"Wenn die KI von Spotify unseren Musikgeschmack erkennen kann, warum dann nicht auch unsere Ernährung?"

Im LEADERSNET-Interview spricht Vanessa WestphalStrategin und Mitgründerin von Choosy über Lebensmittelverschwendung und deren Auswirkung auf die Umwelt und wie ihr Unternehmen Nutzer:innen zu einem sparsamen und gesundheitsbewussten Essverhalten verhelfen soll. 

Nachhaltigkeit und die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung sind heute mehr denn je wichtige Themen, die weltweit Aufmerksamkeit erregen. Die Lebensmittelverschwendung hat nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt, sondern auch auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung. Glücklicherweise gibt es mittlerweile eine wachsende Bewegung, die sich für Nachhaltigkeit einsetzt und innovative Lösungen zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung entwickelt.

LEADERSNET: Frau Westphal, vielen Dank, dass Sie sich zu diesem Interview bereiterklärt haben. Dürfte ich Sie um eine kurze Vorstellung Ihres Unternehmens und des Gründungsteams bitten?

Vanessa Westphal: Gerne, wir sind drei Mitgründer: Julius Kuschke, der Designer, Hauke Jäger, der Programmierer und ich, Vanessa Westphal, die Strategin. Bei der Gründung haben wir uns zum Ziel gesetzt, gesunde, klimafreundliche Ernährung zur einfachsten Wahl zu machen. Wir haben uns -tatsächlich sogar unabhängig voneinander- mit dem Thema Ernährung auseinandergesetzt und alle drei gemerkt: Da muss sich etwas ändern. Unsere Ernährungsweise macht nicht nur unseren Planeten, sondern auch uns als Menschen krank. Viele Leute wissen das und möchten etwas ändern, aber schaffen es im Alltag nicht: Ganze 79 Prozent möchten sich besser ernähren, aber nur 10 Prozent der Leute behaupten, dass sie dies auch im Alltag umsetzen können. Diese Lücke zwischen Intention und Verhalten wollten wir schließen und haben uns gefragt: Wenn die KI von Spotify unseren Musikgeschmack erkennen kann, geht das dann auch für Ernährung? Und können wir eine Lösung entwickeln, die uns tatsächlich dabei hilft, langfristig bessere Essensentscheidungen zu treffen? Die Antwort lautet ja.

LEADERSNET: Was genau steckt nun hinter der App?

Vanessa Westphal: Choosy macht gesunde, klimafreundliche Ernährung zur einfachsten Wahl. Dabei bietet die App den gleichen Komfort wie eine Kochbox und ist dabei 40 Prozent günstiger. Außerdem ist Choosy vollständig personalisierbar und ermöglicht es, jedes beliebige Rezept in den Wochenplan zu integrieren - ob Food Influencer Rezept oder Lieblingsrezept von der Oma. Was oberflächlich betrachtet aussieht, wie eine simple Food App ist ein ausgeklügeltes, technisches System: Eine Alltagshilfe ausgestattet mit einer KI, die den persönlichen Geschmack lernt und dabei hilft bessere Essensentscheidungen zu treffen. Im Gegensatz zu allen Firmen, die Rezepte-Webpages oder Food Apps machen, verstehen wir uns nicht als Food Firma, sondern als Tech Firma. Wir haben keine:n einzige:n Rezeptentwickler:in eingestellt. Wir wissen, dass es Milliarden von Rezepten gibt. Die Auswahl ist nicht das Problem, sondern das richtige Rezept zum richtigen Zeitpunkt vorzuschlagen, damit jede:r seine/ihre persönlichen Ziele erreichen und dabei trotzdem lecker essen kann.

LEADERSNET: Wie lange hat es gedauert, bis Ihre App reif für den Markt war?

Vanessa Westphal: Das kommt drauf an, um welchen Teil der App es geht. An der künstlichen Intelligenz haben wir lange gearbeitet - auch schon vor der Gründung der Firma. An der App und dem Design haben wir ein Jahr gearbeitet. Nach einem halben Jahr konnten wir bereits einen Prototypen für Beta-Testnutzer:innen herausbringen. Aber natürlich endet die Arbeit nie und wir entwickeln unser Produkt kontinuierlich weiter.

