Immer neue Temperatur-Rekorde, Waldbrände und Wasserknappheit im Mittelmeerraum könnten langfristig die Ströme der Touristen verändern. Laut Daten der European Travel Commission (ETC) ist die Anzahl der Menschen, die von Juni bis November nach Südeuropa reisen möchten, im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent gesunken, da die sengende Hitze zu Dürren und Waldbränden geführt hat. Im Gegensatz dazu verzeichnen Länder wie Tschechien, Dänemark, Irland und Bulgarien ein sprunghaft steigendes Interesse an ihren Reisezielen.
Miguel Sanz, der Leiter der ETC, betonte, dass unvorhersehbare Wetterbedingungen in Zukunft einen stärkeren Einfluss auf die Reiseentscheidungen der Menschen in Europa haben werden. Ein Bericht der Dachorganisation europäischer Tourismusmarketing-Organisationen zeigt, dass 7,6 Prozent der Reisenden extreme Wetterereignisse als Hauptproblem bei Sommerreisen betrachten. Es wird erwartet, dass kühlere Reiseziele oder die Reisezeiten im Frühjahr und Herbst an Bedeutung gewinnen könnten, wenn sich dieser Trend fortsetzt.
Forschende der Studie der Europäischen Kommission haben sich eingehender mit dem Thema beschäftigt und die regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus in Europa bis zum Jahr 2100. Die Expert:innen kamen zum Befund, dass je nach Erwärumungsstufe (schlimmstenfalls um drei bis vier Grad mehr bis 2100) erhebliche Veränderungen in der Urlaubsnachfrage eintreten werden. „Wir stellen ein klares Nord-Süd-Muster fest, mit einem Anstieg der touristischen Nachfrage in den zentralen und nördlichen Gebieten und einem Rückgang der Nachfrage in den südlichen Gebieten“, heißt es in der Studie.
Urlaube werden in den Norden verlegt
Der stärkste Rückgang ist in Griechenland zu erwarten. Hingegen könnten nördlichere Länder in Europa, wie zum Beispiel die Küstenregionen Großbritanniens, einen deutlichen Anstieg an Touristen verzeichnen. Besonders in den Sommermonaten und dem frühen Herbst könnte die Nachfrage in nordeuropäischen Ländern signifikant steigen. Allerdings könnten südeuropäische Gebiete aufgrund der steigenden Temperaturen in der Hauptsaison einen Rückgang verzeichnen, da es am Mittelmeer bei den wärmeren Klimaszenarien möglicherweise zu heiß wird.
Skifahren wird zum Luxus
Der Ökonom und Tourismusexperte Oliver Fritz gibt in einem Podcast Auskunft darüber, welche Destinationen bis zum Jahr 2050 außerdem noch profitieren und inwieweit Urlaubsanbieter umdenken müssen. Nachfolgend die wichtigsten Befunde:
- Reisewillige, die die Möglichkeit haben, werden ihre Urlaube auf Randzeiten in Monate wie April, Mai, September oder Oktober verlegen - diese Monate erfahren eine Aufwertung.
- Kühlere Destinationen profitieren – darunter Zentraleuropa, allen voran die Alpen, Skandinavien, die Ostsee, etc.
- Touristiker in den Alpen investieren zunehmend in den Sommertourismus. Höher gelegene Hotels bauen Pools, Bergseen werden zu Badeseen "aufgerüstet"
- Die Betreibung von Skianlagen wird aufwendiger und kostenintensiver, Skiurlaube werden teurer und werden daher, wie in Nordamerika zunehmend zum Luxusprodukt. Der Sommerskiurlaub wird Geschichte werden.
- Dafür könnte das Mittelmeer für den Wintertourismus an Bedeutung zunehmen.
- In den Städten müssen Touristiker zunehmend auf Angebote an den Tagesrändern setzen.
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