LEADERSNET: Corporate Influencer:innen – sind sie die neuen Stars in Unternehmen?
Duygu Bayramoglu: Ob Corporate Influencer:innen Stars sind, kann ich nicht sagen – aber sie können auf jeden Fall einen Star-Status erreichen, auf ihrem Gebiet, in ihrer Branche und in ihrem Unternehmen. Denn: Corporate Influencer:innen haben zweifellos eine wachsende Bedeutung in Unternehmen. Sie können zu wichtigen Markenbotschafter:innen und Meinungsführer:innen werden, weil sie durch ihre Expertise, Glaubwürdigkeit und Präsenz eine starke Wirkung auf die Wahrnehmung und das Image eines Unternehmens haben. Sie spielen eine wertvolle Rolle bei der Steigerung der Sichtbarkeit, des Vertrauens und der Bindung von Kund:innen, Mitarbeitenden und anderen Interessensgruppen.
LEADERSNET: Wo finde ich die passenden Corporate Influencer:innen?
Duygu Bayramoglu: Oft geht der Blick zu schnell nach außen und man sucht händeringend nach externen Markenbotschafter:innen. Doch der Blick nach innen lohnt sich. Zunächst sollte die Firma die Unternehmensziele, die Zielgruppen und vor allem eine interne Corporate Influencer-Guideline entwickeln. Sie schafft einen klaren Rahmen und gibt den Mitarbeitenden Werkzeuge an die Hand, die ihnen dabei helfen, digital sichtbar zu werden. Die Werkzeuge dienen nicht zur Kontrolle, sie liefern den Corporate Influencer:innen ein gutes Gefühl, das Thema nicht alleine angehen zu müssen. Die Kreativität sollte niemals eingeschränkt werden. Wichtig ist letztendlich, Fachwissen zu vermitteln, Leidenschaft und eine authentische Stimme in relevanten Bereichen zu besitzen. Erst im zweiten Schritt sollten neben aktuellen Mitarbeitenden, die bereits eine starke Online-Präsenz haben, auch externe Expert:innen sein, die in der Branche bekannt sind oder großes Potential hätten, die gewünschte Zielgruppe zu erreichen, angesprochen werden (divers und inklusiv).
LEADERSNET: Sind Corporate Influencer:innen der Hebel, um fehlende Mitarbeitende zu gewinnen?
Duygu Bayramoglu: Ja, sie können sicherlich dazu beitragen, die Anziehungskraft eines Unternehmens auf potenzielle Mitarbeiter zu steigern – wobei Corporate Influencer:innen immer nur als Spiegelbild eines Unternehmens fungieren. Speziell die Gen Z, die nun auf den Arbeitsmarkt drängt, besitzt einen „Bullshit-Detektor“. Alles, was nach außen getragen wird, sollte auch nach innen stattfinden. Eine Frage, die ich meinen Kund:innen immer stelle ist: „Wann haben sie als Arbeitgeber:in das letzte Mal ihre Recruiting Strategie an den gegenwärtigen Arbeitsmarkt angepasst?” Wenn mir darauf keiner antworten kann oder die Antwort suggeriert, dass es mich zu dem Zeitpunkt nicht gegeben hat, dann kann man von den Corporate Influencer:innen keine Wunder erwarten. Hier funktioniert eben nicht: Was nicht passt, wird von den Corporate Influencer:innen schon passend gemacht!
LEADERSNET: Welche Plattform passt zu wem?
