LEADERSNET: Wie ist die Idee zum "Female Future Festival" eigentlich entstanden?
Verena Eugster: Die Idee ist, wie all unsere Veranstaltungen, aus einer persönlichen Motivation heraus entstanden. Patricia und ich sind durch die Gründung unserer diversen Agenturen vor gut zehn Jahren mit dem Thema Frauen als Gründerinnen und Unternehmerinnen in Berührung gekommen. Da wir beide die erste Gründerinnen-Generation in unseren Familien sind, waren wir auf der Suche nach Mentorinnen, an denen wir uns orientieren können. Doch wie sich herausstellte, war die Liste an weiblichen Führungskräften und Unternehmerinnen verdammt kurz. Für mich war damals überhaupt nicht nachvollziehbar, warum das so ist.
Patricia Zupan: Ich kann mich noch erinnern, wie wir auf einer Veranstaltung für Unternehmerinnen aus dem Bodenseeraum waren. Die Begrüßung hat ein männlicher Funktionär von irgendeiner Vereinigung vorgenommen und diese Begrüßung war äußerst holprig und ungeschickt. Er hat mir fast schon leid getan, weil er offensichtlich mit dem Thema, dass Frauen als Gründerinnen und Unternehmerinnen in Erscheinung treten, etwas überfordert war. Fakt ist, dass jede zweite Gründung weiblich ist und trotzdem ist die öffentliche Wahrnehmung immer noch die, dass das Unternehmertum eine Männer-Domäne ist. Wir kommen ursprünglich aus dem Sportbereich. Der von uns organisierte Frauenlauf ist der zweitgrößte Österreichs und auch in der Schweiz, etwa in Basel und Winterthur, veranstalten wir Laufevents für Frauen. Wir haben vor zehn Jahren damit begonnen und mit der Zeit haben wir gesehen, dass sich diese Community auch beruflich entwickelt und in diesem Bereich Support brauchen könnte. Wir haben uns dann überlegt, was unsere Frauenlauf-Teilnehmerinnen benötigen, um beruflich weiterzukommen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass beispielsweise Role-Models, an denen sie sich orientieren können, um den nächsten Karriere-Step gehen zu können, wichtig sind. Zudem brauchen sie eine Community, die sie trägt und pusht. Und genau das macht das "Female Future Festival": Es empowert eine breite Masse an Frauen und bringt sie weiter.
Verena Eugster: Frauen brauchen den Druck zum Mutausbruch. Dort setzen wir an und das begründet auch den Erfolg des "Female Future Festivals". Begonnen haben wir am Bodensee und mittlerweile sind wir damit in Wien, Zürich und München gelandet. Wir haben es innerhalb kurzer Zeit geschafft, die mit Abstand größte weibliche Community im gesamten DACH-Raum (Deutschland, Österreich und Schweiz – Anm. d. Red.) zu werden, weil wir zum richtigen Zeitpunkt auf dieses Thema gesetzt haben.
LEADERSNET: Abgesehen von Female Empowerment – was sind die zentralen Themen des "Female Future Festivals"?
Verena Eugster: Es geht ganz klar um berufliche Entwicklung und Karriereentwicklung. Dieses Jahr haben wir einen klaren Fokus auf Level-up und Arbeitswelten der Zukunft. Das ist ein Thema das zur Zeit in aller Munde ist. Jeder fragt sich: Wie ändert sich die Arbeitswelt? Was wird kommen und vor allem was bedeutet es für die Frauen in der Arbeitswelt? Es hat noch nie so viele gut ausgebildete Frauen wie jetzt gegeben. Es wird immer vom Fachkräftemangel gesprochen und es gibt nur zwei Möglichkeiten, dieses Problem anzugehen: Entweder holen wir uns Fachkräfte durch Zuwanderung oder wir "zapfen" die Pensionisten und Frauen an. In Österreich verpufft dieses Potenzial aber komplett, weil wir uns hinter Diskussionen über Kinderbetreuung, Rollenbilder und Ähnlichem verstecken.
LEADERSNET: Warum wird dieses Potenzial Ihrer Meinung nach nicht genutzt?
Verena Eugster: Weil man sich dafür umstellen müsste. Deshalb ist die Arbeitswelt der Zukunft auch ein so großes Thema für uns, weil sie gleichbedeutend mit Veränderung ist. Diese Arbeitswelt, so wie sie in Zukunft sein wird, ist für Frauen – aus unserer Sicht – ein extremer Vorteil, weil das flexible Arbeiten Frauen in die Wiege gelegt wird. Ich kann als Geschäftsführerin behaupten, dass Frauen mit Kindern die effizientesten Arbeitskräfte sind, weil sie äußerst gut organisiert und strukturiert sind sowie schnell und fokussiert arbeiten.
