"Influencer Marketing ist trotz der Digitalsierung vor allem ein Mensch-zu-Mensch-Geschäft"

Mit gerade einmal 25 Jahren ist Sarah Emmerich schon Unternehmerin, Agenturgründerin, Event-Host, Mutter und Investorin. Eine intelligente, junge und beeindruckende Frau, welche man nicht alle Tage trifft. Gemeinsam beleuchten wir mit ihr aktuelle und zukünftige Trends des Marketings.

Sarah Emmerich ist das, was man im digitalen Zeitalter als „Social Media Native“ bezeichnet. Mit dem Abitur noch gar nicht fertig, wagte sie bereits den Sprung in das Unternehmertum. Die Plattformen, auf denen heute Budgets in vielfacher Milliardenhöhe von Unternehmen für Netzwerke und Kooperationen mit Influencern oder anderweitige Marketingkampagnen ausgegeben werden, kennt sie seit Kindheitstagen. Mit diesen ist sie aufgewachsen und diese sind ihre Bestimmung. Damals noch ein Randbereich des Marketings, ist Social Media & Influencer Marketing heute unverzichtbarer Bestandteil von Werbekampagnen. 

LEADERSNET: Wie sind Sie aufgewachsen? Welche Schwierigkeiten gab es zu bewältigen? Was hat Sie geprägt?

Sarah Emmerich: Ich bin bereits seit sieben Jahren selbstständig und bin direkt nach dem Abi in das Unternehmertum gestartet. Ich hatte keine Kinder, nichts zu verlieren, keine Verantwortung und alle Türen standen offen. Von meiner Perspektive aus war das einfach. Mein Vater war klassischer Angestellter in einer Bank und meine Mutter „Teil-Zeit-Selbstständig“ im Sport- und Gesundheitsbereich. Persönlich prägten mich die Trennung meiner Eltern und der frühe Verlust meines Vaters. Es gab einige Schicksalsschläge, welche mich jedoch dazu veranlasst haben, dass ich unabhängig werden und möglichst früh Verantwortung übernehmen wollte. Trotzdessen war ich zu einem guten Zeitpunkt am „Zahn der Zeit“ und habe dann meine Rolle gefunden und früh mit Social Media und Influencern Geld verdient. Selbst war es nie mein Ziel Influencerin zu werden. Mich faszinierten mehr das Business und die Branche dahinter. Anfangs gab es den Begriff „Influcencer“ noch gar nicht und so wuchs ich da rein.

LEADERSNET: Für diejenigen, die es nicht wissen, was bedeutet es ein Social Media Native zu sein, bitte erklären Sie was Sie tun. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, sich auf Influencer-Marketing zu spezialisieren, und welche Vorteile sehen Sie darin?

Sarah Emmerich: Ich hatte seit Kindheitstagen immer Social Media in meinen Leben. Unter Social Media Native versteht man, dass es normal ist, dass es das gibt, immer mit der Welt verbunden zu sein und auf Informationen und auf andere tausende Social Media Nutzer Zugriff zu haben. So nehme ich meine Generation und mich wahr.

Über verschiedene Stationen der Eventbranche bin ich in das Thema Social Media und Influencer Marketing reingekommen. So war ich sehr früh verantwortlich für die Social Media Accounts von Brands und Festivals und ich merkte früh, dass das ein großes Thema für Unternehmen werden wird. Das hat sich dann zu meiner jetzigen Firma entwickelt. Was mein Unternehmen macht, ist Marken zu beraten und ihnen dabei zu helfen, mit den richtigen Influencern zusammenzuarbeiten. Wir sehen uns als Sparringspartner im Influencer Marketing für Marken. Wir haben keine Influencer unter Vertrag, wir sind kein Management, sondern eine Beratungsagentur für Influencer Marketing und alles was damit zu tun hat. Das betrifft den typischen Instagram Influencer, den wir vermitteln, bis hin zu einer Strategie, wie du mit LinkedIn Influencern zusammenarbeitest. Drumherum haben sich andere Projekte ergeben, wie den Business Creator Summit, wo wir im Juni wieder mehr als 300 Teilnehmer hatten.

