Die Schreibtischfalle
Warum Pausen am Schreibtisch keine richtigen Pausen sind

| Redaktion 
| 04.12.2024

Kleine Unterbrechungen im Arbeitsalltag sind eigentlich selbstverständlich. Trotzdem verbringen viele Berufstätige ihre Mittagspause dort, wo sie auch die restlichen Stunden des Tages sitzen: Am Schreibtisch. Die Brotdose liegt neben der Tastatur, der Bildschirm zeigt den neuesten Serien-Stream oder die E-Mails. Und statt Erholung setzt eher ein Gefühl von Lethargie ein. Doch warum fällt es so schwer, sich für eine echte Pause zu entscheiden – und was können wir besser machen?

Schuld an der Misere ist nicht nur die ständige Erreichbarkeit. Auch das Arbeitsethos vieler Menschen spielt eine Rolle. In Deutschland herrscht nach wie vor die unausgesprochene Annahme, dass produktiv ist, wer viel und ohne Unterbrechung arbeitet. Wer sich hingegen Pausen gönnt, wird in manchen Branchen schnell als weniger engagiert wahrgenommen. Studien zeigen jedoch: Das Gegenteil ist der Fall. Wer keine Pausen macht, arbeitet langfristig schlechter – und vor allem unzufriedener.

Laut einer Umfrage der Techniker Krankenkasse geben 39 Prozent der Befragten an, ihre Pausen häufig oder immer durchzuarbeiten. Besonders Führungskräfte und Menschen in stark leistungsorientierten Berufen neigen dazu, Pausen als verzichtbaren Luxus anzusehen. Dabei ist längst erwiesen, dass unser Gehirn regelmäßige Ruhephasen braucht, um Informationen zu verarbeiten und kreativ zu bleiben.

Der Schreibtisch als Pausenfalle

Ein Hauptproblem ist der Ort, an dem viele ihre vermeintlichen Pausen verbringen: Der Schreibtisch. Das Ergebnis? Keine echte Trennung zwischen Arbeit und Erholung. Wer während der Mittagspause weiter Mails checkt oder durch das Internet scrollt, signalisiert seinem Gehirn: Du bist noch im Arbeitsmodus. Die Folge: Nach der Pause fühlen wir uns nicht erfrischt, sondern eher erschöpft.

Die größte Herausforderung ist es, den Arbeitsplatz wirklich zu verlassen. Das hat ein Forschungsteam der Universität von Kalifornien herausgefunden, das die Effekte von Pausen untersucht hat. Fazit der Untersuchung: Schon ein kurzer Spaziergang oder ein Wechsel der Umgebung – etwa in die Teeküche oder nach draußen – kann helfen, den Kopf freizubekommen. Dabei geht es nicht um große Aktionen, sondern um kleine, bewusste Veränderungen.

Rituale für echte Erholung

Wie also sieht eine Pause aus, die ihrem Namen gerecht wird? Die Antwort ist so simpel wie effektiv: Es kommt auf den bewussten Wechsel an. Wer sich in den Pausen aktiv anderen Tätigkeiten widmet, tankt neue Energie. Drei einfache Ideen, die wirklich funktionieren:

  1. Raus an die frische Luft: Ein zehnminütiger Spaziergang um den Block wirkt Wunder. Bewegung bringt den Kreislauf in Schwung, und der Wechsel der Umgebung hilft, Abstand zum Bildschirm zu gewinnen.

  2. Abschalten statt weiter klicken: Statt Social Media oder E-Mails zu konsumieren, lohnt es sich, die Pause digital zu entgiften. Warum nicht ein Buch lesen oder einfach einen Moment in Stille verbringen?

  3. Bewusstes Genießen: Wer isst, sollte nur essen. Kein Smartphone, kein Bildschirm – stattdessen eine Pause, die auch die Sinne anspricht.

Pausen als Strategie

Das klingt nach einfachen Maßnahmen – doch die Umsetzung fällt vielen schwer. "Ich habe einfach keine Zeit für eine Pause“, hört man oft. Dabei ist genau das der Denkfehler: Pausen sind kein Zeitverlust, sondern ein strategisches Instrument, um besser zu arbeiten. Denn regelmäßige Pausen steigern erwiesenermaßen die Konzentration und Leistungsfähigkeit. Wer keine Pausen macht, neigt dagegen schneller zu Fehlern – und braucht am Ende mehr Zeit, um diese zu korrigieren.

Der Schlüssel liegt in der Planung. Wer Pausen in den Arbeitsalltag einbaut, als wären sie ein fester Bestandteil des Kalenders, hat bessere Chancen, sie auch wirklich einzuhalten. Es hilft, einen festen Zeitpunkt zu wählen – etwa die klassische Mittagspause um 12 Uhr – und sich bewusst von der Arbeit zu lösen.

Sakrosankte Pausen in Frankreich und Spanien

Interessant ist auch, dass der Umgang mit Pausen kulturell geprägt ist. Während in Deutschland die Mittagspause oft als Notwendigkeit angesehen wird, sind Pausen in anderen Ländern echte Rituale. In Spanien beispielsweise gehört die "Siesta" – eine längere Pause am frühen Nachmittag – nach wie vor zum Alltag vieler Menschen, selbst wenn sie nicht mehr so konsequent wie früher eingehalten wird. In Frankreich ist das gemeinsame Mittagessen ein wichtiger sozialer Moment, der fest in die Arbeitskultur integriert ist.

Vielleicht lohnt es sich, von diesen Traditionen zu lernen. Denn eine Pause ist mehr als nur eine Unterbrechung. Sie ist ein Statement: Für mehr Achtsamkeit, für eine gesündere Arbeitskultur und letztlich für eine bessere Leistung.

Daher ein Memo an uns selbst: Eine Pause am Schreibtisch ist keine Pause. Der erste Schritt zu mehr Ausgeglichenheit beginnt mit dem Verlassen des Bürostuhls.

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