sechs Millionen Besucher in das Europa-Park Erlebnis-Resort. Sehr viele Gäste kommen inzwischen auch für einen Kurzurlaub zu uns – wir verfügen über sechs 4-Sterne (Superior) Hotels, die Wasserwelt Rulantica und vieles mehr. Das lockt Gäste aus aller Welt an. Erst vor wenigen Wochen wurden wir zu Deutschlands beliebtestem Reiseziel gewählt.
LEADERSNET: New Work ist in aller Munde. Geht das im Freizeitpark überhaupt?
Michael Mack: Der Europa-Park setzt auf eine Vielzahl unterschiedlicher Rekrutierungsmaßnahmen, darunter attraktive Arbeitszeitmodelle zur bestmöglichen Erfüllung der individuellen Bedürfnisse im Rahmen der gewünschten Flexibilität. Unser Unternehmen darüber hinaus ein hervorragendes Beispiel, das gerade junge und motivierte Menschen schneller als in anderen Branchen aufsteigen können und Verantwortung übernehmen. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele über alle Unternehmensbereiche hinweg, sowohl in den operativen wie auch administrativen Bereichen. Es gibt mehr als 700 Arbeitszeitmodelle für die größtmögliche Flexibilität. Außerdem bietet der Europa-Park zahlreiche Vorzüge für unsere Mitarbeiter, z.B. das Jobrad, Mitarbeiterwohnungen in unmittelbarer Nähe zum Arbeitsplatz, attraktive Rabattaktionen bei unseren Kooperationspartnern und vieles mehr.
LEADERSNET: Bei Ihnen arbeiten Menschen aus vielen Nationen. Gelebte Diversität?
Michael Mack: Aktuell sind unter den Mitarbeitenden im gesamten Erlebnis-Resort 104 Nationen vertreten. Das ist ein großartiges Zeichen interkultureller Zusammenarbeit. Als Honorarkonsul der Republik Frankreich setze ich mich insbesondere für die bilateralen Beziehungen zu unserem Nachbarland ein. Das Dreiländereck mit Deutschland, Frankreich und der Schweiz, in dem wir uns befinden, hat enormes wirtschaftliches Potenzial durch den grenzüberschreitenden Austausch. Aus diesem Grund habe ich im September 2023 das „RheinForum 182“ als Wirtschaftsforum in Rust initiiert. Dort wurde deutlich, welche Chancen in der Zusammenarbeit im Dreiländereck stecken.
LEADERSNET: 2022 war für Sie eine Rekordsaison – mit sechs Millionen Besucher:innen. Gibt es bereits Prognosen für 2023?
Michael Mack: Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der diesjährigen Saison im gesamten Erlebnis-Resort. Genaue Prognosen können wir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht machen.
LEADERSNET: Der Fachkräftemangel ist groß – auch in Ihrem Unternehmen?
Michael Mack: Wie zuvor schon erwähnt, bietet der Europa-Park verschiedene Vergünstigungen und Anreize für Mitarbeiter. Jahr für Jahr kommt außerdem neuer Personalwohnraum dazu. Aktuell können wir mehr als 1.200 Mitarbeitern Wohnraum bieten. Ganz besonders in der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland spielen Personalwohnungen eine zentrale Rolle. Das betriebliche Gesundheitsmanagement unter der Leitung meiner Frau Miriam Mack ist ein weiterer Anreiz ebenso wie unsere interne Akademie für Fortbildungen und Qualifizierungs-Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen.
LEADERSNET: Als Familienunternehmen ist der Übergang zwischen den Generationen besonders wichtig, wie gelingt Ihnen das?
Michael Mack: Meine Schwester Ann-Kathrin, mein Bruder Thomas und ich bilden bereits die achte Generation im Familienunternehmen. Eine besondere Stärke unserer Zusammenarbeit besteht darin, dass wir von der Erfahrung der vorangegangenen Generation lernen und unsere Elterngeneration uns gleichzeitig das Vertrauen schenkt, neue Ideen zu entwickeln. So gelingt es uns, das Geschäftsmodell in einer Kombination aus Tradition und Innovation erfolgreich weiterzuführen.
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