LEADERSNET: Wie wählen Sie die passenden Influencer für eine Kampagne aus und welche Kriterien sind Ihnen dabei wichtig?

Sarah Emmerich: Wir nehmen dies anhand qualitativer und quantitativer Faktoren vor. Generell arbeiten wir mit keiner Marke zusammen, wenn diese nicht bei uns einen Strategie-Workshop absolviert. Dies deshalb, da wir ganzheitlich und nachhaltig vorgehen wollen und nicht einfach ein Budget von den Kunden in die Hand gedrückt bekommen möchten. So arbeiten wir eine individuelle Strategie aus. Beispielsweise ging es bei der Marke „Rittersport“ um die vegane Ernährung. Vegane Sorten sollten in den Fokus gerückt werden und Influencer sollten diese bewerben. Fragen die es zu beantworten gab: Welche Influencer machen Sinn? Welche Plattformen auswählen? Welche Story erscheint angebracht? Hierzu haben wir uns in den letzten Jahren ein Netzwerk aufgebaut und auf dieses greifen wir zurück. Auch arbeiten wir sehr datenbasiert und mit analytischen Tools. So checken wir bereits im Vorfeld den Influencer aufs Zielgruppe, Reichweite, geographische Region und ob der auch wirklich zur Marke passt.

LEADERSNET: Wie schaffen Sie es, authentische und langfristige Partnerschaften zwischen Marken und Influencern aufzubauen?

Sarah Emmerich: Der Vorteil ist, dass wir rein auf Influencer Marketing spezialisiert sind. Influencer Marketing ist trotz der Digitalsierung ein Mensch-zu-Mensch-Geschäft. Dieses Geschäft funktioniert nicht wie Facebook oder Google Ads (sprich ich stecke mehr Geld rein, dann kommt hoffentlich mehr Geld dabei raus). Wir wollen mit Influencern eine langfristige Partnerschaft aufbauen und mit diesen auch dauerhaft eine Verbindung herstellen. Unser Ziel ist immer, dass Influencer weiter mit uns zusammenarbeiten.

LEADERSNET:  Wie gehen Sie mit der steigenden Anzahl von Influencern und der zunehmenden Konkurrenz in diesem Bereich um?

Sarah Emmerich: Einen erhöhten Wettbewerb stellt das für uns nicht dar. Im Gegenteil ist dies für uns eher ein Vorteil. Wir können so aus einer noch größeren Auswahl schöpfen. Die Konsolidierung von bereits bestehenden Plattformen betrifft uns ebenso nicht wirklich. Unser Job ist den Durchblick zu wahren und die richtigen Influencer zu selektieren. Das Problem ist mehr, wenn wir Influencer gefunden haben, dass diese mit uns dann auch kooperieren wollen. Wenn wir zehn Influencer für eine Kampagne brauchen, dann müssen wir meist bei 50 Influencern anfragen.

LEADERSNET: Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Fehler, die im Social Media & Influencer Marketing gemacht werden?

Sarah Emmerich: Keine Strategie. Keine datenbasierte Checks. Kein geplantes Vorgehen. Keine Verwendung von Tools. Ausgeben von viel Geld, weil irgendjemand im Marketing von der Brand denkt, der Influencer wäre toll. Keine Checks im Hinblick auf Zielgruppe, Hochwertigkeit und einer Reihe anderer qualitativer und qualitativer Merkmale. Hinzu kommt, dass Brands Influencer Marketing machen wollen, jedoch selbst keinen guten Social Media Auftritt haben. Ich würde sagen, die Basis ist, dass die eigenen Social Media Kanäle sinnvoll bespielt und aufgebaut sind.

LEADERSNET: Welche aktuellen Entwicklungen beobachten Sie bei Marken im Influencer Marketing?

