Sebastian Kurz, lange Zeit eine zentrale Figur in der politischen Landschaft Österreichs, hat während seiner Amtszeit als jüngster Bundeskanzler des Landes viele Entwicklungen vorangetrieben und politische Akzente gesetzt. Integrationsstaatssekretär, Außenminister, Bundesparteiobmann und dann noch Kanzler. Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führten 2021 zu seinem Rückzug aus der Politik. Sebastian Kurz, Bundeskanzler a.D., ist nun als Unternehmer und Investor tätig. Zusammen betrachten wir mit ihm gegenwärtige und kommende gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Herausforderungen und Entwicklungen.
LEADERSNET: Es soll keine allzu politische Konversation sein, aber spielen Sie selbst mit dem Gedanken einer Rückkehr in die Politik?
Sebastian Kurz: Diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt und die Antwort ist immer die gleiche: Ich habe die Zeit in der Politik sehr genossen und es immer als Privileg empfunden, dem Land dienen zu dürfen. In den 10 Jahren in der Bundesregierung habe ich meinen Beitrag geleistet und es war Zeit für ein neues Kapitel in meinem Leben. Die neuen Aufgaben machen mir viel Freude und ich bin sehr zufrieden damit, wie die Dinge laufen.
LEADERSNET: In Ihrer Amtszeit als politischer Entscheidungsträger haben Sie eine Vielzahl politischer Reformen und Maßnahmen umgesetzt. Welche sehen Sie als Ihre wichtigsten politischen Erfolge und wie haben sie das Land verändert?
Sebastian Kurz: Diese Beurteilung überlasse ich lieber anderen. Es gibt aber natürlich Maßnahmen, auf die ich rückblickend stolz bin, weil sie das Leben der Menschen nachhaltig verbessert haben. Darunter etwa der Familienbonus und die Steuerreform, mit der wir besonders kleine und mittlere Einkommen entlastet haben. Zudem haben wir die kleinen Pensionen über der Inflationsrate erhöht. Das alles ist uns gelungen, ohne neue Schulden zu machen, sondern im Gegenteil: Zum ersten Mal seit 60 Jahren wurde ein Nulldefizit erreicht.
LEADERSNET: Das Leben als Unternehmer und Investor muss doch nun ein ganz anderes sein, als Ihr vorhergehendes als ehemaliger Spitzenpolitiker und Kanzler. Was ist das Schöne an Ihrem neuen Leben und was vermissen Sie an Ihrer vorhergehenden beruflichen Tätigkeit?
Sebastian Kurz: Mein Terminkalender ist weiterhin dicht gepackt und ich bin sogar noch öfter im Ausland als früher. Das Schöne im Vergleich zur Politik ist, dass ich mich bei meinen Auslandsreisen freier bewegen kann, ohne strenges Protokoll, und so die Menschen und die Kultur in den Ländern besser kennenlernen kann. Heute kann ich mir meinen Terminkalender größtenteils selbst einteilen – auch das war in der Politik anders. Obwohl ich mittlerweile Teams in Wien und in Israel aufgebaut habe, vermisse ich den Kontakt und die Zusammenarbeit mit den vielen unterschiedlichen Menschen aus meiner Zeit in der Politik. Glücklicherweise ergibt sich aber immer wieder die Gelegenheit, viele von ihnen auch privat zu treffen.
2017 bereits an seiner Seite - Elisabeth „Elli“ Köstinger, ehemalige österreichische Landwirtschaftsministerin, ist ebenso unter die Investoren gegangen (LEADERSNET berichtete) Foto © Roland Pelzl
LEADERSNET: Sie waren sehr früh politisch aktiv und hatten den Antrieb und den Ehrgeiz da zu sein und auch auf vieles zu verzichten. Wie hat Sie diese Zeit geprägt und was haben Sie dabei gelernt?
Sebastian Kurz: Es stimmt, dass ich bereits in jungen Jahren ehrenamtlich aktiv war und ich würde auch jedem, der mich fragt, empfehlen, das zu tun. Die Erfahrungen, die ich machen durfte, haben mich massiv geprägt und die Freundschaften aus dieser Zeit halten größtenteils bis heute. Berufspolitiker oder gar Bundeskanzler zu werden, war nie mein Ziel. Man lernt in diesen Funktionen aber extrem viel: Das beginnt bei der Disziplin, aber auch, große Teams zu leiten, sich schnell in neue Sachverhalte einzuarbeiten oder mit Druck umzugehen. Ich bin für jede Erfahrung und jede Begegnung dankbar.
LEADERSNET: Wir hatte erst vor kurzem ein Gespräch mit Christian Kern. Er war der Ansicht, dass man in Österreich mehr am Misserfolg des anderen verliebt ist, als in den Erfolg des eigenen Tuns. Bei all ihren konträren Auffassungsunterschieden, wie ist Ihr Standpunkt dazu? Dies auch im Hinblick auf die Inseratenaffäre.
