Jedes Jahr, trifft sich ein Analysten-Team vom Financial Stability Board (FSB) in Basel, um festzustellen, welche Banken der Welt die wichtigsten sind. Ausgestattet mit seitenlangen Geschäftsberichten und Finanzdaten ordnen sie Banken aus allen Teilen der Welt nach fünf Dimensionen: Größe, Vernetzung, Substituierbarkeit, Komplexität und grenzübergreifende Aktivität.
The bigger the better
Bei der Größe ist es einfach: Je größer die Bilanz, desto mehr Punkte erzielt die Bank. Die größten Banken der Welt sind Chinesen. Sie belegen in dieser Indexkomponente die ersten drei Plätze. Vernetzung, Substituierbarkeit und Komplexität lassen sich schwerer beurteilen, daher hat das Team einige Indikatoren für deren Einschätzung entwickelt.
Für die Vernetzung betrachten sie Bilanzpositionen innerhalb der Finanzindustrie, etwa Kredite an andere Banken und Einlagen von diesen. Zur Ersetzbarkeit prüfen sie das Zahlungsvolumen und die im Namen der Kunden gehaltenen Vermögenswerte. Zur Komplexität betrachten sie den Handel mit Wertpapieren, Derivaten und das Engagement in Vermögenswerten, die schwer zu bewerten sind. Seit jeher ist eine Bank in diesen drei Dimensionen die Nummer eins: JPMorgan.
Obwohl sie weder die größte Bank der Welt noch die mit den stärksten grenzübergreifenden Aktivitäten ist – wo sie hinter HSBC, Citigroup und einem Trio europäischer Banken den sechsten Platz einnimmt – wird JPMorgan stets als die wichtigste Bank bezeichnet. Das Team, das die Analyse durchführte, ordnet Banken in Gruppen mit ähnlicher Bedeutung ein. Darunter finden sich HSBC, Citigroup und Bank of America zusammen, aber ganz oben finde sich: JPMorgan.
Bittersüße Ehre
Zur wichtigsten Bank der Welt gekrönt zu werden, ist etwas bittersüß. Einerseits signalisiert es, dass Sie über die Art "Wettbewerbsvorteil" verfügen, den sich alle Unternehmen wünschen – die Erkenntnis, dass Ihr Unternehmen nicht einfach repliziert werden kann. Allerdings bringt es verschiedene Nachteile mit sich, weshalb Gewinner dazu neigen, die Ehre herunterzuspielen. So sagte JPMorgan noch nie: "Wir sind die wichtigste Bank der Welt."
Ein Nachteil ist die politische Aufmerksamkeit, die wichtigen Banken zuteilwird. Viele politische Entscheidungsträger sind von der Finanzkrise 2008 gezeichnet und befürchten das Risiko, die größten Banken erneut mit öffentlichen Mitteln absichern zu müssen. Sie schimpfen gegen Banken, die zu groß sind, um scheitern zu können, und setzen sich regelmäßig dafür ein, dass ihnen die Flügel gestutzt werden.
Mehr Beschützer als Rivale
JPMorgan stellt eine starke Verteidigung dar. Es wird argumentiert, dass die Höhe der Liquidität und des Kapitals, über die das Unternehmen verfügt, die Notwendigkeit einer staatlichen Hilfe unwahrscheinlich mache. Sie positioniert sich auch eher als Beschützer denn als Rivale der kleineren Banken, die von besorgten politischen Entscheidungsträgern bevorzugt werden.
"Wir sind einer der größten Banker in Amerika für Regional- und Gemeindebanken", schreibt JPMorgan-CEO Jamie Dimon in seinem neuesten Aktionärsbrief. "Wir betreuen rund 350 der über 4.000 amerikanischen Banken im ganzen Land." Dies soll Entscheidungsträger davon abhalten, gegen diese "Too big to fail"-Finanzinstitute vielfach angestrengte Reformen durchzusetzen.
www.jpmorgan.com
www.fsb.org
Kommentar schreiben