"Spiegel": Chefredakteur Steffen Klusmann muss gehen

Der Nachfolger steht bereits fest.

Paukenschlag beim Spiegel: Chefredakteur Steffen Klusmann verlässt das Nachrichtenmagazin. Entsprechende Presseberichte bestätigte das Medienhaus am Donnerstagnachmittag. Doch entgegen den Gerüchten, Klusmann sei geschasst worden, erfolge die Trennung "im gegenseitigen Einverständnis", wie in einer Aussendung des Spiegel zu lesen ist.

Hinter den Kulissen dürfte die Trennung aber nicht ganz so einvernehmlich von statten gegangen sein, wie das Medienunternehmen glauben lassen möchte. Klusmanns Abschied sollen vor allem unterschiedliche Auffassungen bezüglich der Neubesetzung von Stellen in der Spiegel-Redaktion gewesen sein, berichtet der Horizont. In dieser Frage soll Steffen Klusmann vor allem mit Produkt- und Innovations-Geschäftsführer Stefan Ottlitz divergiert haben. Außerdem soll es den mittlerweile Ex-Chefredakteur gestört haben, dass sich Ottlitz in redaktionelle Belange eingemischt habe. Dementsprechend passe es auch ins Bild, dass Klusmann in der Presseaussendung des Spiegel nur von Geschäftsführer Thomas Hass in höchsten gelobt werde, von Ottlitz hingegen gar nicht erwähnt wird.

Dirk Kurbjuweit übernimmt sofort

Ein Nachfolger für Steffen Klusmann wurde bereits gefunden: Der Spiegel-Autor und ehemalige stellvertretende Chefredakteur Dirk Kurbjuweit übernimmt ab sofort die Agenden des 57-Jährigen. Zur Spiegel-Chefredaktion gehören als Mitglieder auch Thorsten Dörting, der die digitalen Entwicklungen verantwortet, die Politikchefin Melanie Amann und Clemens Höges als Blattmacher mit Print-Fokus.

Dirk Kurbjuweit
Dirk Kurbjuweit © Der Spiegel

Dirk Kurbjuweit war in 24 Jahren beim Spiegel bereits von Februar 2015 bis Dezember 2018 stellvertretender Chefredakteur und ist seither Autor im Hauptstadtbüro. Neben seiner Tätigkeit beim Nachrichtenmagazin hat der 60-Jährige auch mehr als zehn Bücher als Autor und Schriftsteller verfasst. Als Journalist wurde er wiederholt mit Preisen gewürdigt, unter anderem mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis und dem Deutschen Reporterpreis.

Dem Vertrauen der Leser gerecht werden

"Das Vertrauen in meine Arbeit und meine Person freut und ehrt mich. In den vergangenen Jahren wurde eine großartige Grundlage geschaffen, um dem Spiegel eine dauerhafte digitale Zukunft zu sichern und auch das Magazin noch besser zu machen", so Kurbjuweit. "Gerade in diesen bewegten Zeiten muss der Anspruch des Spiegel sein, im Netz jeden Tag und am Kiosk jede Woche die bestmögliche journalistische Qualität zu liefern und damit dem Vertrauen unserer Leserinnen und Leser gerecht zu werden. Ich werde die laufenden Erneuerungsprozesse der Chefredaktion aufnehmen und im intensiven Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen weiterentwickeln."

Stefan Ottlitz ergänzt: "Dirk Kurbjuweit bringt als herausragender Publizist alles mit. Wir haben ihn viele Jahre als streitbaren, durchsetzungsstarken Kollegen erlebt, und er wird die richtigen Impulse für Spiegel-Journalismus im Netz wie im Magazin setzen. Dirk Kurbjuweit hat ein klares Bild davon, wie unser Journalismus im Digitalen wie in Print weiterzuentwickeln ist zwischen Tempo und Tiefe, und er hat sowohl als Autor als auch in Leitungsfunktionen vorgemacht, wie man das Profil des Spiegel schärft. Auf eine weitere Markenprofilierung kommt es gerade in unserer Pay-Strategie an, und deren Erfolg ist für unsere journalistische wie wirtschaftliche Unabhängigkeit essenziell."

"Allzu oft keine Einigkeit erzielt"

Steffen Klusmann hatte die Chefredakteursfunktion seit Januar 2019 inne, nachdem er zuvor die dieselbe Position beim zur Spiegel-Gruppe gehörenden Manager Magazin hatte. Davor war er unter anderem Chefredakteur der Financial Times Deutschland, der Gruner+Jahr-Wirtschaftsmedien und stellvertretender Chefredakteur des Stern. "Es war mir eine große Ehre, in den vergangenen fast fünf Jahren für die Spiegel-Redaktion gearbeitet zu haben. Wir haben eine ganze Menge gemeinsam erreicht. Zuletzt haben Geschäftsführung und ich in entscheidenden strategischen Fragen allerdings allzu oft keine Einigkeit erzielt – was nun mein Ausscheiden zur Folge hat. Ich wünsche der Redaktion in den kommenden Jahren viel Mut und Geschick, die nötige Kompetenz und Leidenschaft bringt sie ohnehin mit", kommentiert Klusmann seinen Abschied.

"Wir sind Steffen Klusmann zu großem Dank verpflichtet für seine wegweisende Arbeit in den vergangenen fast fünf Jahren, allem voran für die Zusammenführung der Print- und Online-Redaktion und die Erfolge in unserer digitalen Abo-Strategie", sagt Geschäftsführer Thomas Hass. "Mit seinem Instinkt als Blattmacher und vielen journalistischen Erfolgen hat er dem Spiegel in herausfordernden Nachrichtenzeiten das Vertrauen seiner Leserinnen und Leser gesichert. Wir hätten uns in den vergangenen Jahren keinen Besseren vorstellen können und bedauern sehr, dass es am Ende nicht gelungen ist, unsere immer sehr gute Zusammenarbeit für die Zukunft fortzusetzen. Wir wünschen Steffen nur das Beste."

www.spiegel.de

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