Patricia Zupan: In Österreich gibt es ein ganz großes West-Ost-Gefälle. In Wien sieht man viel mehr Frauen in Führungspositionen als im Rest des Landes, was natürlich auch daran liegt, dass Wien eine Metropole und die Hauptstadt ist. Wien ist auch ein klarer Vorreiter beim Thema Kinderbetreuung. Ohne das Thema jetzt überstrapazieren zu wollen: Aber es hängt immer noch stark von gesellschaftlichen Normen ab, ob die Mama das Kind vom Kindergarten oder der Schule abholt oder ob es völlig normal ist, dass das auch der Papa machen kann. Das ist dann auch etwas, was Frauen sehr oft davon abhält, den nächsten Karrierestep gehen zu können – auch weil sie dadurch eher in die Position gedrängt werden Teilzeit arbeiten zu müssen. Die Politik wäre endlich gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese Strukturen zu durchbrechen. Aus diesen Gründen ist es nach wie vor wichtig, dass es ein "Female Future Festival" gibt. Unser Ziel ist es aber, dass wir vielleicht in fünf Jahren schon so weit sind, dass es dann nur noch ein "Future Festival" braucht.
Verena Eugster: Unsere Themen – etwa wie tickt die Gen Z und wie können wir sie als Mitarbeitende und Kunden gewinnen – sind nämlich für Frauen und Männer gleichermaßen spannend. Gleiches gilt für die Themen Metaverse oder Künstliche Intelligenz (KI) und viele andere Programmpunkte des "Female Future Festivals".
LEADERSNET: Sie sind vor über zehn Jahren mit den Frauenläufen gestartet und haben 2019 dann das "Female Future Festival" ins Leben gerufen. Hat es in dieser Zeit beim Thema Gleichberechtigung und Sichtbarkeit von Frauen signifikante Veränderungen gegeben und wo stehen wir heute?
Verena Eugster: Ich merke, dass sich in der Gesellschaft bei diesem Thema viel bewegt und dass wir einen Teil dazu beitragen. Beim letzten "Female Future Festival" habe ich eine Frauenläuferin getroffen, die Ende 40 ist und sie hat mir erzählt, dass sie zuerst gar nicht zum Festival kommen wollte, weil sie dachte, das sei nur etwas für Karriere-Ladys. Aber eine Bekannte hatte ihre eine Karte gekauft und der Besuch des "Female Future Festivals" hat dafür gesorgt, dass sie sich wieder an der Uni inskribiert hat, um Jura zu studieren. Das ist nur eines von vielen Beispielen. Ich denke, dass wir unglaublich viel bewegen, aber auch viel polarisieren.
LEADERSNET: Warum polarisiert das Thema so? Sind die Vorurteile immer noch so tief verankert?
Verena Eugster: Es gibt Männer, die fragen: "Warum brauchen Frauen etwas Eigenes? Ist es wirklich nötig, dass sie ein eigenes Festival haben?" Und wir sagen ja, wir brauchen etwas Eigenes, weil wir merken, welche Breite an verschiedensten Frauen wir damit abholen – sowohl was das Berufsbild als auch das Alter betrifft. Durch diese Breite entstehen wiederum Spitzen. Das ist im Prinzip ähnlich wie im Sport: Die Spitze bekommt man nur, wenn man auch die Breite hat. Ich bin überzeugt, dass durch diese Bewegung, die wir angestoßen haben, noch ganz viele Spitzen kommen.
Patricia Zupan: Bevor es die Frauenläufe gegeben hat, waren bei Laufveranstaltungen in Österreich keine zehn Prozent Frauen am Start. Mittlerweile ist es bereits relativ ausgeglichen. Genau dafür braucht es dieses Festival, damit es auch in der Wirtschaft zu einer Angleichung kommt.
LEADERSNET: Hat diese Polarisierung auch etwas mit der Eitelkeit von Männern zu tun, die es einfach nicht gewohnt sind, dass sie beispielsweise in der Geschäftswelt nicht mehr alleine im Mittelpunkt stehen und sich plötzlich gefährdet fühlen?
Verena Eugster: Ich glaube, das ist die bestgestellte Frage, die ich je bekommen habe. Ich würde sogar sagen, dass es viel mit Angst zu tun hat.
