"Deutscher Buchpreis 2022": Kim de l'Horizon gewinnt mit dem "Blutbuch"

Statt einer Dankesrede sang de l'Horizon und rasierte sich auf der Bühne die Haare.

Der Gewinner des "Deutschen Buchpreises 2022" steht fest: Bester deutschsprachiger Roman des Jahres darf sich "Blutbuch" (DuMont) von Kim de l'Horizon nennen. Wie die Hauptfigur in dem Roman definiert sich auch Kim de l'Horizon als non-binär. Non-binäre Personen identifizieren sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich und verstehen sich als außerhalb der zweigeteilten, binären Geschlechterordnung.

"Enorme kreative Energie"

Der Gewinnertitel wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder – Jurysprecherin Miriam Zeh (Deutschlandfunk Kultur), Erich Klein (freier Kritiker, Wien), Frank Menden ("Stories! Die Buchhandlung", Hamburg), Uli Ormanns ("Agnes Buchhandlung", Köln), Isabelle Vonlanthen (Literaturhaus Zürich), Selma Wels (Kuratorin und Moderatorin, Frankfurt) und Jan Wiele (Frankfurter Allgemeine Zeitung) – haben seit Ausschreibungsbeginn 233 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2021 und September 2022 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus hat die Jury sechs Titel für die Shortlist gewählt. Die Preisverleihung fand am Montagabend im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse im "Kaisersaal" des Frankfurter Römers statt.

"Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l'Horizons Roman 'Blutbuch' nach einer eigenen Sprache. Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht? Fixpunkt des Erzählens ist die eigene Großmutter, die 'Großmeer' im Berndeutschen, in deren Ozean das Kind Kim zu ertrinken drohte und aus dem es sich jetzt schreibend freischwimmt. Die Romanform ist dabei in steter Bewegung. Jeder Sprachversuch, von der plastischen Szene bis zum essayartigen Memoir, entfaltet eine Dringlichkeit und literarische Innovationskraft, von der sich die Jury provozieren und begeistern ließ", so die Begründung der Jury.

25.000 Euro Preisgeld

Neben Kim de l'Horizon und "Blutbuch" waren auch Fatma Aydemir mit "Dschinns" (Carl Hanser, Februar 2022), Kristine Bilkau mit "Nebenan" (Luchterhand, März 2022), Daniela Dröscher mit "Lügen über meine Mutter" (Kiepenheuer & Witsch, August 2022), Jan Faktor mit "Trottel" (Kiepenheuer & Witsch, September 2022) sowie Eckhart Nickel mit "Spitzweg" (Piper, April 2022).

© vntr media
Die sechs Titel der Shortlist des "Deutschen Buchpreises 2022". © vntr media

Kim de l'Horizon darf sich über ein Preisgeld von 25.000 Euro freuen. Die fünf Finalist:innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.

Dankesrede gab es von Kim de l'Horizon übrigens keine. Stattdessen sang de l'Horizon und rasierte sich, aus Zeichen der Solidarität mit den Frauen im Iran den Kopf. "Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen gegen Hass, für Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden, zu setzen", so Kim de l'Horizon.

Preisgekrönt mit Pseudonym

Kim de l'Horizon wurde 1992 in Ostermundigen bei Bern (Schweiz) geboren. Kim de l'Horizon definiert sich als nichtbinär und der Name ist ein Pseudonym, die ein Anagramm des Geburtsnamens der Person ist. De l'Horizon studierte ab 2012 In Zürich Germanistik, Film- und Theaterwissenschaften und absolvierte 2020 ein Studium für literarisches Schreiben am Literaturinstitut in Biel. Nach dem Bachelorabschluss belegte Kim de l'Horizon den Masterstudiengang Transdisziplinarität an der Zürcher Hochschule der Künste.

Vor dem "Deutschen Buchpreises" für seinen Debütroman "Blutbuch" hat de l'Horizon bereits zahlreiche Preise gewonnen, darunter den 2015 "Treibhaus"- und den "OpenNet"-Wettbewerb der Solothurner "Literaturtage für Prosa", den "Textstreich"-Wettbewerb für Lyrik, den Förderpreis "Dramenprozessor 2020" des Theaters Winkelwiese sowie einen Kurzfilmwettbewerb der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

www.deutscher-buchpreis.de

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