Mehr als 800 Millionen Arbeitsplätze weltweit – etwa ein Viertel der heutigen Erwerbsbevölkerung – sind durch die Auswirkungen des Klimawandels und der wirtschaftlichen Transformation zu Netto-Null-Emissionen betroffen. Das ist eines der Ergebnisse der Deloitte-Studie "Work toward net zero", die am Dienstag auf der Weltklimakonferenz in Scharm El-Scheich (Ägypten) vorgestellt wurde.
Diese Branchen sind besonders betroffen
Die Studie zeigt, wie Dekarbonisierung und Klimawandel Branchen und Beschäftigung weltweit sowie regional beeinflussen könnten. Mithilfe eines "Job Vulnerability Index" werden die am meisten betroffenen Arbeitsplätze und Regionen ermittelt. Die Bereiche Landwirtschaft, Energie und Bergbau, Schwerindustrie und Verarbeitendes Gewerbe, Transport sowie Bauwesen sind dem Index zufolge vulnerabel.
Bernhard Lorentz, globaler Leiter für Sustainability & Climate Strategy bei Deloitte, erklärt dazu: "Ein Teil dieser Branchen steht aufgrund der hohen Emissionsintensität vor einer tiefgreifenden Disruption. Andere Industrien wie die Agrarwirtschaft sind besonders anfällig für Schäden durch Klimaextreme wie Überschwemmungen, Hitze oder starke Unwetter. Beides hat entsprechende Auswirkungen auf die Jobs." Diese werden den asiatisch-pazifischen Raum und Afrika besonders treffen, da hier (z. B. in Indien und China) über 40 Prozent der Arbeitskräfte in vulnerablen Branchen beschäftigt sind.
Warum es eine "grüne" Arbeiterschaft der Zukunft braucht
Die Studie legt aber nicht nur den Finger in die Wunde, sondern zeigt auch auf, wie eine aktive Transformationspolitik den Weg für eine emissionsarme Wirtschaft mit mehr Arbeitsplätzen sowie neuen Tätigkeiten und Kompetenzen bereiten kann, während gleichzeitig die Folgen des Klimawandels abgemildert werden. "Durch eine aktive Gestaltung der Transformation könnte die Dekarbonisierung bis 2050 mehr als 300 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze hervorbringen", betont Lorentz.
Damit die Transformation gelinge, brauche es jedoch eine "grüne" Arbeiterschaft der Zukunft, eine sogenannte "Green Collar Workforce". Für den Großteil aller Erwerbstätigen, ob Green Collar oder nicht, werden sich die erforderlichen Kompetenzen voraussichtlich nicht verändern – im Gegensatz zu Jobs in vulnerablen Regionen, die besonders in die Entwicklung der Green-Collar-Workforce investieren müssen, ist Lorentz überzeugt. Gleichzeitig entstehen völlig neue Berufe für sich wandelnde oder ganz neue Branchen. Laut Deloitte-Analysen sind 80 Prozent der Qualifikationen, die kurz- bis mittelfristig für transformierte oder neue Jobs benötigt werden, bereits vorhanden. Statt vollständiger Umschulung würden die meisten Arbeitnehmer:innen durch Fortbildung in ihrer derzeitigen Tätigkeit bleiben oder eine neue annehmen können.
"Im Fokus dieser für Wirtschaft und Gesellschaft fundamentalen Transformation stehen die Menschen und ihre Arbeit. Die Green-Collar-Arbeitskräfte und ihre Fähigkeiten sind Treiber des nachhaltigen Wandels", so Maren Hauptmann, Partnerin und Human Capital Lead bei Deloitte. "Eine der zentralen Fragen wird es sein, wie die Teilhabe der Menschen an einer dekarbonisierten Zukunft gesichert werden kann. Der Schlüssel sind Investitionen in die Kompetenzförderung – von der Schul- und Hochschulbildung bis zur betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Dies muss zu den Top-Prioritäten für Politik und Unternehmen gehören."
Handlungsempfehlungen für eine gerechte Übergangspolitik
Die erfolgreiche Anpassung an die Dekarbonisierung erfordert gemeinsames Handeln von Politik und Wirtschaft. Deshalb hat Deloitte ein Reihe von Handlungsempfehlungen:
- Festlegung und Umsetzung klarer Zwischenziele für die Emissionsreduktion, um Branchen, Unternehmen und Einzelpersonen dabei zu helfen, wirksame Investitionsentscheidungen zu treffen.
- Gestaltung einer neuen Industriepolitik unter Berücksichtigung der neu entstehenden, miteinander verbundenen emissionsfreien Wirtschaftssysteme und der Green-Collar-Arbeitskräfte. So kann eine rasche Dekarbonisierung zu den geringsten Kosten für Wirtschaft und Arbeitnehmer:innen erreicht werden.
- Schaffung von Qualifizierungspfaden für hochwertige Arbeitsplätze, um Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitsplatzsicherheit zu verbessern.
- Reform der allgemeinen und beruflichen Bildungssysteme, die Wege in wachstumsstarke Sektoren mit gefragten Qualifikationen für Berufe der emissionsarmen Zukunft ermöglichen.
- Gezielte Personalpolitik, um Kompetenzen dorthin zu lenken, wo sie gebraucht werden - je nach Arbeitnehmer:innen, Qualifikationen oder Regionen.
"Politische Koordination spielt eine tragende Rolle, wenn es darum geht, einen gerechten Übergangspfad für Volkswirtschaften, Unternehmen und Arbeitskräfte einzuschlagen. Nur mithilfe aktiver, unmittelbarer Unterstützung wird die Netto-Null-Transformation für die Gesellschaft als Ganzes funktionieren und Wohlstand schaffen", fasst Bernhard Lorentz zusammen.
www.deloitte.de
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