Vor gut zehn Jahren lief im wichtigsten italienischen Sender RAI eine neue Fernsehserie an. In „Un passo dal cielo“ (dt.: ein Schritt bis zum Himmel) geht es, ähnlich der deutschen Serie „Forsthaus Falkenau“ um einen durch und durch edelmütigen Förster, der in seiner Gegend nach dem Rechten sieht. Gespielt wird der Held der Italo-Version von keinem geringeren als Terence Hill. Dieser wohnt in einer Holzhütte an einem abartig schönen See in den Südtiroler Dolomiten. Die Geschichten sind seicht, die Landschaft ein Traum und so wurde die Serie schnell zu einem großen Hit.
© BR/BetaFilm/Alessandro Molinari
Zu schön um wahr zu sein
Mittlerweile spielt ein anderer Schauspieler die Hauptrolle und der Drehort wurde woandershin verlegt. Doch der Hype rund um den Originalschauplatz ist geblieben. Jahr für Jahr pilgern Jahr für Jahr zigtausende Italiener zum Pragser Wildsee, weil sie das wunderbare Fleckchen Erde mit eigenen Augen sehen wollen. Befeuert werden sie außerdem von den vielen Postings auf Social Media, in denen das Wasser des Sees dank den Filtern sei Dank in noch stärkeren grünblauen Tönen schimmert.
Während der See auf Instagram meist menschenleer zu sehen ist, schaut die Realität anders aus. Der Ort ist ein absoluter Touristenhotspot. An jedem Tag schiebt sich die Besuchermasse in einer Schlange rund um den See. Es gibt Gerangel um den besten Platz für ein Selfie. Von Einsamkeit in der Natur kann keine Rede mehr sein.
Die Gemeinde reagierte mit einem Hotspot-Management
Weil das Ganze mit der Zeit sowohl für die Einheimischen, als auch für die Touristen unerträglich geworden ist, hat die Gemeinde des kleinen Seitentales, an dessen Ende sich der See befindet, Maßnahmen beschlossen. Seit Jahren werden die Besucherströme nun schon mittels Zufahrtsbeschränkungen reguliert. Wer in den Sommermonaten untertags zum See will, der muss den öffentlichen Nahverkehr nutzen, mit dem Fahrrad fahren oder zu Fuß gehen. Das Auto muss stehen bleiben, Zufahrtsberechtigte und Personen, die sich eine Zufahrt digital gebucht haben, ausgenommen.
Das Hotspot-Management bewährt sich. Zwar sind die Besuchermassen immer noch groß, doch zumindest die Autokolonnen sind weg. Daher haben von ähnlichen Besuchermassen geplagte Orte in der Umgebung wie die Drei Zinnen vergleichbare Maßnahmen gestartet.
Bettenstopp in Südtirol: Kritik von allen Seiten
Nicht nur dort, sondern in weiten Teilen Südtirols nimmt der Tourismus stetig zu. Im Jahr 2000 zählten die Analysten 24 Mio. Übernachtungen, 2019 waren es bereits 34 Mio. Wohlgemerkt: In der Provinz leben gerade einmal 500.000 Menschen. Irgendwann hat auch die Politik erkannt, dass es so nicht weitergehen kann und hat mit einer drastischen Maßnahme reagiert: Ein Bettenstopp, also eine Begrenzung der Übernachtungsplätze sollte ab 2019 dafür sorgen, dass nicht noch mehr Gäste ins Land kommen.
Um eine klare Datengrundlage zu ermitteln, sind Südtirols Gastbetriebe dazu aufgerufen, die Zahl ihrer Plätze zu melden. Weil die Landesregierung die Fristen hierfür immer wieder verlängert, sprechen Naturschützer von einer ungenügenden und nur halbherzigen Maßnahme. Touristiker wiederum sehen darin eine unfaire Wettbewerbsbeschränkung, die davon abhält noch mehr Geld zu verdienen. Einzelne Gemeinden, in denen der Tourismus noch weniger ausgeprägt und folglich noch Kapazitäten für mehr Gästebetten vorhanden wären beklagen sich ebenso. Ob der Bettenstopp hilft, dem Massenandrang Einhalt zu gebieten, wird sich weisen. Parallel dazu sehen sich die Verantwortlichen die Besucherströme genauer an – und reagieren gegebenenfalls mit weiteren Zufahrtsbeschränkungen. So wie am Pragser Wildsee.
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