Fake News und Info-Konfettis: Das irreführende Rauschen

Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen über die Mechanismen der Desinformation und wie man ihr entgegenwirken kann.

Desinformation und Fake News – und inwiefern sind sie eine Bedrohung und wie können wir dagegen arbeiten? Diesen Fragen geht der Medienwissenschaftler Professor Bernhard Pörksen im Gespräch mit Ralf Caspary vom SWR nach. Seine Befunde, kurz zusammengefasst:

  • Desinformation verschmutzt die Infokreisläufe und ist potenziell bedrohlich. Das habe sich beispielsweise bei Corona gezeigt.
  • Fake News können unsere Demokratien bedrohen. Sie begünstigen den Aufstieg von Populisten und schaffen eine neue Art von Misstrauenskultur. Anfällig für Fake News sind Menschen quer durch alle Schichten.
  • Autokratische Systeme wollen eine Form von digitalem eisernem Vorhang errichten und gleichzeitig in die Netze des Westens hineindringen.
  • Das Extremereignis ist die große Stunde der Falschmeldung, weil wir in dieser Zeit besonders gewissheitsbedürftig sind: Bsp. Selenski erklärt in den ersten Tagen des Ukraine-Kriegs in einem Deep Fake-Video die angebliche Kapitulation auf einer gehackten ukrainischen Website.
  • Eine riesige Desinformationsschleuder ist im Gange, bei TikTok etwa (das er als Echtzeitfernsehen im Schnipselformat bezeichnet) werden permanente Nonsens-Darstellungen gepostet, wodurch ein irreführendes Rauschen entsteht, herumwirbelnde Info-Konfettis, die die Aufmerksamkeit für wirklich wichtige Themen blockieren.
  • Die Zaghaften, Behutsamen werden abgedrängt in der öffentlichen Kommunikation, jene die extrem übertreiben verschaffen sich dagegen das größere Gehör, was zu einer Verschärfung von Situationen führt.
  • Die neue Geschwindigkeit der Verbreitung und die totale Vermachtung des kommunikativen Raumes (drei Big Tech-Firmen vereinen mehr als die Hälfte aller Werbeeinnahmen weltweit) sorgen unter anderem dafür, dass der Lokaljournalismus stranguliert wird.
  • Durch Desinformation können Gruppen für kleines Geld die Strategiefähigkeit ganzer Gesellschaften unterminieren: Beispiel Klimakrise, wo Populisten die Versuche, einen Wertekonsens zu schaffen, Lösungen zu finden, permanent zerschießen und blockieren.
  • Praktische Medienmündigkeits-Konzepte müssen her: Die Gesellschaft soll von Journalisten die Handhabe von Nachrichten lernen.
  • Das Problem wird idealerweise von mehreren Seiten angegangen: von unten, indem Menschen in Sachen Medienkompetenz besser ausgebildet werden (machen statt Floskeln schwingen), juristisch (etwa Facebook auffordern Werbekunden aus der Politik offenzulegen), finanziell (die Quellen von Desinformationsschleudern trockenlegen).

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