Digitaler Lifestyle, Interaktion, Selbstbestimmung auf der einen Seite, Quarantäne, Klimasorgen, Kriegsängste auf der anderen – für die junge Generation gibt es viele Herausforderungen. "New Life, New Media" heißt die neue Studie, die RTL Data im Auftrag von Ad Alliance durchgeführt hat. Im Dialog mit der Jugend ging es um ihren Alltag, welche Spannungen und Konflikte er birgt und um die Frage, was sie von Medien erwarten und brauchen. Ergänzt wurden die Interviews mit einer Tagebuchstudie via WhatsApp, die eine lückenlose Dokumentation und dadurch sozusagen einen Blick durch ihre Augen auf ihre persönliche Medien-Realität gewährt.
Zwischen Flexibilität und Stress
Das Spiegelbild der Befragten von 16 bis 39 Jahre ist Gabriele, 28 Jahre, deren persönliches Medien-Setting an einem durchschnittlichen Tag aus Social Media, Streaming und Podcast besteht. Das ist aber nur die halbe Wahrheit, denn die Lebenswelten der Zielgruppe sind sehr viel komplexer, reflektiert sich in ihren Erwartungen und ihrem Verhalten beim Medienkonsum. Getrieben von ihren Lebensphasen der Umbrüche und Entscheidungen, entspricht ihr persönliches Medien-Ökosystem ihrer gefühlt knappen Freizeit. Dabei ist die Definition von Freizeit bereits eine ganz andere, da sie für sie nicht erkennbar ist. Freizeit wird oftmals nur als solche bezeichnet, wenn sie völlig aus dem Alltag raus und nicht erreichbar sind – Stichwort: Digital Detox.
Die durch die Pandemie ermöglichten neue Freiräume sorgen für mehr Flexibilität und Individualisierung und sind gleichzeitig Stressfaktor. Zeiteinteilung wird zur Eigenverantwortung, da einheitliche Strukturen und Rhythmen wegbrechen. Leistungsanspruch und Effizienz sind durch die vorübergehende Isolation stärker in den Fokus gerückt, so dass Auszeiten zur kostbaren Ausnahme geworden sind – ein Leben im Laufschritt, wie es eine befragte Person beschreibt. In dieser kostbaren Auszeit gilt es, alles unter einem Hut zu bringen: sich zu informieren, "up to date" zu sein, mal abzuschalten und aus dieser Realität ausbrechen, aber so, dass am Ende nicht das schlechte Gewissen anklopft und man ineffizient erscheint. In diesem Kontext wird der Sinn der eigenen Mediennutzung hinterfragt.
Hauptmedium ist das Smartphone
Ausgewählt wird, wer in das eigene, individuelle Zeitfenster passt. Hauptmedium ist das Smartphone. Es ist so im Alltäglichen integriert, dass es als Medium gar nicht wahrgenommen wird. Schnell vernetzt, auf alles Zugriff, so dass die mediale Welt Teil von Einem wird und man sich gleichzeitig in ihr auslebt, sie wird Teil der eigenen Identität: Instagram präsentiert Ausschnitte aus dem eigenen Leben, "YouTube weiß, was ich mag" und "Spotify sagt mir, dass das mein Jahr war". Eine digitale Parallelwelt, in der man existiert, sich gut fühlt, selbst bestimmt und in der alles so einfach erscheint. An diese vermeintliche Selbstbestimmung wird jedes Medium gemessen und die jeweilige Rolle und Position im eigenen Medien-System zugewiesen.
Nachgefragt, wie das begrenzte Nutzungsbudget eingesetzt wird, kristallisiert sich heraus: Favorit ist Streaming, gefolgt von YouTube und Instagram. Spotify wird an dritter Stelle genannt. Offen kommuniziert werden Radio-Momente und erst nach genauerem Nachfragen auch lineares TV.
US-Streaminganbieter sind die Entertainer
Für die junge Generation sind die US-Streaminganbieter die Entertainer. Durch den Abschluss diverses Abonnements verliert man allerdings langsam den Überblick und ist als "Unterhaltungsmanager" gefordert. Relevanz erhalten die Inhalte meist durch das eigene Umfeld und Empfehlungen. Inzwischen im Alltäglichen angekommen, zeigen sich bei der Zielgruppe erste Tendenz, dass es nicht nur bewusste Alltagsflucht und Belohnung ist, sondern auch zum Nebenbei-Medium wird.
Instagram ist Energiespender, vermittelt das Gefühl, die "Lücken" im stressigen Alltag sinnvoll zu füllen und bündelt entsprechend viel Zeitbudget. Man bekommt Anregungen und erweitert (gefühlt) den eigenen Horizont. Egal ob introvertiert oder extrovertiert – hier nimmt man wahr und wird wahrgenommen. Im Instagram-Kosmos bestimmt jede(r) selbst, ob man sich innerhalb seiner Community bewegt und austauscht oder den Kontakt zu den großen Stars sucht. Hier gehört man zu einer Community, ist lebendig, aktiv und Teil einer großen und bunt schillernden Welt.
YouTube hat die Position als Goldstandard, der quasi jederzeit genutzt wird und für die Befragten "eine Welt ohne Krisen" ist. Hier finden sie – früher oder später – alle Antworten, denn hier begegnet man sich auf Augenhöhe, hier fühlt man sich verstanden. Bei YouTube wird sowohl bewusst als auch nebenbei konsumiert und es ist okay, nicht nur Tutorials anzusehen, sondern ebenso "Trash".
Lebensabschnittspartner lineares TV
Lineares TV ist Lebensabschnittspartner:in – zumindest auf den ersten, oberflächlichen Blick scheint es, je jünger die Befragten umso weniger nutzen sie TV; je älter umso häufiger gibt es eine TV-Historie, die auch den aktuellen klassischen TV-Konsum bestimmt. Allerdings ist es differenzierter, denn junge Menschen denken anders, sie folgen (selbstbestimmt) dem Content und nicht dem Kanal und das möglichst unabhängig.
Lineares TV mit seinen festen Strukturen lässt sich schwieriger in ihren stressigen, individualisierten und unbeständigen Alltag einbinden. Die Entscheidung für den Big Screen erfolgt demnach bewusster. Formate werden gezielt ausgewählt. Sie müssen Anbindung und Lebendigkeit versprechen, deswegen punkten Live-Formate und Formate, die sich als Events mit Freunden inszenieren lassen. Diese Formate werden zunehmend via Streamingangebot konsumiert, man möchte sich als Programmchef fühlen und mit Hilfe von Previews in die "Zukunft schauen".
www.ad-alliance.de
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