Dank Elon Musk als schier omnipräsenter Gallionsfigur ist Neuralink das weitläufig bekannteste Unterfangen, das sich mit einer potenziell revolutionären Veränderung der Verständigung zwischen Mensch und Maschine befasst. Sogenanntes Human Enhancement, also die Erweiterung der menschlichen Fähigkeiten durch zusätzliche (technische) Elemente, spielt für Neuralink prinzipiell eine große Rolle: Zum Erreichen eines Brain-Computer-Interface setzt das Unternehmen vornehmlich auf Implantate, die physisch ins Gehirn integriert werden müssen.
Zander Laboratories möchte einen alternativen Weg aufzeigen. Das in Cottbus ansässige Startup arbeitet an einem pBCI, also einem passiven Brain-Computer-Interface, das Hirnsignale bei bestimmten Handlungen ohne invasiven Eingriff misst.
Die daraus gewonnenen Erkenntnisse darüber, in welchem mentalen Zustand das jeweilige Ziel erreicht worden ist, sollen kategorisiert und anschließend auf Maschinen übertragen werden. Diese sollen sich mittelfristig „in Echtzeit an die kognitiven und affektiven Zustände des Benutzers anpassen können", wodurch sich Zander Labs ein personalisiertes Nutzererlebnis und gesteigerte Fähigkeit zur Autonomie verspricht.
NAFAS macht das Rennen
Das Projekt hört auf den Namen „Neuroadaptivität für autonome Systeme", kurz NAFAS, und darf sich dieser Tage über einen monetären Anschub freuen, der seinesgleichen sucht: Die Agentur für Innovation in der Cybersicherheit GmbH (kurz Cyberagentur) und Zander Labs haben Mitte Dezember einen Vertrag an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) unterzeichnet, der dem Startup die derzeit größte Finanzierung eines einzelnen Forschungsprojekts in der Europäischen Union zur Verfügung stellt.
Der Auftragswert des Vertrags beläuft sich auf 30 Millionen Euro und ist der Lohn einer erfolgreichen Teilnahme an einem Wettbewerb, den die Cyberagentur auf der Suche nach der „innovativsten Idee zur Erforschung von Neurotechnologie im Kontext der Mensch-Maschine-Interaktion" ausgeschrieben hat. Zander Labs konnte sich gegen vier Mitbewerber durchsetzen.
Gruß aus dem Ministerium
„Das Projekt hat uns durch seine konzeptionelle Stärke und die innovative Herangehensweise überzeugt", begründet Dr. Andreas Schönau, stellvertretender Projektleiter und Forschungsreferent im Referat Mensch-Maschine-Interaktion der Abteilung Sichere Gesellschaft bei der Cyberagentur, die Auswahl der Gewinner. „Der implizite Ansatz ist einzigartig und hat das Potenzial, neue wissenschaftliche Standards in den Neurowissenschaften zu setzen."
Für Zander Labs stehen nun vier forschungsintensive Jahre auf dem Plan, an deren Ende vier Demonstratoren entstanden sein sollen. Die Cottbusser peilen an, dass Menschen mittels ihrer neurotechnologischen Prototypen bis dahin in der Lage sind, externe Systeme rein durch Gedanken mit Informationen zu versorgen und zu gewünschten Handlungen anzuleiten.
Im Rahmen der Vertragsunterzeichnung wurde auch ein Gruß von Brandenburgs Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, Dr. Manja Schüle, vorgetragen. Sie freut sich über „Science Fiction ‚Made in Cottbus'" und findet es „sensationell, dass die Cyberagentur für diesen disruptiv-innovativen Ansatz 30 Millionen Euro bereitstellt". Die Finanzierung sei „ein weiterer großartiger Schub für Wissenschaft und Forschung in der Lausitz".
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