Sebastian Kurz: Auch in diesem Punkt sehe ich die Dinge, wie so oft, anders als er: Österreich ist ein großartiges Land mit fleißigen Menschen. Es ist schlichtweg beeindruckend, was die Großeltern- und Elterngeneration aufgebaut hat. All das war sicher nur durch die Zusammenarbeit und den Gemeinschaftssinn in unserem Land möglich. Jetzt geht es darum, das Land in eine gute Zukunft und in eine Welt zu führen, die immer kompetitiver wird.
LEADERSNET: Sie sind als Investor aktiv und international vernetzt. In welche Unternehmen investieren Sie? In welche Branchen? Wo geht die „Reise“ hin? Welche aktuellen Entwicklungen beobachten Sie im Cyber-Security-Sektor? Unternehmen, die Sie entwickeln, fokussieren sich auf den Schutz von Firmen im Energie-, Öl- und Gasgeschäft, von Raffinerien bis hin zu Pipelines, im Gesundheitsbereich und vieles mehr.
Sebastian Kurz: Ich würde diese Bereiche gerne differenzieren. Als ich aus der Politik gegangen bin, habe ich ein Beratungsunternehmen in Wien gegründet, mit einem Schwerpunkt in Middle East. Das Team in Wien besteht mittlerweile aus rund 10 Personen. Daneben habe ich gemeinsam mit Alexander Schütz das Beteiligungsunternehmen as2k gegründet, mit dem wir in Unternehmen investieren. Das Thema Cybersicherheit beschäftigt mich seit meiner Zeit im Außenministerium und als Parteichef, weil ich selbst erlebt habe, welche Schäden Cyberangriffe im Bereich der kritischen Infrastruktur verursachen können. In den letzten Jahren nahm die Anzahl solcher Angriffe stetig zu. Gemeinsam mit zwei israelischen Partnern habe ich daher das Unternehmen Dream Security in Tel Aviv gegründet. Das Unternehmen ist noch sehr jung, nicht einmal ein Jahr alt. Mittlerweile haben wir aber ein kleines Team von rund 50 Leuten und ich würde sagen, es entwickelt sich gut.
LEADERSNET: Das inflationäre Umfeld machte deutlich, wie abhängig wir von anderen Ländern sind, wenn es zur Sicherstellung leistbarer Energie kommt. Was sind mögliche Lösungsmöglichkeiten in naher Zukunft? Die USA scheinen uns hier weit voraus zu sein, was zu Wettbewerbsnachteilen für Europa beiträgt und den Wirtschaftsstandort unattraktiver macht. Wenn man die Energiepreise analysiert, das Gas, welches aus Russland, aus Norwegen, den Nordseeländern nach Europa gekommen ist und sich die Preise ansieht, welche an den Börsen gehandelt wurden, gab es Aufschläge um ein Vielfaches. Das alles haben die Konsumenten und Unternehmen zu bezahlen. Das Problem, welches wir haben, ist durch die russische Aggression entstanden, jedoch haben davon auch unglaublich viele profitiert. Was kann man für die Zukunft daraus lernen?
Sebastian Kurz: Die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und auch anderer europäischer Länder ist stark abhängig von billiger Energie, weil wir in Europa im Vergleich sehr hohe Lohnkosten haben. Günstiges Gas aus Russland war daher in der Vergangenheit ein wesentlicher Erfolgs- und Wohlstandsfaktor. Ich halte sehr wenig davon, nun im Rückspiegel betrachtet alles zu kritisieren, denn was wären denn die Alternativen gewesen? Ich finde auch, dass sich Österreich in Sachen erneuerbarer Energie auf einem guten Weg befindet. Wichtig ist dabei aber, dass wir bestimmte Grundprinzipien dabei nicht aushebeln. Mit Verboten und Strafen wird es schwierig werden, die Bevölkerung auf diesem Weg mitzunehmen.
LEADERSNET: War Österreichs Umgang mit Wladimir Putin in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten richtig? Sie haben Wladimir Putin sehr oft getroffen und ihm nach der Annexion der Krim empfangen. Würde er jegliche rote Linie überschreiten? Eine Kapitulation der Atommacht Russland scheint nicht denkbar zu sein. Eine Niederlage und Kapitulation für Russland wird somit keine Option sein. Eine sinnvolle Lösung kann es daher nur am Verhandlungstisch geben. Wie könnte diese aussehen?
Sebastian Kurz: Als Regierungschef habe ich Wladimir Putin mehrmals getroffen, auch zu Vier-Augen-Gesprächen. So wie jeder Kanzler vor mir und viele andere Regierungschefs dieser Welt auch. Dass es insbesondere seit der Annexion der Krim massive Spannungen zwischen Russland und der Ukraine gegeben hat, ist kein Geheimnis. Dennoch hätten es wohl die wenigsten – auch ich nicht – für möglich gehalten, dass Putin einen militärischen Angriffskrieg gegen die Ukraine startet. Ich halte die Solidarität der Europäischen Union mit der Ukraine für wichtig und richtig. Man darf allerdings nicht aus den Augen verlieren, dass Russland eine Atommacht ist und Putin sicherlich keine militärische Niederlage akzeptieren wird. Wichtig wäre, das Blutvergießen endlich durch einen Waffenstillstand zu beenden und zu versuchen, auf diplomatischem Wege eine Lösung zu finden.
