April 2023, New York City: Der Moderiese H&M lädt zum Launch einer Kollektion, die er gemeinsam mit Fashion-Gigant Mugler entworfen hat. Jede Menge Promis flanieren in extravaganten Outfits über den roten Teppich. Am nächsten Tag sprachen jedoch alle nur von einer einzigen Person: Lourdes Maria Ciccione Leon, Tochter der Pop-Ikone Madonna stolzierte in einem hautengen, mit Cutouts übersäten Catsuit über den Red Carpet. Sie gewährte viele Einblicke an den richtigen Stellen. Plötzlich war sie nicht mehr nur die "Tochter von", sondern ist selbst zu einer Berühmtheit geworden.
Unbezahlbare entrée en scène
Der in Paris ansässige Jean Martin managt Schauspieler, Musiker und solche, die es werden wollen. Wir fragen bei Ihm nach, was so ein Auftritt (aus monetärer Sicht) wert ist. "Mitunter unbezahlbar", entgegnet er schnellen Wortes. "In der Regel machen Stars bestimmte Kleider weltbekannt. Doch manchmal ist es umgekehrt."
Ein Entrée en Scène dieser Art, mit dem richtigen Kleid am richtigen Ort, hat in seinen Augen meistens eine der folgenden beiden Funktionen: Bei einer Karriere, die im Entstehen ist, den Turbo zu zünden. Oder eine Karriere, die in den Sinkflug geraten ist zu festigen und neuen Schwung zu verleihen. Wobei ein Boost, der die Trägerin über Nacht zum Star macht, nur in den seltensten Fällen gelingt. Die zwei berühmtesten Beispiele sind Martin zufolge Jennifer Lopez und Elizabeth Hurley. Beiden verhalfen Kreationen des italienischen Modehauses Versace zum Durchbruch.
Liz Hurley und das Nadelkleid
Hurley war komplett unbekannt, als sie 1994 zusammen mit ihrem damaligen Lebensgefährten Hugh Grant bei der Filmpremiere zu "Vier Hochzeiten und ein Todesfall" über den roten Teppich schritt. Das lang geschnittene, schwarze Abendkleid wurde auf einer Seite von großen goldenen Sicherheitsnadeln zusammengehalten. Männliche wie weibliche Beobachter konnten ihre Blicke nicht mehr von ihr abwenden. Tags darauf redete jeder nur noch von "That Dress". "Die dummen Tabloids zuckten aus und ein neuer Star wurde geboren", erinnert sich Martin.
Jennifer Lopez und das Dschungelkleid
Sechs Jahre später, im Jahr 2000, begleitete die damals noch relativ unbekannte Sängerin Jennifer Lopez ihren Partner, den Rap-Superstar P. Diddy über den roten Teppich. Ihr Kleid war transparent und bis unter den Bauchnabel ausgeschnitten. "Sie sah einfach nur umwerfend aus in dem Dschungel-Dress." Das Kleid firmiert seither in der Kategorie "ikonisch“, J. Lo wurde derweil zum Superstar und P. Diddy ist längst Schnee von gestern:
Ein Fehlgriff: Kristen Stewart bei den Oskars
Zu kritisieren ist Martin zufolge allerdings das Ausmaß der Versuche, heutzutage mit sexy Kleidern zum Ruhm zu kommen. "Als alternder Mann freue ich mich, das ist klar. Aber kontextualisiert ist es oft völlig bizarr", konstatiert der Experte und nennt Christen Stewart bei der diesjährigen Oskar-Verleihung als Beispiel.
"Sie kam in einem schwarzen, durchsichtigen 'Hotpants-Top-Nichts' auf die Bühne. Dann erklärte sie, wie wichtig starke Frauen seien, wie wichtig Frauen als Regisseurinnen und Produzentinnen seien. Sie redet den üblichen Quark daher. Wenn mir eine Frau in diesem Aufzug etwas Feministisches verkaufen will, dann funktioniert das aber nicht", so der Agent. "Wobei … wirtschaftlich betrachtet vielleicht doch", sinniert er weiter. "Immerhin ist es noch aufsehenerregender. Wenn du einen Sack anhast und von Feminismus sprichst, dann schaut dich ja keiner an." Ernst nehmen könne er solche Ansagen dennoch nicht.
Kunstwertig: Madonna und Lady Gaga
Stringenter seien da die legendären Auftritte von Madonna im Bustier von Jean Paul Gaultier und Lady Gaga im Fleischkleid: "Das hat zusammengepasst, war gut verlinkt, hatte einen kunstwertigen Aspekt und Impetus."
Klar ist, dass sich ohne die freizügigen Auftritte viele Damen deutlich schwerer tun würden. Was Martin stört ist die krasse Ambivalenz heutzutage: "Auf der einen Seite sind bei den Oskar-Verleihung durchsichtige Kleider an der Tagesordnung. Andererseits ist die große Prüderie im Vormarsch. Da stimmt was nicht zusammen."
Welche aufsehenerregenden Mugler-Outfits deutsche Promis wie Lena Gercke, Ruby O Fee oder Eva Padberg bei der H&M-Launchparty der Mugler-Kollektion in Berlin getragen haben, sehen Sie in unserer Fotogalerie:
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