Signa-Pleite
Versteigerung von Benkos Garderobe: Familie leistete "vehementen Widerstand"

René Benko steht im Zentrum eines der größten Insolvenzverfahren der letzten Jahre. Während Gläubiger auf die Rückzahlung von Milliardenforderungen warten, sorgen sein luxuriöser Lebensstil und die komplizierten Vermögensstrukturen seiner Stiftungen für anhaltende Schlagzeilen. Der Insolvenzverwalter Andreas Grabenweger gewährt Einblicke in die Dynamiken eines Verfahrens, das sowohl juristisch als auch öffentlich viel Staub aufwirbelt.

Obwohl Benko offiziell ein Gehalt von nur 3800 Euro monatlich als "Asset Manager" bezieht, lebt er weiterhin in großem Stil. Sein Hauptwohnsitz, eine Villa in Innsbruck-Igls, wird von Sicherheitsdiensten bewacht und beherbergt rund 20 Mitarbeiter:innen. Offiziell gehört die Immobilie der Schloßhotel Igls Betriebs GmbH & Co KG, die wirtschaftlich mit der Laura Privatstiftung verbunden ist. Diese Stiftung zahlt Benkos Mutter eine monatliche Miete von 200.000 Euro, während sie ihrem Sohn das Anwesen unentgeltlich überlässt.

"Persönlich finde ich diesen Lebensstil ungeheuerlich“, kommentiert Grabenweger in der Fankfurter Allgemeine Zeitung, doch rechtlich ist Benko nicht verpflichtet, seinen Lebensstandard zu ändern, solange externe Mittel ihn finanzieren.

Bizarrer Streit um die Luxusgarderobe

Demnach wurde auch die Garderobe des Unternehmers wurde Teil des Insolvenzverfahrens. Die Schätzung seiner Kleidung, die für ein Verfahren dieser Art außergewöhnlich ist, ergab einen Wert von 77.000 Euro.

"In einem Insolvenzverfahren nimmt man niemandem seinen Sonntagsanzug weg“, so Grabenweger. Doch die Anzahl und Exklusivität der Kleidungsstücke führten zu einer Ausnahme. Um eine Versteigerung zu verhindern, löste die Familie die Garderobe aus und zahlte das Dreifache des angenommenen Verkehrswertes. Benko selbst leistete dabei "vehementen Widerstand“, so der Insolvenzverwalter.

Kuriose Konstellation bei den Vermögenswerten

Das Hauptaugenmerk des Verfahrens liegt auf den privaten Stiftungen Benkos, insbesondere der Laura Privatstiftung in Österreich und der IngBe Stiftung in Liechtenstein. Diese Strukturen verwalten Immobilien und Vermögenswerte im dreistelligen Millionenbereich.

Laut Grabenweger liegt hier eine "kuriose“ Konstellation vor: Benkos Mutter, eine pensionierte Kindergärtnerin, fungiert als Begünstigte der Stiftungen, obwohl sie das Vermögen unmöglich selbst erwirtschaftet haben kann. Stattdessen wird vermutet, dass sie als Handlangerin oder "Strohfrau" fungiert, um Gelder an Benko weiterzuleiten.

Benkos Rückzug aus offiziellen Stiftungsfunktionen im Jahr 2013 deutet laut Grabenweger darauf hin, dass er "bewusst Strukturen geschaffen hat, die einen Zugriff der Gläubiger erschweren“. In Liechtenstein erschweren zudem fehlende Offenlegungspflichten die Ermittlungen, während österreichische Behörden umfassendere Einblicke in die Stiftungsunterlagen haben.

Ermittlungen und Europäischer Haftbefehl

Im Zuge des Verfahrens ist auch der Wirtschaftsprüfer Hager, ein enger Vertrauter Benkos, ins Visier geraten. Die italienische Staatsanwaltschaft hat gegen ihn und Benko einen Europäischen Haftbefehl erlassen. Dieser könnte die Ermittlungen in Österreich beschleunigen, da nun eine neue Dynamik entsteht, so Grabenweger. Der Fokus der Behörden liegt dabei auf den Verbindungen zwischen den Stiftungen und der möglichen Vermögensverschleierung.

Milliardenforderungen und juristische Komplexität

Die Gläubigerforderungen belaufen sich auf 2,5 Milliarden Euro, wobei nur ein Bruchteil bislang anerkannt wurde. Ein besonders großer Gläubiger ist der arabische Staatsfonds Mubadala mit einer Forderung von 750 Millionen Euro, daneben bestehen weitere Ansprüche im dreistelligen Millionenbereich. Grabenweger betont, dass er keine Forderungen anerkennen kann, solange die Richtigkeit der Ansprüche nicht zweifelsfrei geklärt ist. Dies obliegt den Gerichten und könnte Jahre in Anspruch nehmen.

Ein weiteres Hindernis ist die Verjährung: Änderungen in der Laura Privatstiftung, die eine Anfechtung erleichtert hätten, erfolgten bereits im Jahr 2013. Damit sind diese Maßnahmen außerhalb der zehnjährigen Anfechtungsfrist.

Ein Heer von Rechtsanwälten

Seit der Insolvenzeröffnung im März 2024 konzentrieren sich die Bemühungen darauf, Vermögenswerte zu identifizieren und zu verwerten. Zu den bisherigen Maßnahmen gehören:

  • Inventarisierung des Vermögens: Persönliche Gegenstände, darunter die Garderobe, wurden mit einem Wert von 350.000 Euro erfasst.
  • Verwertung: Die Garderobe wurde durch die Familie ausgelöst, andere Vermögenswerte stehen noch zur Veräußerung aus.
  • Ermittlungen in den Stiftungen: Besonders der Zugriff auf das Vermögen der Liechtensteiner Stiftungen bleibt schwierig, da Anfragen des Insolvenzverwalters weitgehend unbeantwortet blieben.

"Dieses Verfahren wird noch sehr lange dauern“, prognostiziert Grabenweger. Die Komplexität, verbunden mit einem "Heer von Rechtsanwälten“ auf Seiten Benkos, stelle eine enorme Herausforderung dar.

Öffentlicher Groll und die Grenzen des Insolvenzrechts

Der öffentliche Unmut über Benkos weiterhin protzigen Lebensstil ist groß, doch Grabenweger betont die juristischen Grenzen: "Es ist nicht meine Kompetenz, Benko aus der Villa entfernen zu lassen.“ Gleichzeitig regt er an, das Insolvenz- und Stiftungsrecht zu reformieren, insbesondere in Bezug auf Transparenz und Kontrollmöglichkeiten bei internationalen Vermögen.

Das Insolvenzverfahren rund um René Benko zeigt einmal mehr die Grenzen bestehender Gesetze und die Herausforderungen bei der Verfolgung internationaler Vermögensstrukturen. Während Gläubiger und Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit hoffen, bleibt abzuwarten, ob und wie Benko für sein Handeln zur Rechenschaft gezogen wird. Klar ist: Dieses Verfahren wird die Diskussion über Vermögensverschleierung und Stiftungsrecht nachhaltig prägen.

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