LEADERSNET: Sie haben Büros in Israel und Österreich und sind dort geschäftlich aktiv. Blickt man auf die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich, liegen wir weit abgeschlagen. Was braucht es in Österreich um zu anderen Ländern im Start-up-Bereich aufzuholen? Was sind die kulturellen Differenzen die Sie vorfinden? Sind die Mentalitäten unterschiedlich?
Sebastian Kurz: Auf der einen Seite ist das natürlich eine kulturelle Frage, auf der anderen Seite aber auch strukturell bedingt. Insbesondere im Bereich Cyber profitiert Israel von der Ausbildung im Militär und in den Geheimdiensten. Viele wechseln nach einer Karriere im öffentlichen Sektor in die Privatwirtschaft und nehmen sehr viel Know-How mit. Dazu kommt, dass Israel bereits in den 90er Jahren Initiativen gesetzt hat, die es Start-Ups erleichtert haben, an Kapital zu kommen. Während in Österreich oft die Sorge vor dem Scheitern vorherrscht, gibt es in Israel eine hohe Risikobereitschaft bei Investoren. Gerade im Bereich Venture Capital könnte man in Österreich sicherlich einiges von Israel lernen.
Sebastian Kurz hat immer noch seine Fanbase - hier bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele vor wenigen Wochen (LEADERSNET berichtete) Foto: BrauerPhotos / K.S.
LEADERSNET: Integrationsstaatssekretär, Außenminister, Bundesparteiobmann und dann noch Kanzler. Die politische Phase lief dann jedoch anders als Sie es sich vorgestellt hatten. Was haben Sie daraus gelernt?
Sebastian Kurz: Ich bin in mittelständischen Verhältnissen aufgewachsen und hätte nie damit gerechnet, einmal Regierungsmitglied zu sein – und schon gar nicht Bundeskanzler. Wenn ich zurückblicke, bin ich sehr stolz auf das, was meinem Team und mir in dieser Zeit gelungen ist und vor allem dankbar dafür, dass wir einen Beitrag leisten durften, unser Land ein Stück weit in die richtige Richtung zu bewegen. Heute engagiere ich mich mit vergleichbarem Einsatz in der Privatwirtschaft, was für mich ebenso spannend ist. Ich habe das Gefühl, neue Perspektiven zu erkunden und ständig dazuzulernen – und das alles in einer Lebensphase, die nach wie vor verhältnismäßig jung ist.
LEADERSNET: Was ist der beste Ratschlag, den Sie für ihre berufliche Laufbahn und Ihr Leben je erhalten haben? Was ist die wichtigste Lektion, die Sie aus all dem gelernt haben?
Sebastian Kurz: Als mich Michael Spindelegger zum Staatssekretär für Integration gemacht hat, war die Welle an negativer Berichterstattung in den Medien massiv. Vieles von dem, was damals über mich behauptet wurde, war außerdem frei erfunden – etwa, dass ich im Nobelbezirk Hietzing wohnen würde oder mit dem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen sei - was beides nicht stimmt. Ich wohne nach wie vor in Meidling und einen goldenen Löffel gab es damals wie heute nicht. In dieser Zeit hat mir ein guter Freund geraten, mich nicht davon beirren zu lassen, sondern das zu tun, was ich für richtig erachte. Als die Berichterstattung etwas besser wurde, kam er nochmals auf mich zu und meinte, dass dies nun umso mehr gelte. Dieser Grundsatz hat mich über meine gesamte Laufbahn in der Politik begleitet und auch heute tue ich unbeirrt das, was ich für richtig erachte.
LEADERSNET: Sie sind vor nicht allzu langer Zeit Vater geworden. Was hat sie ihr Sohn gelehrt? Sind Kinder nicht Spezialisten im Jetzt? Keine Zukunft und keine Vergangenheit….
Sebastian Kurz: Ein Kind zu haben verändert den Blick auf viele Dinge – egal, ob in der Politik oder in der Privatwirtschaft. Das Schönste ist, mit dem eigenen Kind Zeit zu verbringen und den eigenen Sohn wachsen, lernen und lachen zu sehen.
Wo geht die Reise hin ?
Ich hoffe , dass die Reise ins Gefängnis geht
ICH / WIR bzw. VIELE HABEN SIE SEHR GESCHÄTZT !!!
& BEDAUERN DIE INTRIGENSCHAFT!
WENN *SIE* SPRACHEN VERSTAND MAN SIE , die meisten reden & reden & bleibt nichts übrig!
TRAUT er sich NICHT,
UNS in die AUGEN ZU SCHAUEN,
bezeichnend !
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