Die Gründerin von JACKS beauty line im Interview
Miriam Jacks: "Weniger ist mehr – es ist wichtig, bewusst zu konsumieren"

Viel mehr als nur Make-up: Miriam Jacks, Gründerin von JACKS beauty line, möchte mit ihrem Unternehmen zeigen, dass Schönheit viele Facetten beinhaltet. Ihre Produkte auf der einen Seite, der "innere Glow" auf der anderen Seite. Im Interview mit LEADERSNET spricht sie über E-Commerce, die richtige Work-Life-Balance und Intuition im Gründertum.

LEADERSNET: Zu Corona-Zeiten gingen einige Unternehmer:innen durch ein Tal der Tränen, für Sie und JACKS beauty line war es der Durchbruch…

Miriam Jacks: Das ist richtig. Die Corona-Pandemie war für mich ein kompletter Neustart. Nachdem ich bereits 2009 meinen Beauty-Concept Store JACKS beauty department in Berlin eröffnet hatte, wollte ich aus der Beauty-Branche aussteigen, weil ich sie als zu oberflächlich und perfektionistisch empfunden habe. Als die Pandemie kam, begann ich mit Live-Shopping-Events auf Instagram – mit Erfolg. Das hat mir gezeigt, dass ich der Branche noch erhalten bleiben sollte (lacht). Ich wollte schon damals keine klassische Beauty-Brand sein. Das Make-up ist mein Türöffner für den inneren Glow, für Selbstliebe und Persönlichkeitsentwicklung.

LEADERSNET: Was braucht es, um eine gute Unternehmerin zu sein?

Miriam Jacks: Eine gute Story. Ich habe eine lange Historie in der Beautybranche und mein Unternehmen baut auf meinem Wissen auf. Im nächsten Schritt geht es auch darum, etwas authentisch und ehrlich zu verkaufen. Neben meiner Story ist es zudem die Mund-zu-Mund-Propaganda, die uns erfolgreich macht.

LEADERSNET: Sie stehen als Markenbotschafterin mit ihrem Personal Branding für JACKS beauty line. Ist das Fluch oder Segen?

Miriam Jacks: Ich habe tatsächlich vor eineinhalb Jahren gesagt: Der Fokus von JACKS beauty line kann nicht nur auf mir liegen, wir müssen andere Beauty-Expert:innen ins Unternehmen holen. Natürlich haben wir wunderbare Expert:innen auf Social Media, die dort beraten. Aber wenn es um die Kernbotschaft von JACKS beauty line geht, dann liegt es an mir, diese zu erzählen. Mein großer Antrieb ist es, eine Community aufzubauen. Ich möchte ihnen sagen: Du musst nicht perfekt sein, du musst von innen heraus strahlen. Es ist wichtig, dass du mit dir im Reinen bist – und dass du dich nicht den ganzen Tag darüber klagst, was nicht gut ist.

LEADERSNET: In Zeiten von Inflation – wie überzeugen Sie Kund:innen, trotzdem Wert auf hochwertige Produkte zu legen?

Miriam Jacks: Die Message von JACKS beauty line ist: Weniger ist mehr – es ist wichtig, bewusst zu konsumieren. Es braucht keine 20 Cremes im Badezimmer. Wer vier bis fünf gute Basics besitzt, ist perfekt ausgestattet – und lebt zudem nachhaltig.

LEADERSNET: Was braucht es, um eine E-Commerce-Brand wie die Ihrige nachhaltig groß zu machen?

Miriam Jacks: Das organische Wachstum. Vor rund eineinhalb Jahren haben wir den JACKS Club, das ist ein Loyalty-Programm, welches sehr profitabel ist, gegründet. Das ist ein Marketing-Tool, das sehr profitabel ist, weil wir relativ wenig Geld reingesteckt, aber viel herausbekommen haben, indem wir mit Kreativität an die Sache gegangen sind und echten Mehrwert geschaffen haben. Es geht hier um tolle Community-Events, Workshops und kostenfreie Videos – und nicht nur um verkaufen, verkaufen, verkaufen. Ein anderes Beispiel: Mein Podcast Glowcast – auch hier investieren wir und machen auf den ersten Blick keinen Umsatz, aber es ist ein unfassbar starkes und wichtiges Marketing-Tool für uns geworden.