Sarah Emmerich: Das Thema Nachhaltigkeit ist seit Jahren präsent. Auch in meiner Branche gab es Fälle von Greenwashing. Was ich beobachte ist, dass Kooperationen rein mit Bildern rückläufig sind. Heute sind Postings mit Bildern kaum mehr relevant und es geht immer mehr in Richtung Video Content und Live-Straming. So kann eine enge Verbindung mit den Followern hergestellt werden.

LEADERSNET: Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Umwelt-, Sozial- und Governance-Faktoren (ESG)? Was trägt Ihr Unternehmen bzw. was tragen Influencer dazu bei ?

Sarah Emmerich: Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit im Unternehmen. Was Influencer betrifft, ist die Frage, wo man die Grenze zieht. Wir haben letztes Jahr ein sehr nachhaltiges Event mit „Recup“ auf die Beine gestellt. Recup ist ein Pfandsystem für Gastronomen und vermeidet so Einwegbecher. Da hier keine Produkte verkauft werden, zielten wir auf Brand Awareness ab – sprich Bekanntheit zu schaffen, dass es dieses Angebot gibt. Mit der Nachhaltigkeits-Influencerin Louisa Dellert und 12 anderen Influencern haben wir ein Event gehostet und konnten, für das was wir investiert haben, sehr gute Ergebnisse erzielen. Das ganze Event zielte auf Nachhaltigkeit habe. Alle Influencer waren aus Berlin, sodass niemand anreisen musste. Wir waren in einem Zero-Waste Restaurant untergebracht. Das hat alles super zu unserer Kampagne gepasst und war ein echter Event mit Mehrwert, Quiz, Vorträgen und vielem mehr. Es wäre aber gelogen, wenn ich sagen würde, dass wir nur solche Projekte machen.

LEADERSNET: Sie sind junge Unternehmerin, Agenturgründerin, Event-Host, Mutter und haben den Antrieb und den Ehrgeiz da zu sein und auch auf vieles zu verzichten. Wie prägt Sie diese Zeit und was lernen Sie dabei?

Sarah Emmerich: Ich habe keinen wirklichen Vergleich. Das ist auch das „Problem“. Für mich ist es normal selbstständig zu sein, da ich noch nie fest in einem Vollzeitjob angestellt war. Aber das ist auch nichts für mich. Es ist für mein Alter nicht normal, aber viele Sachen kannst du nicht wissen, wenn du es nicht anders erfahren hast. Derzeit überlege ich, was ich machen kann, um die Welt ein bisschen besser zu machen. Influencer Marketing ist natürlich auch sehr oberflächlich und es bringt nicht immer Fortschritte mit sich. Ich habe Geld gespendet, aber es ist etwas anderes seine eigene Zeit für wohltätige Zwecke aufzuwenden. Der größte Hebel eines Menschen ist seine Arbeitszeit.

LEADERSNET: Welche Herausforderungen sehen Sie für Frauen in der Geschäftswelt und welche Veränderungen würden Sie sich wünschen, um diese zu überwinden?

Sarah Emmerich: Ich hatte nie gemerkt, dass ich nicht ernst genommen wurde. Mein Thema ist eines, wo ich im Marketing auch in der Mehrzahl der Fälle unter Frauen bin. Was mich mehr ärgert ist, dass junge Mädchen in ihrer Naivität ausgenutzt werden. Das sind gesellschaftliche Probleme die mich mehr beschäftigen. Wir leben leider immer noch in einer eher männlich ausgerichteten Gesellschaft und das merkt man immer wieder als Frau. Ich habe in vier Start-ups investiert und da findet man überwiegend Männer unter den Gründern und Investoren.

LEADERSNET: Sie sind Mutter eines kleinen süßen Kindes. Was hat sie ihr kleiner Weggefährte gelehrt?

Sarah Emmerich: Mein Kind hat mich viel mehr Geduld gelehrt und auch öfters nein zu sagen. Ich habe auch viel mehr hinterfragt, was ich mit meiner Arbeitszeit mache. Ich arbeite auch produktiver, effizienter und fokussierter, da ich mit meiner Zeit begrenzter haushalten und immer noch genügend Zeit für mein Kind finden muss.

Bernhard Führer
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