LEADERSNET: Fallweise wird Choosy als "das Spotify für Ernährung bezeichnet". Wie funktioniert die App genau und welche Rolle spielt hier die künstliche Intelligenz?

Vanessa Westphal: Die Basis für die KI von Choosy war tatsächlich der Spotify "Discover Weekly"-Algorithmus, der den persönlichen Musikgeschmack lernt. Essensgeschmack ist allerdings deutlich komplexer, da es da auf die Kombination von verschiedenen Zutaten miteinander ankommt. Ernährung ist schließlich ein sehr persönliches Thema. Bei der Choosy-KI kommen dann aber noch weitere Faktoren ins Spiel: Gesundheit (Nährwertverteilung über die Woche), Nachhaltigkeit (CO2- und Wasserverbrauch) und alltagsrelevante Aspekte (verfügbares Einkaufsbudget, Unverträglichkeiten, geschmackliche Präferenzen und Kochzeit). Aus all diesen Aspekten erstellt die KI einen personalisierten Plan. Wer geplante Gerichte ändern will, kann dies durch einfaches "swipen" tun und gibt damit der KI zusätzliches Feedback.

Der Gesundheits- und der Nachhaltigkeitsscore verändern sich in Echtzeit und geben Transparenz über die getroffenen Entscheidungen und verbinden Information mit Spaß. Der "Clou" an der ganzen Sache ist, dass Choosy so dabei hilft, die individuellen Essensentscheidungen zu verbessern - ganz allmählich über die Zeit und ohne, dass es sich anfühlt wie eine Diät. Unsere KI generiert bereits Millionen von Rezeptbewertungen im Monat und die Ergebnisse zeigen, dass das Konzept aufgeht.

LEADERSNET: Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie und welchen Einfluss hatte sie bei der Programmierung der App?

Vanessa Westphal: Wir verstehen Nachhaltigkeit breit - im Sinne der SDGs. Unser Ernährungssystem krankt an so vielen Stellen und sorgt nicht nur für ein Drittel aller CO2 Emissionen und zerstört unsere Biodiversität, sondern trägt auch massiv zu den gesundheitlichen Problemen jedes einzelnen von uns bei. Wir adressieren mit Choosy daher folgende Punkte: Gesundheit und Wohlergehen, Nachhaltiger Konsum, Maßnahmen zum Klimaschutz.

LEADERSNET: Mit welchen Herausforderungen waren Sie in Bezug auf Ihr Produkt konfrontiert?

Vanessa Westphal: Die größte Herausforderung ist, dass wir (noch) keine richtige Bezeichnung für die Kategorie gefunden haben, die wir mit unserer App bedienen. Choosy wird auf den ersten Blick oft als Food- oder Rezepte-App eingeordnet, dabei ist das gar nicht unser Ansatz. Choosy ist eine Alltagshilfe für personalisierte Ernährung. Wir verstehen uns als Tech Firma - die Rezepte machen Andere. Für uns ist es letztendlich irrelevant woher die Rezepte kommen, ob von Food Influencer:innen oder aus dem Kochbuch der Oma, wichtig ist, dass unsere Nutzer:innen es schaffen, ihre Ernährungsziele zu erreichen und sich dank Choosy besser ernähren.

LEADERSNET: Wie konnten Sie Investor:innen von der App überzeugen?

Vanessa Westphal: Wir haben Investor:innen an Bord, aber unser Ziel ist es nicht, möglichst schnell viel Kapital einzusammeln. Stattdessen planen wir eine profitable Firma aufzubauen, die nachhaltig wächst und das Leben von Millionen von Menschen verbessert. Der Fokus liegt für uns dabei immer auf dem Produkt und unseren Nutzer:innen. Ich denke, das ist auch ein guter Weg, Investor:innen zu überzeugen. Interessanterweise schätzen unsere Investor:innen und Nutzer:innen die gleichen Dinge: Die Alltagstauglichkeit der App, die für echte Zeit- und Geldersparnis sorgt, gepaart mit dem immensen Impact Potenzial für die persönliche Gesundheit und die des Planeten.