LEADERSNET: Sie bringen eine große Expertise in der Beauty-Branche mit. Hilft das auch?

Miriam Jacks: Wenn man mit einem Produkt an den Start geht, sollte man definitiv in dem Bereich Expertise haben. Ich finde, es ist ein No-Go, eine Brand zu gründen, nur weil man Geld verdienen will. Was ich aber glaube, ist, dass man sich Wissen aneignen kann: Ich habe kein BWL studiert, bin nun im Bereich E-Commerce tätig und würde mich inzwischen als Expertin bezeichnen. Die Abläufe, die Kennzahlen – das ist ja wie Vokabeln lernen. Ich habe mir das alles selbst beigebracht, es war learning by doing. Dazu muss man fleißig sein und den richtigen Biss haben.

LEADERSNET: Stichwort: Fleiß. Wird das Gründen heutzutage glorifiziert?

Miriam Jacks: Total. Ich bin so oft die Schnauze gefallen, ich habe so viele Jahre so viel Geld in das Business gesteckt – jetzt, nach 15 Jahren, zahlt es sich aus. Viele, die mir neu folgen, schreiben: "Verrückt, ihr habt 2022 eure ersten Produkte gelauncht und jetzt seid ihr so krass erfolgreich. Das ist ja unglaublich." Dann antworte ich: "Klar, wir haben zu dem Zeitpunkt die ersten Produkte gelauncht, aber ich war bereits 15 Jahre in der Branche tätig, habe mir einen Namen aufgebaut, mir ganz viel Wissen angeeignet und die Stellschrauben gefunden, warum es bisher noch nicht so erfolgreich war, wie ich es wollte."

LEADERSNET: Wie wichtig sind Netzwerke in der Branche?

Miriam Jacks: Sehr wichtig. Ohne Netzwerk und ohne Connections ist es deutlich schwieriger. Dass ich meinen Namen in der Branche habe, hilft mir, ernst genommen zu werden.

LEADERSNET: Gibt es Themen, die Sie auf Social Media nicht teilen?

Miriam Jacks: Ich teile sehr, sehr, sehr viel über mein Privatleben und zeige alles, was Mehrwert bringt. Wenn es zu intim wird, setze ich eine Grenze. In meinen Businessthemen bin ich super transparent und authentisch. Ich glaube, das ist eines unserer größten Erfolgsgeheimnisse.

LEADERSNET: Sind Sie selbst die beste Influencerin, die Sie sich für Ihre Marke wünschen könnten?

Miriam Jacks: Wir haben einen Pool an ganz, ganz tollen Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten – Elena Uhlig ist eine davon, um nur ein Beispiel zu nennen. Das schätze ich sehr. Aber natürlich kann ich meine eigene Marke am besten verkaufen.

LEADERSNET: Sie setzen sich mit JACKS beauty line auch für den Pinktober ein.

Miriam Jacks: Ich mache das bereits das dritte Jahr in Folge, dass wir 50 Prozent der Erlöse eines Produktes an die DKMS spenden. In meiner Familie und im Freundeskreis kam es zu Fällen von Brustkrebs. Zwei meiner Tanten waren daran erkrankt, aktuell ist es leider meine kleine Schwester mit 34 Jahren. Ich möchte keineswegs Angst machen, sondern Awareness schaffen. Auch deshalb teile ich die Geschichte meiner kleinen Schwester, weil ich es beeindruckend finde, wie positiv sie damit umgeht.

LEADERSNET: Wie finden Sie Pausen?

Miriam Jacks: Ganz schwierig. Das ist mein größtes Thema. Ich bin in meiner Kindheit sehr stark angetrieben worden, es gab selten Pausen, selten Zeit für mich selbst. Während ich heute anderen mitgebe, dass sie auf sich selbst achten sollen, fällt es mir selbst schwer. Dabei weiß ich, dass ich die wichtigste Person bin. Durch meine zwei Burnouts und viele schwierige Phasen in meinem Leben habe ich das gelernt. Ich werde immer besser darin, mir Auszeiten zu nehmen, mich um mich selbst zu kümmern und Selbstliebe zu leben. Wenn ich nicht funktioniere, kann ich keine gute Mama sein. Wenn ich nicht funktioniere, kann ich nicht für meinen Mann da sein und auch nicht für meine 50 Mitarbeiter:innen. Wenn ich im Stress bin und hektisch agiere, überträgt sich das auf alle anderen.

