Brockhaus, Blome, Grewal und mehr
Wahl in Sachsen und Thüringen: Reaktionen aus der Medien- und Wirtschaftswelt

| Redaktion 
| 02.09.2024

Die Ergebnisse der Landtagswahl in den beiden ostdeutschen Bundesländern bestimmen die Schlagzeilen zu Wochenbeginn. Während sich die Politik auf komplexe Koalitionsverhandlungen gefasst machen darf, arbeiten diverse Medien- und Wirtschaftsvertreter die Resultate vom Wochenende auf, ergründen ihre Ursachen und stellen heraus, worauf es ihnen nun ankommt.

Am vergangenen Sonntag fanden sowohl in Thüringen als auch in Sachsen die Landtagswahlen statt. Vor dem Hintergrund vielseitiger Unzufriedenheit mit der aktuellen Ampel-Regierung gingen sowohl Befürworter als auch Kritiker der AfD von einem guten Abschneiden der Partei aus – und tatsächlich ist sie in Thüringen erstmals zur stärksten Kraft gewählt worden, während sie sich in Sachsen knapp hinter der CDU platzieren konnte. Die vorläufigen amtlichen Ergebnisse für beide Bundesländer im Überblick:

Sachsen

  1. CDU 31,9 Prozent
  2. AfD 30,6 Prozent
  3. BSW 11,8 Prozent
  4. Sonstige Parteien 8,7 Prozent
  5. SPD 7,3 Prozent
  6. Grüne 5,1 Prozent
  7. Linke 4,5 Prozent

Thüringen

  1. AfD 32,8 Prozent
  2. CDU 23,6 Prozent
  3. BSW 15,8 Prozent
  4. Linke 13,1 Prozent
  5. SPD 6,1 Prozent
  6. Sonstige Parteien 5,4 Prozent
  7. Grüne 3,2 Prozent

In welcher Form in beiden Bundesländern in Zukunft regiert wird, ist derzeit noch völlig offen. Bis auf das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben alle anderen künftig im Landtag vertretenen Parteien ein Bündnis mit der AfD explizit ausgeschlossen; die CDU verzichtet zudem kategorisch auf eine Kooperation mit der Linken und scheint auch hinsichtlich eines BSW-Bündnisses intern mindestens noch uneins. In Thüringen hat die Linke bereits Signale gesendet, dass die CDU ihre Grundsätze im Interesse einer Regierungsbildung überdenken sollte.

Zahllose Politiker aus allen beteiligten Parteien haben sich seit Bekanntwerden der Wahlergebnisse unter anderem vorsichtig zu denkbaren Zukunftsperspektiven geäußert, Erklärungen gesucht oder ihr verbliebenes Publikum zur fortgesetzten Verdrängung motiviert. Ergänzend dazu versammeln wir nachfolgend Statements von Personen aus der Medien- und Wirtschaftswelt, die die derzeitige Lage und einige ihrer vielen Aspekte näher beleuchten.

  • Nena Brockhaus, vor allem durch Axel-Springer-Formate bekannte Journalistin und Moderatorin (hier bei uns im Interview), fasste auf LinkedIn zusammen, was ihre Zunft aus den Landtagswahlen lernen kann: "Die Dämonisierung der AfD und Björn Höcke selbst – unter anderem auf den Titelblättern von Stern und dem Spiegel – hat nicht geholfen“.

    Vielmehr hätten Ignoranz und ein "We against the others“-Prinzip erst zum erfolgreichen Abschneiden der Partei beigetragen, während die "publizistische Brandmauer“ lediglich eine Umschreibung für Haltungsjournalismus sei. Brockhaus zeigt sich überzeugt: "Die Menschen in Deutschland wollen, fordern und verdienen faire Debatten!“

  • Marcel Fratzscher, Präsident beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, hält es laut dem ZDF für "sehr wahrscheinlich“, dass die Wahlergebnisse zur Abwanderung von Fachkräften oder sogar Unternehmen beitragen: "Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürgerinnen und Bürger werden die beiden Bundesländer verlassen und dorthin gehen, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren“. Dies wiederum würde seiner Ansicht nach einen Anstieg der Insolvenzen zur Folge haben.