Patricia Zupan: Und mit Veränderung. Veränderung ist immer mit Skepsis und Angst verbunden.
Verena Eugster: Es gibt natürlich nicht nur Männer, die auf einem Egotrip unterwegs sind, sondern auch Frauen. Aber Männer sind noch in der großen Mehrheit in Führungspositionen und fairerweise muss man sagen, dass dieses Verhalten wohl auch gelernt ist. Männer haben ein Leben lang genetzwerkt und sie waren – wenn man sich die Geschichte ansieht – immer für den Broterwerb zuständig. Aber jetzt verändert sich gesellschaftlich etwas und viele Männer können nicht abschätzen, was auf sie zukommt. Wir können sie aber beruhigen: Es wird verdammt gut!
LEADERSNET: Gibt es zwischen den einzelnen Festivals in München, Wien und Zürich eigentlich länderspezifische Unterschiede, was das Programm und die Themen betrifft?
Patricia Zupan: Ja, es gibt schon Unterschiede. Deutschland ist, was das Thema Gleichberichtigung betrifft, sicherlich am weitesten. In der Schweiz ist es so, dass es in den ländlichen Gebieten diesbezüglich noch einen größeren Aufholbedarf gibt. Österreich liegt da irgendwo in der Mitte. Aber auch abgesehen davon gibt es Unterschiede. Wenn man sich beispielsweise Themen wie Metaverse oder KI ansieht, dann ist das Interesse dafür in Deutschland größer als in Österreich und in der Schweiz.
LEADERSNET: Gibt es schon Pläne, weiter zu expandieren und sich beispielsweise nach Frankfurt, Berlin oder Hamburg zu orientieren?
Verena Eugster: Ideen gibt es schon. Wir hatten ursprünglich nicht geplant, dass wir vom Bodensee nach Wien, nach Zürich und nach München gehen. Aber wer uns kennt, weiß, dass wir immer relativ schnell den nächsten Step gehen. Die Ideen dafür sind schon in unseren Köpfen und Expansion ist definitiv ein Punkt, den wir auf der Agenda haben. Wir merken, dass die Community immer größer wird. Wir sind mit Abstand die größte Initiative in diese Richtung im ganzen DACH-Raum und bekommen immer mehr entsprechene Anfragen. Unser Plan für 2023 ist es, München und Wien weiter stark auszubauen und in einem zweiten Step "Meet-Ups" in zwei weiteren deutschen Städten anzubieten.
LEADERSNET: Wie sehen diese "Meet-Ups" im Vergleich zum Festival aus?
Patricia Zupan: Es sind einfach kleinere Formate. Es geht am Nachmittag zwischen 15 und 16 Uhr los und dauert dann bis 19 oder 20 Uhr. Es gibt eine Stage mit mindestens vier Keynotes oder Slots aber die ganze Veranstaltung ist viel kleiner dimensioniert als ein komplettes Festival.
Verena Eugster: Das Motto ist "Klein aber oho" bzw. "Mini aber Maxi-Inspiration". Wir können mit diesen 'Meet-ups' die Communities in den Bundesländern sehr gut abholen, ohne ein komplettes Festival auf die Beine stellen zu müssen. Überall ein großes Festival zu veranstalten, wäre aus vielen Gründen kaum möglich. Sowohl der finanzielle als auch der organisatorische Aufwand dafür wären gigantisch.
LEADERSNET: Das Festival in München hat 2022 das erste Mal stattgefunden. Wie ist Ihr Resümee?
Patricia Zupan: Es war bombastisch gut. Sich selbst zu loben, ist immer ein bisschen schwierig, aber München war von A bis Z top. Die Leute waren völlig begeistert. (LEADERSNET berichtete)
LEADERSNET: Welche Themen wird es dieses Jahr schwerpunktmäßig in München geben?
Verena Eugster: Das Über-Thema ist "Level-up: Neue Arbeitswelten". Einer der Schwerpunkte wird das Thema Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz und im Recruiting sein. Ein weiteres wichtiges Thema wird Mindful-Leadership sein – sprich wie führe ich ein Team. Es gibt immer weniger Menschen, die wirklich die Verantwortung für ein Team übernehmen wollen und dieser Problematik wollen wir uns annehmen.
Patricia Zupan: Es wird heuer auch eine Afterparty geben, weil wir gemerkt haben, dass Frauen sehr oft richtig coole Netzwerke fehlen. Hier wollen wir mit einer Networking Lounge und der Afterparty Abhilfe schaffen.
www.female-future.com
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