Milliardenvorhaben scheitert
ZF steigt aus Wolfspeed-Projekt aus – Chipfabrik im Saarland vor dem Aus

ZF zieht sich aus dem ambitionierten Chipfabrik-Projekt mit Wolfspeed im Saarland zurück. Damit steht das 2,75-Milliarden-Euro-Vorhaben auf der Kippe. Hinter den Kulissen kämpft der US-Partner mit massiven Problemen – und die deutsche Autoindustrie verliert eine wichtige Zukunftschance.

Der deutsche Automobilzulieferer ZF beendet seine Beteiligung an dem ambitionierten Projekt einer Chipfabrik im saarländischen Ensdorf. Das geplante 2,75-Milliarden-Euro-Vorhaben mit dem US-Halbleiterhersteller Wolfspeed stand seit 2023 im Fokus, als es mit Unterstützung von Bundeskanzler Olaf Scholz vorgestellt wurde. Ziel war es, Stromsparchips aus Siliziumkarbid (SiC) zu produzieren, die vor allem der deutschen Autoindustrie helfen sollten, Elektrofahrzeuge effizienter zu machen.

"Mit dieser Fabrik kehrt die industrielle Revolution nach Ensdorf zurück", sagte Scholz noch Anfang 2023 bei der Präsentation. Doch dieser Optimismus ist nun verflogen, so laut eines Berichts des Handelsblatts. Wolfspeed kämpft mit erheblichen technischen Problemen und schreibt rote Zahlen. ZF hingegen leidet unter hohen Zinslasten und finanziellen Engpässen, die durch die Transformation zur Elektromobilität verschärft wurden. In Branchenkreisen war daher bereits spekuliert worden, dass ZF die Beteiligung nicht weiterführen könne.

Wolfspeed in der Krise

Der US-Halbleiterhersteller Wolfspeed ist derzeit finanziell schwer angeschlagen. Das Unternehmen verzeichnete im letzten Geschäftsjahr, das im Juni 2024 endete, einen Verlust von 175 Millionen US-Dollar und kämpft mit technischen Problemen in seinen US-Werken. Seit Monaten herrscht von Seiten des Wolfspeed-Managements Funkstille zum Ensdorf-Projekt. Vorstandschef Gregg Lowe äußerte sich seit Längerem nicht mehr zur geplanten Chipfabrik im Saarland.

Ein Branchenkenner sagte dazu: "Es hat sich erwiesen, dass Wolfspeed mit dem gesamten Projekt doch überfordert ist, nicht nur finanziell." Ursprünglich plante Wolfspeed, als erstes Unternehmen weltweit auf 200-Millimeter-Wafer für die Chipproduktion umzusteigen und damit einen technologischen Vorsprung zu erzielen. Doch dieser Umstieg gestaltet sich schwieriger als gedacht. Dies hat das Vertrauen der Investoren stark erschüttert – seit Jahresbeginn haben die Aktien des Unternehmens rund zwei Drittel ihres Wertes verloren.

Rückschlag für die deutsche Chipindustrie

Der Ausstieg von ZF trifft die deutsche Industrie schwer. Das Werk in Ensdorf sollte einen wesentlichen Beitrag zur Fertigung von Siliziumkarbid-Chips leisten, die für die Elektromobilität eine Schlüsselrolle spielen. SiC ermöglicht es Fahrzeugherstellern, entweder kleinere Batterien zu verbauen oder die Reichweite von Elektroautos zu verlängern. Zudem verkürzen sich die Ladezeiten durch die Verwendung dieses speziellen Materials.

Das Wolfspeed-Projekt war eines von vier Großprojekten, die von der Bundesregierung unterstützt werden sollten, um die Halbleiterfertigung in Deutschland zu stärken. Jetzt bleibt nur noch das Vorhaben des taiwanesischen Herstellers TSMC, der für zehn Milliarden Euro ein Werk in Dresden errichtet, sowie das Infineon-Werk, ebenfalls in Dresden. Auch in Magdeburg kam es zuletzt zu Rückschlägen: Der US-Chiphersteller Intel hatte angekündigt, den Bau seines Werkes um mindestens zwei Jahre zu verschieben.

ZF unter Druck

ZF kämpft nicht nur mit dem Chipfabrik-Aus. Der Konzern ist hoch verschuldet und muss jährlich mehr als eine halbe Milliarde Euro an Zinsen zahlen. Der finanzielle Druck zwingt ZF zu drastischen Maßnahmen: In Deutschland plant das Unternehmen den Abbau von bis zu 14.000 Stellen – fast ein Viertel der Belegschaft im Inland. Besonders betroffen ist der Standort Saarbrücken, wo Automatikgetriebe gefertigt werden und etwa 1.800 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen.

Der Rückzug von ZF aus dem Wolfspeed-Projekt ist auch für Vorstandschef Holger Klein ein Rückschlag. Er hatte das Chipfabrik-Vorhaben als erstes großes Zukunftsprojekt nach seinem Amtsantritt vorangetrieben. Nun steht es vor dem Aus. ZF betonte in einem Statement: "Nicht maßgeblich für eine Verzögerung der Pläne des Unternehmens Wolfspeed" gewesen zu sein.

Chipindustrie: Wettbewerb wird härter

Wolfspeed sieht sich zunehmend einem harten Wettbewerb gegenüber. Größere und finanzkräftigere Konkurrenten wie STMicroelectronics, Onsemi und Infineon bauen weltweit ihre Kapazitäten aus. "Der Wettbewerb im SiC-Bereich wird voraussichtlich noch intensiver werden", prognostizieren Analysten von Trendforce. Während Wolfspeed immer noch an der Umstellung auf 200-Millimeter-Wafer arbeitet, investieren die Rivalen bereits Milliarden in neue Fabriken – darunter in Italien, Singapur, Tschechien und auch Deutschland.

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