GELDGEBER DER HERTHA: 777 PARTNERS IN DER KRITIK
Die fragwürdigen Wurzeln des Fußball-Investors

| Redaktion 
| 24.01.2024

Seit beinahe einem Jahr hält die US-amerikanische Investmentfirma 777 Partners einen Mehrheitsanteil am derzeitigen Fußball-Zweitligisten Hertha BSC Berlin. Wie das (unter anderem) dafür notwendige Geld einst zusammengekommen ist, wird zunehmend kritisch beäugt.

777 Partners ist eine Investmentfirma mit Hauptsitz in Miami, Florida. Abseits der Finanzbranche dürfte der Name insbesondere Fußballfans geläufig sein, da das 2015 von Steven Pasko sowie Josh Wander gegründete und geführte Unternehmen in den letzten Jahren vor allem als Anteilseigner renommierter Clubs in Erscheinung getreten ist.

CFC Genua aus der italienischen Serie A gehört den US-Investoren zu 99,99 Prozent, Standard Lüttich komplett und der brasilianische Traditionsverein CR Vasco da Gama zu immerhin 70 Prozent; um nur einige der prominentesten Vertreter zu nennen. Dem iranisch-britischen Milliardär Farhad Moshiri möchte 777 Partners seine 94,1 Prozent betragenden Anteile am englischen FC Everton abkaufen – und nicht zuletzt wären da die mittlerweile 78,8 Prozent, zu denen den Amerikanern Hertha BSC Berlin gehört.

Kollision mit Konsequenzen

Im Februar 2005 kollidiert ein Truck mit dem Wagen, in dem sich die Familie der damals dreizehnjährigen Lyndsy Noell befindet. Noell selbst trägt bei dem Unfall bleibende Schäden davon; sie ist auf einem Auge blind und wird seitdem als geistig beeinträchtigt beschrieben. Im Rahmen eines sogenannten Structured Settlements spricht man ihr eine Vergleichssumme von einer Million US-Dollar zu, die ihr als monatliche Rente in Raten à 3047 US-Dollar ausgezahlt wird.

Zehn Jahre später befindet sich Noell in einer misslichen Lebenslage. Über ihren Schmerzmittelkonsum ist sie in die Drogenabhängigkeit geraten, deren Finanzierung sich zunehmend schwierig darstellt. Also entscheidet sie sich, Teile ihrer Ansprüche aus dem Structured Settlement gegen mitunter fünfstellige Sofortzahlungen zu verkaufen. Darauf wiederum wird eine Person aufmerksam, die mit Sutton Park Capital in Verbindung steht – eine Firma, die sich auf Ankäufe aus Structured Settlements spezialisiert.

Nach der Kontaktaufnahme per Facebook soll die Frau eigenen Angaben zufolge sozial isoliert, bedrängt und unter Drogen gesetzt worden sein, damit sie Sutton Park Capital den Anspruch auf den Rest ihrer Unfallrente überträgt.

Investments aus der moralischen Grauzone

Vom dazugehörigen Gerichtsfall berichtete zunächst die Washington Post, ehe der Business Insider das Bild darauf durch Einsicht in die Akten ergänzen konnte. Ob Lyndsy Noells Vorwürfe in der beschriebenen Form zutreffen oder nicht – sie richten einen Scheinwerfer auf den Umstand, dass Firmen wie Sutton Park Capital ebenjenes Kapital aus den individuellen Notlagen von gesundheitlich beeinträchtigten Personen schlagen.

Und was hat all das mit Fußball zu tun? Mitgründer von Sutton Park Capital im Jahre 2010 war Josh Wander. Sutton Park ist heute eine Tochtergesellschaft von 777 Partners und "bildete 2015 den Nukleus der Private-Equity-Firma, mit der Josh Wander und sein Partner Steven Pasko heute in defizitäre Vereine wie Hertha investieren", wie es der Business Insider formuliert.

Josh Wander (zweiter von rechts) bei der Vorstellung als neuer Hertha-Investor im März 2023 (Bild: YouTube / Hertha BSC Berlin)

Es scheint fraglich, dass die erhöhte Aufmerksamkeit auf die Art und Weise, wie Sutton Park und dadurch letztlich auch 777 Partners an ihre beträchtlichen Mittel geraten sind, ein Umdenken unter Entscheidern auslöst.

Keine sechs Jahre, nachdem der Journalist Jamal Khashoggi wegen unbequemer Berichterstattung auf Geheiß der saudi-arabischen Regierung umgebracht worden ist, lassen sich Weltstars wie Cristiano Ronaldo oder Karim Benzema den Spätherbst ihrer Karriere vor Ort vergolden. Im Zeitalter des hochdotierten Sportswashing gelingt es Spitzenvertretern verschiedener Disziplinen spielerischer denn je, hinderliche moralische Bedenken unter den Teppich zu kehren.

Was macht Lyndsy Noell jetzt?

Ihre restlichen Ansprüche in Höhe von beinahe 800.000 US-Dollar hat Lyndsy Noell, unter welchen Umständen auch immer, noch 2015 an Sutton Park Capital abgetreten und dafür eine einmalige Zahlung von 180.000 US-Dollar erhalten. Als sie den Deal wenig später juristisch anfechten wollte, erachtete ihn ein Richter als fair und angemessen, weshalb Lyndsy Noells Familie die gerichtliche Auseinandersetzung heute an ihrer Stelle fortführt. Die Gegenseite kann sich bis dahin darauf berufen, niemals gegen geltendes Gesetz verstoßen zu haben.

Vertreten wird Familie Noell von Farva Jafri, die nicht ganz ohne eigene Motivation gegen Sutton Park Capital ins Feld ziehen dürfte – immerhin gab sie eine Managementposition bei einer anderen 777-Tochterfirma vor einigen Jahren nicht im Guten auf; dem Business Insider zufolge soll die heutige Anwältin den Fußballverein-Sammler Josh Wander in diesem Zusammenhang sogar persönlich wegen Geschlechterdiskriminierung verklagt haben.

Mit Bezug auf die bereits 2020 eingereichte und nach wie vor verhandelte Klage der Noells wird sie zitiert: "Es ist wichtig, das Bewusstsein dafür zu schärfen, wer diese Leute sind und mit wem man als Fußballclub ins Geschäft kommt."

Was genau, will mir der Verfasser damit sagen?

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