Die Zeit für Solidarität ist gekommen

Eine Analyse des ETHZ zeigt im Anbetracht der Erdgaskrise die Vorteile der Zusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern.

Nur solidarisches Zusammenarbeiten der Länder in Europa im Bereich Erdgas kann eine dauerhafte Energiekrise angesichts weiter bestehender Sanktionen gegen Russland abwenden. Zu dem Schluss kommen Forscher:innen der ETH Zürich (ETHZ) in neuen Modellrechnungen.

"Die Last gleichmäßig zu verteilen, indem man freiwillig die Nachfrage reduziert, ist wesentlich weniger schmerzhaft, als wenn ein Land unfreiwillig die Nachfrage massiv reduzieren muss, weil keine Energie verfügbar ist", sagt Jacob Mannhardt, Erstautor der Studie.

Verzicht und Solidarität im Fokus

Die Ökonom:innen schlagen bilaterale Abkommen vor. Dies würde beinhalten, dass ein Land seinen Energiebedarf freiwillig senkt, um andere Länder mit Gas zu versorgen, wenn diese es dringend benötigen. Bis jetzt gibt es in Europa bloß acht derartige Abkommen, bemängeln Schweizer Wirtschaftsexpert:innen.

Was würde der solidarischen Zusammenarbeit im Weg stehen? Egoismus. Länder wie Deutschland, Belgien und die Niederlande würden damit besser aussteigen und hätten mehr Gas zur Verfügung. Dadurch würde allerdings das Gas in anderen Ländern knapp. Leidtragende wären vor allem Länder im Osten des Kontinents: von Finnland über das Baltikum bis in den Balkan, heißt es.

Neue Versorgungswege müssen her 

Hauptgrund dafür ist, dass sich nach dem Wegfall von russischem Gas die Versorgungswege in Europa grundlegend verändert haben. Zuvor belieferte Russland die Länder im Osten Europas inklusive Finnland. Dieses grenzt zwar an das erdgasfördernde Norwegen, doch es gibt keine Gaspipeline zwischen den beiden nordischen Staaten.

Nun hat Europa das russische Gas vor allem mit Flüssigerdgas (LNG) kompensiert, das per Schiff primär aus den USA, Katar und Nigeria angeliefert wird. Die meisten Häfen zum Umschlag von LNG liegen am Atlantik und am Mittelmeer, mit Spanien als größtem Umschlagplatz. Weiterhin hoch bleiben die Produktion in Norwegen sowie Importe aus Algerien, die über Pipelines nach Spanien und Italien gelangen, stellen die Forscher:innen fest.

Den Berechnungen der Wissenschaftler:innen zufolge, würden sich rund 15 Prozent des ausfallenden russischen Erdgases dadurch kompensieren ließen, wenn Gaskraftwerke abgeschaltet und Strom stattdessen wieder vermehrt mit Kohle produziert werden würde. Die hätte allerdings zur Folge, dass dadurch die Treibhausgasemissionen in den Bereichen Strom-​ und Wärmeerzeugung um fünf Prozent steigen würden.

www.ethz.ch

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