LEADERSNET: Welche Zielgruppe möchten Sie mit Ihrem Produkt ansprechen?

Vanessa Westphal: Mit Choosy richten wir uns an Menschen, die sich besser ernähren möchten, es aber im Alltag nicht umgesetzt bekommen. Diese sogenannte "Attitude-Behaviour-Gap" ist gerade im Ernährungsbereich besonders groß. 79 Prozent der Menschen möchten sich gerne gesund ernähren, aber nur 10 Prozent der Menschen in Deutschland behaupten von sich, dass sie das tatsächlich auch schaffen. Und diese Lücke schließen wir mit Choosy. Wir haben festgestellt, dass dies vor allem an drei Faktoren liegt: Geringe verfügbare Zeit im Alltag, Preissensitivität bei Lebensmitteln und der Irrglaube, dass gesundes Essen nicht schmeckt. Aus diesem Grund hilft Choosy Zeit und Geld beim Einkauf zu sparen.

Der Clou an der Sache ist jetzt doch die künstliche Intelligenz, die lernt, was einem schmeckt und basierend auf den persönlichen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen wie Budget und verfügbarer Zeit zum Kochen, den bestmöglichen Essensplan zusammenstellt. Das ganze funktioniert natürlich nicht nur für Individuen, sondern auch für ganze Haushalte. Insbesondere junge Familien sind begeisterte Power-Nutzer:innen von Choosy.

LEADERSNET: Welche Marketingmaßnahmen nutzen Sie, um die Bekanntheit von Choosy zu steigern?

Vanessa Westphal: Wir glauben, dass das Wichtigste für erfolgreiches Marketing ein gutes Produkt ist und setzen daher explizit auf organische Kanäle und Empfehlungs-Mechanismen, die im Produkt integriert sind. Inbesondere Letztes werden wir in Zukunft noch weiter ausbauen. Im Hinblick auf organisches Wachstum setzen wir aktuell vor Allem auf AppStore Optimierung und Search Engine Optimization - damit wird dort gefunden werden, wo Menschen aktiv nach Lösungen suchen. Außerdem testen wir immer mal wieder bestimmte USPs über Performance Marketing beispielsweise mit GoogleAds.

LEADERSNET: Welche Tipps haben Sie für weitere Start-Up-Gründer:innen?

Vanessa Westphal: Kurz und knapp: Einfach machen. Und wenn etwas schief geht: Daraus lernen und weitermachen. Außerdem ist eine gute Priorisierung wichtig, um den richtigen Fokus zu haben. Es ist simpel, aber dennoch vergisst man es im Alltag leicht: Immer die Kund:innen und das Produkt den Vordergrund stellen und darauf basierend priorisieren.

LEADERSNET: Welche "Lessons Learned" waren für Sie besonders lehrreich?

Vanessa Westphal: Wir lernen jede Woche, vermutlich sogar jeden Tag dazu. Manchmal sind die Learnings kleiner, manchmal größer. Am meisten überrascht es mich, immer wieder zu sehen, wie weit man mit einem kleinen, perfekt abgestimmten Team kommen kann. Lessons Learned sind in der Regel sehr individuell, daher kann ich keine pauschal gültige Antwort geben außer den Tipp, dass es sich lohnt die Zeit zu investieren um zu lernen.

LEADERSNET: Was würden Sie sich für die Zukunft Ihres Unternehmens wünschen?

Vanessa Westphal: Ich wünsche mir, dass wir mit Choosy nicht nur ein nachhaltig wachsendes, profitables Unternehmen aufbauen können, sondern auch einen messbaren Beitrag zur Verbesserung des Ernährungssystems leisten können - für Mensch und Planet.

 www.choosy.de 

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