Spielt der Bankenkollaps Kryptowährungen in die Karten?

Gastkommentar von Shanna Strauss-Frank, Börsenexpertin bei Freedom Finance Germany und Österreich-Sprecherin von Freedom Finance Europe.

Verschiedene Länder, verschiedene Banken – und das gleiche Endresultat. Der Absturz der Silicon Valley Bank (SVB) in den USA riss mehrere regionale US-Banken mit in den Abwärtsstrudel und ließ Anleger weltweit bei bereits kleineren Unruhen hellhörig werden. Galt die Schweizer Credit Suisse einst als stabil und eines der wichtigsten Geldhäuser Europas, verlor sie in den letzten Jahren an Vertrauen – der Zusammenbruch der SVB brachte sie schlussendlich ins Taumeln. Die Kurse diverser Bankaktien brachen als Folge ein.

Auch einige Kryptowährungen verzeichneten kurzzeitig Verluste – sogar Stablecoins wie der USDC, welcher sonst als verhältnismäßig stabil gilt, weil er 1:1 den Wert eines einzelnen US-Dollars widerspiegeln soll, fiel auf 92 Cent ab. Bereits nach wenigen Tagen stieg der Großteil der Kryptokurse jedoch wieder signifikant an. Werden digitale Währungen auch weiterhin an Fahrt aufnehmen?

Crash sorgt nicht nur kurzfristig für Kursanstieg

Der jüngste Zusammenbruch mehrerer regionaler Banken hat Befürchtungen über die Stabilität des Finanzsystems geweckt und zu negativen Reaktionen auf den Märkten geführt. In unsicheren Zeiten neigen Anleger dazu, weniger Risiken einzugehen, was häufig zu einer Flucht aus risikoreichen Anlagen wie Kryptowährungen führt. Diese ist jedoch eher als kurzfristige Reaktion auf die Geschehnisse zu verstehen, denn der Crash wird längerfristig das Misstrauen in Banken bestärken und Investoren zu alternativen Anlageformen bewegen, wobei sich ein allgemeines Interesse an digitalen Währungen beobachten lässt: Seit Anfang des Jahres befindet sich der Bitcoin-Kurs im Aufwärtstrend.

Zumal Maßnahmen der Fed im Kampf gegen eine neue Finanzkrise, wie die Erhöhung der Bilanzsumme, die Liquiditätsbedenken einiger Anleger mildern konnten. Auch weil die Renditen von US-Staatsanleihen sinken, interessieren sich Anleger auf der Suche nach Alternativen nun wieder zunehmend für risikoreichere Anlagen, wie Aktien aus dem Wachstumssektor und auch Kryptowährungen. All diese Faktoren zusammen haben ein günstiges Umfeld für risikobehaftete Vermögenswerte, darunter auch beispielsweise der Bitcoin, geschaffen.

Es ist nicht alles Gold was glänzt?

Trotz anhaltender Aufwärtsspirale kann der Bankenkollaps wohl nicht spurlos an digitalen Währungen vorüberziehen. Kryptokurse sind von einer Reihe an Faktoren sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kryptowährungsmarktes abhängig – etwa vom Einfluss der Fed. Denn zwischen Bankkrise und Inflation stand diese kürzlich vor der schweren Entscheidung, eine Zinspause zugunsten der angespannten Stimmung im Bankensektor einzulegen oder ihren Kurs zwecks Bekämpfung der Teuerung mit einer erneuten Zinserhöhung fortzusetzen – was sich wiederum auch auf das Anlageverhalten der Investoren auswirken kann.

Außerdem mangelt es Digitalwährungen häufig an Regulierungen und Aufsichten mangelt, wodurch es Anlegern erschwert wird, die damit verbundenen Risiken richtig einzuschätzen. Zumal es eine Frage des eigenen Risikotyps ist, ob jemand Krypto als Investition in eine risikoreiche Anlageklasse betrachtet, oder als wahre Alternative zur Bank, bei der man sein Geld dezentral und potenziell sicherer anlegen kann – worauf der jüngste Kursanstieg von Bitcoin teilweise hindeutet.

Vor allem regulatorische Faktoren werden in den kommenden Wochen und Monaten eine wichtige Rolle bei der Orientierung des Kryptowährungsmarktes spielen. Solch ein Faktor, den es im Auge zu behalten gilt, ist die US Securities and Exchanges Commission (SEC), die aktiv gegen betrügerische Initial Coin Offerings vorgeht und Kryptobörsen unter die Lupe nimmt. Jede neue Regulierung oder Durchsetzungsmaßnahme der SEC könnte das Vertrauen der Anleger beeinträchtigen und möglicherweise wieder zu Kursschwankungen führen.

Selbst Stablecoins nicht stabil

Weil digitale Währungen immer wieder solchen Schwankungen unterliegen und nach wie vor einer höheren Risikoklasse zuzuordnen sind, bevorzugen einige Anleger die sogenannten Stablecoins. Die Idee hinter Stablecoins wie USDC liegt darin, dass sie die Vorteile von Digitalwährungen wie einer schnellen und billigen Transaktion bieten, aber dabei die Volatilität vermeiden, die ja für viele anderen Kryptos typisch ist.

Die jüngste "Entkoppelung" aufgrund der Unruhe am Bankensektor war zwar nur kurzzeitig und relativ gering, doch ließ sie Zweifel an der Stabilität aufkommen und zog womöglich auch größere Kreise. Denn hatte USDC 3,3 Milliarden Dollar Einlagen bei der SVB, die zu Beginn der Pleite eingefroren wurden, kam es zum Dominoeffekt: Nachdem der Coinwert auf unter einen US-Dollar gesunken war, setzen die Kryptobörsen Binance und Coinbase die Konvertierung von USDC in Binance USD (den eigenen Stablecoin von Binance) beziehungsweise in Dollar aus. Anleger versuchten zeitgleich ihre Verluste zu begrenzen und tauschten ihre USDC gegen andere Staiblecoins wie Tether, dessen Kurs dadurch um zehn Prozent in die Höhe schoss.

Entwarnung liegt in der Luft

Die vergangenen Geschehnisse ließen viele in Bankaktien investierte Anleger kurzzeitig in Panik verfallen. Wenn man sich als Kleinanleger an langfristigen Zielen orientiert, dann sollte der Konkurs der SVB eher eine kurzfristige Angelegenheit sein. Die Krise scheint auf kleinere Banken beschränkt und kein systematisches Problem zu sein. Der Finanzsektor und der Markt als Ganzes werden in nächster Zeit wahrscheinlich volatil sein, aber es gibt keine signifikanten Spillover-Effekte auf das Bankensystem oder die Weltwirtschaft. Denn sowohl Kryptowährungen, als auch der Banksektor sind in den letzten Jahren regelmäßigen Stresstests unterzogen worden sein, die zum Teil gut gemeistert werden konnten. Wichtig ist es demnach, nicht auf eine Diversifikation des Portfolios zu vergessen.

www.freedomfinance.eu


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