Die Arbeitswelt befindet sich in einem ständigen Wandel: Die Veränderungen in der Gesellschaft und die fortschreitende Digitalisierung haben viele neue Möglichkeiten – aber auch Rechte und Pflichten für Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer hervorgebracht. Diese müssen in der Ausgestaltung von Arbeitsverträgen zwingend mitberücksichtigt werden. Um die Rechtssicherheit von Arbeitsverhältnissen zu gewährleisten, kommt das Arbeitsrecht zum Einsatz.
Allerdings ist das Arbeitsrecht eine komplizierte Angelegenheit, um das sich viele Mythen ranken. Kein Wunder, dass es zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern häufiger zu Konflikten und Missverständnissen kommt – denn unzulässige Klauseln und unklare Formulierungen sind nicht selten das Endergebnis eines Arbeitsrecht-Dschungels, durch den sich viele Unternehmen erst gar nicht durchschlagen möchten. Dabei ist eine rechtliche Beratung für sie grundlegend.
Irrtum 1: Unterschrieben heißt auch immer rechtsgültig
Eine Unterschrift ist die Grundlage für alle Rechtsgeschäfte, die schriftlich vereinbart werden. Doch nicht immer sind die unterschriebenen Klauseln eines Vertrages auch gültig. Auch die einzelnen Klauseln eines Arbeitsvertrages unterliegen nach Paragraf 307 ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) einer sogenannten Inhaltskontrolle. Hier sind insbesondere die arbeitsrechtlichen Besonderheiten zu berücksichtigen.
Demnach ist jede Klausel unwirksam, die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt – auch dann, wenn der Arbeitsvertrag vom Arbeitnehmer unterschrieben wurde. Eine häufige unzulässige Klausel ist beispielsweise: "Überstunden sind mit dem Lohn abgegolten." Richtigerweise muss hervorgehen ob, wann und wie viele Überstunden geleistet werden sollen und mit dem Lohn abgegolten werden. Nur dann kann eine solche Klausel auch rechtswirksam sein.
Irrtum 2: Es gibt immer einen Anspruch auf Abfindung
Ein weiterer Irrtum, der in der Arbeitswelt häufig vorkommt, ist, dass bei jeder Kündigung eine Abfindung zu zahlen ist. Das gilt jedoch nur in Einzelfällen. Dies sind unter anderem ausdrückliche Regelungen im Sozialplan im Rahmen einer Betriebsänderung oder in Paragraf 1a KschG (Kündigungsschutzgesetz). Einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es darüber hinaus nicht. In jedem Fall empfehle ich eine Prüfung im Vorfeld eines Aufhebungsvertrages im Einzelfall.
Irrtum 3: Vereinbart oder nicht – es gilt eine Probezeit von 6 Monaten
Eine Probezeit existiert nur, wenn sie von beiden Parteien ausdrücklich vereinbart, im Kollektivvertrag festgeschrieben oder gesetzlich vorgeschrieben wurde. Demnach dauert eine Probezeit nach Vertragsschluss nicht automatisch sechs Monate. Eine Ausnahme bildet jedoch die Berufsausbildung: Laut Gesetz existiert hier eine Mindestprobezeit von einem Monat, auch dann, wenn sie nicht vereinbart wurde.
Irrtum 4: Eine Kündigung kann mündlich erfolgen
Der vierte große Irrtum betrifft die Kündigung. Diese bedarf immer der Schriftform. So ist eine mündliche Kündigung nach Paragraf 623 BGB unwirksam. Auch sollten Kündigungen beispielsweise niemals per WhatsApp oder E-Mail ausgestellt werden. Damit wird man im Zweifel vor dem Arbeitsgericht scheitern. Das kann am Ende für den Arbeitgeber sehr teuer werden. Ich empfiehle daher die sicherste Form der Kündigung – und zwar mittels Papier und Stift.
Irrtum 5: Hitzefrei wie in der Schule gibt es im Arbeitsleben nicht
Viele Büros sind nicht mit Klimaanlagen ausgestattet und die Temperaturen mancher Büroräume können beträchtlich ansteigen. Das kann zu erheblichen gesundheitlichen Beschwerden führen. Die allgemeine Fürsorgepflicht und das Arbeitsschutzgesetz sehen daher bei Innentemperaturen ab 30 Grad für Arbeitgeber einige Pflichten vor.
Überschreitet die Innentemperatur von Büroräumen 30 Grad, müssen Arbeitgeber diverse Hitzeschutzmaßnahmen ergreifen. Hitzefrei muss hier allerdings im Regelfall nicht gewährt werden. Auf dieses können Arbeitnehmer erst dann zurückgreifen, wenn die Raumtemperatur trotz aller Maßnahmen die 35-Grad-Grenze überschreitet.
www.sylvenstein-law.de
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