Dresscode im Büro
Kleidung im Job: Wie viel Individualität erlaubt die Arbeitswelt?

| Redaktion 
| 02.12.2024

Die Generation Z bringt frischen Wind – und modische Herausforderungen – in die Bürowelt. Während Jogginghose und Leggings für viele junge Mitarbeiter zum Alltag gehören, ringen Unternehmen um einen Weg, Authentizität und Professionalität in Einklang zu bringen. Eine Stilexpertin gibt Einblicke, wie Firmen mit dieser modischen Grenzüberschreitung umgehen können und warum Kleidung noch immer eine "Insignie der Kompetenz“ ist.

Für die Generation Z ist Kleidung nicht einfach nur ein Dresscode, sondern ein persönliches Statement. "Das Gefühl ‚Ich darf alles‘ ist mittlerweile bei vielen jungen Menschen sehr tief verwurzelt“, erklärt die Stilexpertin Katharina Starlay in der Wirtschaftswoche. Sie sieht darin das Ergebnis einer permissiven Erziehung, die wenig Grenzen setzte, kombiniert mit der digitalen Selbstinszenierungskultur, die Plattformen wie TikTok prägt.

"Jetzt kommt die erste Generation in die Unternehmen, deren Eltern auf dem Handy daddelnd am Spielplatzrand saßen“, analysiert Starlay. Dieser Mangel an Aufmerksamkeit habe ein starkes Bedürfnis nach Selbstausdruck und gesehen werden geschaffen. Kleidung sei für viele der jungen Generation ein Weg, diese Individualität zu zeigen – oft auch auf Kosten der beruflichen Formalität.

Thema schon beim Vorstellungsgespräch anschneiden

Das stellt Führungskräfte vor eine schwierige Aufgabe: Wie spricht man an, dass Jogginghosen und Co. vielleicht doch nicht in den Berufsalltag passen? Starlay empfiehlt, solche Themen frühzeitig zu adressieren, idealerweise bereits im Vorstellungsgespräch. So können Unternehmen und Bewerber herausfinden, ob sie zueinander passen.

"Ein junger Mensch, der wirklich nur in Jogginghose arbeiten möchte, kann sich dann eine Firma suchen, wo das kein Problem ist“, sagt Starlay. Gleichzeitig betont sie, dass Kleidung nicht allein dem Selbstausdruck dient, sondern auch Respekt und Professionalität signalisiert: "Gut gewählte Kleidung ist immer auch eine Verneigung vor dem Gegenüber.“

Sichtbare Hierarchien

Ein Gespräch über Kleidung solle jedoch nicht als Kritik formuliert werden, sondern als Teil der gemeinsamen Aufgabe. "Welches Ziel hat die Firma und was will sie präsentieren?“ Diese Fragen seien der Ausgangspunkt, um mit jungen Mitarbeitenden eine Balance zwischen Selbstentfaltung und Unternehmenszielen zu finden.

Trotz der zunehmenden Lockerheit in vielen Unternehmen bleibt Kleidung ein entscheidender Faktor, um Kompetenz und Professionalität zu vermitteln. "Es hat einen Grund, warum Kellner Westen tragen, der Chefkellner aber Blazer“, erklärt Starlay. Solche sichtbaren Hierarchien helfen nicht nur bei der Orientierung, sondern stärken auch die Wahrnehmung von Kompetenz.

Formelle Kleidung = Haltung

Dabei müssen moderne Kleiderordnungen nicht starr sein. Ein Oversized-Blazer in hellen Farben könne genauso angemessen sein wie ein klassischer gut geschnittener Blazer, solange die Kleidung den Rahmen der beruflichen Situation wahrt. "Wenn ein Kleidungsstück zu informell ist, kann es sein, dass der Halt fehlt und damit die Haltung“, so Starlay.

Interessanterweise nähern sich ältere und jüngere Generationen in ihrer Einstellung zur Kleidung an. Die "Boomer-Jahrgänge“ verabschieden sich zunehmend aus dem Berufsleben und legen Wert auf Bequemlichkeit. „Sie sind ein bisschen müde geworden“, sagt Starlay und ergänzt, dass diese Lockerheit für beide Seiten inspirierend sein kann: "Ältere bekommen so vielleicht die Gelegenheit, sich noch einmal neu zu erfinden.“

Ist ein Kleidungsstück zu Informell, dann kann es sein, dass der Halt fehlt und somit die Haltung, erklärt die Stilexpertin. KI-generiertes Bild, erstellt von Leadersnet

Unternehmen, die Nachwuchstalente anziehen möchten, sollten also modische Individualität nicht verteufeln, sondern gezielt lenken. Die Frage lautet: Wie kann der persönliche Stil eines Mitarbeiters mit den Zielen des Unternehmens harmonieren? Kleidung bleibt ein Kommunikationsmittel – sowohl nach innen als auch nach außen.

 "Es geht immer darum: ‚Was sieht der andere?‘ und nicht ‚Was sehen wir im Spiegel?‘ Diese Korrektur ist wichtig“, fasst Starlay zusammen.

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