LEADERSNET: Worauf legen Sie beim Thema Führung Wert?

Miriam Jacks: Auf Nahbarkeit, Emotionalität und eine gesunde Work-Life-Balance. Ich finde das Wort schwierig, weil "Work" unser "Life" ist, aber wir müssen alle versuchen, Work und Life im Gleichgewicht zu halten. Wir machen beispielsweise nur noch 35-Stunden-Verträge. Um 17 Uhr sitzt hier keiner mehr im Büro, da sind alle im Feierabend. Wir ziehen bald in ein superschönes Office ein, in dem es eine große Küche für Teamevents und einen Yoga-Raum gibt. Und wir sagen unseren Mitarbeiter:innen: Lasst euch coachen, geht in Therapien, bildet euch weiter, tut euch was Gutes. Das steht für uns noch vor dem Umsatz. Natürlich müssen wir auch Umsatz machen, um unseren Mitarbeiter:innen all das zu ermöglichen, aber sie sind gerade deshalb so motiviert, weil wir Wert auf mentale Gesundheit legen.

LEADERSNET: Dabei eilt Start-ups oft der Ruf voraus, sie würden Mitarbeiter:innen verbrennen.

Miriam Jacks: Da sind wir das perfekte Gegenbeispiel. Wenn wir einen Produktlaunch haben und deswegen Nachtschichten einlegen müssten, dann verlegen wir den ganzen Launch – und kommunizieren das ganz klar. Ich denke, auch deswegen sind uns so viele Kund:innen so treu – sie spüren, was unsere Philosophie ist, wie wir als Chefinnen leben und unsere Mitarbeiter:innen behandeln. Was mich besonders freut: Unsere Zahlen zeigen, dass Wachstum "gesund" geht. Wir wachsen sehr stark – allein vergangenes Jahr um 1300 Prozent.

LEADERSNET: Braucht es tatsächlich das berühmte Dorf, um Kind(er) und Karriere zueinander zu bringen?

Miriam Jacks: Ja. Ohne die Hilfe, die ich bekomme – von meinem Mann, von meiner persönlichen Assistentin, von unserer Familienmanagerin, unserer Haushälterin und vielen anderen, könnte ich niemals solch eine Company aufbauen. Eine der größten Illusionen ist zu meinen, Kind und Karriere easy peasy unter einen Hut zu bekommen, wenn man keine Unterstützung hat.

LEADERSNET: Inzwischen investieren Sie auch in andere Unternehmen, wie z.B. nüchtern.berlin. Warum?

Miriam Jacks: Ich investiere ganz anders als andere Business Angels. Ich gehe auch hier nicht mit dem Gedanken heran, wie ich das meiste Geld herausholen kann. Ich schaue, ob die Idee innovativ ist und ob sie gebraucht wird. Gleichzeitig sehe ich auch den Struggle der Gründer:innen, ich erkenne die Themen um Mitarbeiter:innen, das Money-Mindset. Ich selbst habe in den vergangenen fünf Jahren viele Coachings absolviert und mich um 180 Grad verändert. Ich bin ein anderer Business-Mensch als damals und habe ein Wissen und eine Denke, die ich unfassbar gerne anderen Unternehmer:innen weitergeben möchte.

LEADERSNET: Der Anteil der Gründerinnen ist rückläufig. Was braucht es, damit mehr Frauen in Deutschland den Mut zum Unternehmertum haben?

Miriam Jacks: Ich wünsche mir, dass Frauen insgesamt mutiger sind und sich tatsächlich trauen, an Dinge ranzugehen, von denen sie selbst sagen: Das kann ich nicht oder das schaffe ich nicht. Wir sollten viel mehr auf unsere Intuition hören und den Kopf auch mal ausschalten. Ich habe mich immer gefragt: Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Dann fange ich eben neu an, bin erfahrener und weiser. Ich bin dankbar, dass mir so viel Mut in die Wiege gelegt worden ist, dass ich meiner Intuition und meinem Herzen folgen kann. Mein Ziel ist es, eines Tages im Schaukelstuhl zu sitzen, aufs Meer zu schauen und zu sagen: Ich habe alles gesehen, was ich wollte – und ein Stück die Welt verändert.

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