Eckpfeiler der Energiewende
Deutschland wappnet sich für Wettrennen um Wasserstoff

Wasserstoff soll in den kommenden Jahren einen nennenswerten Teil der Energiewende stemmen, wenn es nach der Bundesregierung geht. Dazu werden milliardenschwere Investitionen im Inland genauso notwendig sein wie umfangreiche Importe der Energiequelle – auf einem Markt, der zunächst hart umkämpft sein dürfte.

Bereits im vergangenen November hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck seine Pläne für das sogenannte Wasserstoff-Kernnetz vorgestellt. Um diese umzusetzen, sind seiner Prognose nach Leitungen mit einer Gesamtlänge von etwa 9700 Kilometern erforderlich – das entspricht fast 75 Prozent des deutschen Autobahnnetzes.

Die Bundesregierung erhofft sich viel von Wasserstoff und sieht darin einen Eckpfeiler der Energiewende, durch den sich langfristig große Mengen an produziertem CO2 vermeiden lassen. Habeck stellte in Aussicht, dass Deutschland maximal die Hälfte seines Bedarfs selbst wird produzieren können; der Rest müsste über Pipelines oder per Schifftransport eingeführt werden. Unterm Strich möchte sich der Bund dadurch trotzdem unabhängiger von Importen aufstellen, da die Quote bei Gas oder Öl noch deutlich höher sei.

Partnerschaften bestehen auf dem Papier

Ein Beitrag der Tagesschau erinnert daran, dass es mit der Verlegung von Wasserstoffleitungen längst nicht getan ist: Zur inländischen Produktion ist der Bau von entsprechenden Anlagen erforderlich, während viele ins Auge gefasste künftige Abnehmer – etwa aus der Industrie – unter großem Aufwand ihre eigene Energielogistik anpassen müssen.

Weiter heißt es, dass bereits "Energie- und Wasserstoffpartnerschaften mit rund 40 Ländern weltweit“ vereinbart worden sind, gleichzeitig allerdings noch keinerlei Klarheit darüber herrscht, woher genau Wasserstoff in Zukunft bezogen werden könnte.

"Am schnellsten realisiert werden kann eine Pipeline nach Dänemark und weiter nach Norwegen. Wir diskutieren auch mit Großbritannien und Irland, eine Leitung zu bauen", wird der Wirtschaftsminister zitiert.

Einheitliche Lösungen gefordert

"Wir müssen unsere Potenziale in Europa besser nutzen", mahnt Andreas Jung, energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion, wobei er die Situation rund um die Beschaffung von Corona-Impfstoffen ins Gedächtnis ruft: Nationale Alleingänge könnten zu einem Konkurrenzkampf führen, der die Preise für Wasserstoff massiv in die Höhe treibt. Deshalb spricht sich Jung für "eine gemeinsame europäische Beschaffung“ aus.

Auch Adrian Willig, Direktor beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI), betont unterdessen, dass sich Deutschland im Wettbewerb mit anderen Importländern befindet. Aufgrund des zunächst limitierten Bedarfs werde man "nicht nur auf grünen Wasserstoff setzen können“ und müsse auch Derivate berücksichtigen. Ein einheitliches Zertifizierungssystem sei zudem "entscheidend für international verbindliche Qualitätsstandards und somit Voraussetzung für verlässliche Importe und funktionierende Lieferbeziehungen.“

Obwohl er die Bedeutung eines flexiblen und schnell startenden Importhandels unterstreicht, hebt der VDI-Direktor gleichzeitig hervor: "Die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland ist ein wichtiger Baustein für die Wertschöpfung vor Ort" und dürfe nicht von der Einfuhrstrategie überschattet werden.

Kommentar schreiben

* Pflichtfelder.

leadersnet.TV