  • Amandeep Grewal, Mitgründer mehrerer medizinbezogener Startups, CEO von Futuredoctor und Teil der "30 under 30“-Liste der deutschsprachigen Forbes, hat LinkedIn ebenfalls zum Wahlkommentar genutzt: "Es ist schlichtweg frustrierend, die Überheblichkeit unserer sogenannten Volksparteien zu beobachten“ meint er und gibt zu bedenken, dass "die Sorgen und Ängste der Afd wählenden Menschen“ ignoriert würden.

    Grewal nennt "die chaotische Migrationspolitik, die inkonsistente Wirtschafts- und Klimapolitik voller Heuchelei, oder die verpfuschte Bewältigung der Corona-Krise mit all ihren gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Skandalen“ als Gründe für eine verunsicherte Bevölkerung und schließt ab: "Dies ist unser Weckruf, eine klare und verständliche Kommunikation zu betreiben, die zeigt, dass Deutschland ein vielfältiges und stabiles Land ist, in dem Menschen jeder Herkunft eine Heimat finden können. Gleichzeitig ist es möglich, eine durchdachte Migrationspolitik aufzubauen.“

  • Marie-Christine Ostermann, Präsidentin von Die Familienunternehmer, hat sich dem Wahlausgang auf der Homepage der Organisation gewidmet. "Die Ergebnisse in Thüringen und Sachsen sind ohne Zweifel besorgniserregend“, befindet sie und ordnet gleichzeitig ein: "Besorgniserregend sind aber auch die Reaktionen der Ampel-Koalitionäre auf bundespolitischer Ebene: Die Grünen reden sich die schwache Wirtschaftsentwicklung und die Sorgen der Menschen vor ungesteuerter Migration schön. Und die SPD rund um Kevin Kühnert und Saskia Esken redet sich damit raus, dass man die Politik der Ampel den Wählern nur besser erklären müsse.“

    Auch sie sieht das Erstarken der AfD in Versäumnissen der Regierung begründet: "Die für unser Land sehr teure Sozialpolitik der SPD hat in keinerlei Hinsicht den Aufstieg der AfD gebremst. Im Gegenteil: Viele Arbeiter und Arbeitnehmer demonstrieren dagegen mit einem Wahlkreuz bei der AfD“. Ostermann fordert, dass es nun um Wirtschaftspolitik gehen müsse; auf Landes- wie auf Bundesebene. Die Ampel solle "die Wachstumsgesetze schnellst möglich beschließen“, "die arbeitende Bevölkerung in den Mittelpunkt nehmen“ und den "oft versprochenen Kurswechsel weg von einer ungesteuerten Flüchtlingspolitik“ endlich umsetzen.

  • Nikolaus Blome, Politik-Journalist für RTL Deutschland und Spiegel-Kolumnist, hat letztgenannte Rolle ebenfalls für eine Abrechnung mit der SPD genutzt. "Aus dem Osten kommt das Ende“ prognostiziert er für die Partei sogar mit Blick auf die aktuellen Wahlergebnisse. "Bei bestimmten Themen gibt es eine bürgerlich-kollektive Stressgrenze, und eine Volkspartei, die deren Existenz entweder leugnet oder nicht fühlt, wenn sie überschritten wird, bleibt nicht Volkspartei“.

    Blome bemängelt, dass die Kanzlerpartei hinsichtlich der migrationspolitischen Vorschläge der CDU eine dafür notwendige Gesetzesänderung als Kontra-Argument platzieren wollte: "Eine Partei, die bei der fürsorglichen Betreuung nahezu jedweder gesellschaftlichen Splittergruppe selbstverständlich Gesetz um Gesetz ändert oder ändern möchte, macht daraus ausgerechnet in einer Frage ein Problem, die einer ganz großen Mehrheit auf den Nägeln brennt?“

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