Duygu Bayramoglu: Die richtige Plattform ist keine Einbahnstraße, es muss in zwei Richtungen gedacht werden. Zum einen geht es darum, welche Plattform zur Corporate Influencer:in passt und zum anderen, wo die Zielgruppe unterwegs ist und was die Ziele des Corporate Influencer:innen-Programms sind. Es ist wichtig, die Plattformen zu wählen, auf der die Mitarbeitenden sich auch wohlfühlen, zugleich aber auch ihre Ziele im Einklang mit den Unternehmenszielen bringen können. LinkedIn ist eine gute Wahl, um sich im B2B-Bereich zu positionieren und Geschäftskontakte zu knüpfen. Instagram eignet sich gut für visuelle und inspirierende Inhalte, eine jüngere und sehr ästhetische Zielgruppe anspricht. X, früher Twitter, oder Threads, die neue App von Meta, kann für den Austausch von Meinungen und die Teilnahme an Branchen-Diskussionen nützlich sein. TikTok ist super, um die junge Zielgruppe u.a auch für Recruiting zu gewinnen. Unterm Strich ist aber ein Mix aus den Kanälen entscheidend, denn viele Plattformen dienen unterschiedlichen Zwecken. Und der Mix bzw. die mehreren Touchpoints, die entstehen, vermitteln auch ein ganzheitliches Bild. Wir müssen das digitale Nutzerverhalten potentieller Bewerber:innen verstehen. Die junge Zielgruppe hält sich nicht wie die Mehrheit der Boomer nur auf einer Plattform wie Facebook auf. Junge User:innen sind auf vielen Plattformen unterwegs und das mehrmals am Tag, das bietet großes Potential diese auch mit den eigenen Botschaften öfter zu erreichen. Es braucht mehrere Anknüpfungspunkte im Recruiting, kein Mensch bewirbt sich bei einer Marke, die er nicht kennt in nur 0,3 Sekunden. Das ist mittlerweile die Aufmerksamkeitsspanne, in so kurzer Zeit muss ihr Content konvertieren.
LEADERSNET: 3 goldene Regeln, um mit einem Corporate Influencer:innen-Programm loszulegen:
Duygu Bayramoglu:
Regel Nr. 1: Definieren Sie klare Ziele und klare Botschaften für das Corporate Influencer:innen-Programm.
Das A und O bei einer Online-Präsenz ist immer die Strategie mit smartdefinierten Zielen und einer klaren Botschaft. Mein Tipp lautet: Reduzieren Sie Ihre Botschaft für maximale Aufmerksamkeit und um die richtige Zielgruppe zu erreichen. Daran scheitern schon die ersten.
Regel Nr. 2: Schulung und Unterstützung: Digitale Befähigung, klarer Leitfaden und Support auf ganzer Linie!
Bieten Sie den Corporate Influencer:innen eine:n feste:n Ansprechpartner:in, Schulungen und Ressourcen, um ihre Fähigkeiten im Umgang mit Social Media und Online-Präsenz zu verbessern. Stellen Sie auch Tools bereit, um die kreative Erstellung und Verbreitung von Inhalten zu erleichtern.
Regel Nr. 3: Authentizität und Transparenz!
Die Glaubwürdigkeit der Corporate Influencer:innen ist von größter Bedeutung. Lassen Sie ihnen stets den Raum und die Zeit, die sie brauchen, um ihre eigenen Meinungen auszudrücken und authentische Inhalte zu teilen. Gleichzeitig sollten klare Regeln zur Einhaltung von Unternehmenswerten und -richtlinien festgelegt werden, um Missverständnisse, aber auch Fehltritte zu vermeiden. Hier geht es auch darum, klarzumachen, dass der digitale Raum nicht rechtssicher ist und wir hier Regeln haben, die befolgt werden müssen. Schaffen sie gleichzeitig Sicherheit, indem sie genau diese Themen aufgreifen und die Mitarbeitenden schulen.
LEADERSNET: Wie schule ich Corporate Influencer:innen?
Duygu Bayramoglu: Das Unternehmen sollte mit einer internen oder externen Expert:in für Social Media & Corporate Influencer sprechen und alle Interessierten an Bord holen, um z.B. in einem individuellen Workshop den Wissensstand abzufragen und die Mitarbeitenden anschließend zu schulen. Die Schulung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Corporate Influencer:innen das Unternehmen angemessen repräsentieren und effektiv mit der Zielgruppe kommunizieren. So ein Seminar ist wichtig, um auch mögliche Hemmungen im Umgang mit Social Media zu überwinden. Solch eine Fortbildung sollte Themen wie Bewusstsein für Social Media, Guidelines, Social Media-Content-Creation, Social Media-Best Practices, Online-Reputation-Management, Storytelling und den Umgang mit potenziellen Herausforderungen abdecken.
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