Reduzierte Angebote bei ProSiebenSat.1 und ZDF
Ein nostalgischer Abgesang auf den Teletext

| Redaktion 
| 06.01.2025

Dieser Tage sehnen wir uns häufig nach einer Informationsquelle, die genau das und nicht mehr ist – aktuell, schnell verfügbar, auf den Punkt formuliert und frei von Meinungsmache. Tatsächlich hatten wir so etwas schon einmal: Angesichts einer drastischen Reduzierung des Angebots bei mehreren Fernsehsendern erinnern wir uns ein wenig wehmütig an die Glanzzeit des Teletext.

"Sat.1 und ProSieben bieten den Zuschauern im Videotext das, was sie dort in den vergangenen Jahren nahezu ausschließlich gesucht haben: Informationen zum Fernsehprogramm", hat Sendersprecher Christoph Körfer dem Branchendienst DWDL zu Protokoll gegeben. Vorhergegangen war eine Nachfrage bezüglich des zu Jahresbeginn drastisch reduzierten Angebots im hauseigenen Teletext, der statt News aus der Welt oder vom Sport nun lediglich werbende Verweise auf andere Dienste bietet.

Einschnitte hat DWDL auch beim ZDF registriert, wo mit dem Beginn von 2025 ebenfalls zahlreiche Informationsangebote – unter anderem die Sportnachrichten – aus dem Teletext gestrichen wurden.

"Mit der Änderung reagiert das ZDF auf die veränderten Nutzungszahlen und wird mit den frei werdenden personellen Kapazitäten die Social-Media- und Digital-Angebote stärken", wird eine Sprecherin des Senders zitiert, die gleichzeitig auf den Erhalt von Nachrichten, Sportdaten, Untertitelung, Spendenseiten oder Gewinnzahlen verweist.

Zugang zur Welt auf Seite 100

Vor mehr als vier Jahrzehnten wurde der häufig auch als Videotext bezeichnete Service im öffentlich-rechtlichen Fernsehen auf den Weg gebracht; seine Hochphase hatte er um die Jahrtausendwende mit mehr als 40 Millionen Nutzern. Wie von der ZDF-Sprecherin angedeutet hat in der Folgezeit vor allem der Aufstieg des Internet dafür gesorgt, dass sowohl das Fernsehen selbst als auch der Teletext spürbar an Bedeutung verloren haben.

Die spartanische, pixelige Optik zieht in Zeiten zahlloser alternativer Online-Angebote nachvollziehbarerweise kein junges Publikum mehr an - in den mittleren und späteren 1990ern war Teletext für einen chronisch neugierigen Beinahe-Teenager jedoch eine ziemlich geniale Angelegenheit und ein aufregender Zugang in die weite Welt der Erwachsenen.

Führende Angebote wie das von Sat.1 haben regelmäßige Besucher der Seite 100 oft Stunden vor der nächsten Nachrichtensendung über Geschehnisse aus aller Welt informiert, ehe es ab Seite 200 sportlich wurde: In Anbetracht dessen, dass Neuigkeiten aus der Bundesliga selbst in den "normalen" TV-News abseits von Ergebnissen und wichtigen Personalentscheidungen keine große Rolle spielten, waren die mehrfach täglich aktualisierten Seiten umso wertvoller, wenn man als eifriger Sammelalbum-Kleber über jede Wadenzerrung auf dem Laufenden bleiben wollte.

Meldung statt Meinung

Das alles lief manchmal zwar auch mit gewisser Ladezeit ab, dafür aber ohne Pop-Ups, endlose Cookie-Abfragen, Paywalls, elf verschiedene Logins oder penetrant selbstspielende Videos. Manche Teletext-Nachrichten wurden auf zwei oder drei Bildschirmseiten ausgebreitet, die meisten beschränkten sich jedoch auf eine einzige. Deshalb mussten die zuständigen Redakteure (damals noch durchgehend aus Fleisch und Blut) kompakte Meldungen verfassen, die mit wenigen Worten die relevantesten Informationen vermitteln.

Für eigene Meinungen und moralisierende Einordnungen war schlichtweg kein Platz; Kommentare wiederum waren klar als solche gekennzeichnet. Bei gewecktem Interesse an einem bestimmten Thema blieben Lesern immer noch die kostbaren Online-Minuten, um zusätzliche Recherche anzustellen und die im Teletext ausgebliebenen Hintergründe nachzuvollziehen – in einem deutlich weniger stark politisierten Internetumfeld, das das Wort Clickbait noch nicht kannte und das bloße Sammeln von Wissen wirklich zu schätzen schien.

"Es war eine einfachere Zeit", seufzte der alternde Mann und winkte dem immer schneller in Richtung Sonnenuntergang reitenden Teletext dankbar, anerkennend und ein wenig wehmütig hinterher.

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