Authentisch, aber bitte unpolitisch: So wollen die Deutschen ihre Influencer

Neue Umfrage zeigt, dass auch ältere Menschen mit den Social-Media-Stars vertraut sind.

Influencer:innen als Medienphänomen sind polarisierend: Manche fallen durch gut recherchierte Angebote auf, wie etwa die YouTuber:innen Rezo und Mailab, andere eher durch Skandale wie jüngst Fynn Kliemann. Die Standortinitiative Next-Media Hamburg hat die Diskussion um die Verantwortung von Influencer:innen zum Anlass genommen, um mit einer repräsentativen Umfrage Aufschluss darüber zu gewinnen, was das Publikum von den Social-Media-Stars erwartet und wie groß das Publikum der jungen Medienmacher:innen wirklich ist.

Im Kern der Content-Branche angekommen

Die Umfrage verdeutlicht: Untere den Befragten ist ein Großteil (83,7 Prozent) mit der Arbeit von Influencer:innen vertraut und ausreichend informiert, um das Phänomen Bekannten zu erklären. Das gibt einen Hinweis darauf, dass Influencer:innen schon jetzt im Kern der Content-Branche angekommen sind.

Denn die Befragten waren nicht nur vertraut mit dem Begriff Influencer:in – sie hatten bereits sehr ausgeprägte Meinungen dazu, was für sie gute Influencer:innen ausmachen. So gaben rund ein Drittel der Befragten (34,1 Prozent) an, dass ein authentisches Auftreten das wichtigste Kriterium von guten Influencer:innen ist. Derweil wünschte sich ein Viertel der Befragten (25,8 Prozent) einen "verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Reichweite".

Politische Haltung eher ungewünscht

Mit der Frage, was die wichtigsten Eigenschaften von guten Influencer:innen sind, beschäftigen sich auch die vielen Creator:innen und Kreativagenturen, die in Medienmetropolen wie Hamburg ansässig sind, so wie die Hamburger Influencer:innen-Agentur flow:fwd. "Das Ergebnis unterstreicht das, was zu einem großen Teil das Erfolgsrezept etablierter Content-Creator:innen ist: Authentizität und ein verantwortungsbewusstes Verhalten", kommentiert Tim Krause-Murroni von flow:fwd. "Ich persönlich würde noch ,guten Content' hinzufügen. Influencer:innen mit großer Reichweite bieten ihrem Publikum immer etwas, für das sich das Zuschauen lohnt. Sei es Gaming, Comedy oder Beratung - nur wer dauerhaft relevante Inhalte produziert, wird langfristig erfolgreich sein."

Was ein Großteil der Befragten sich dagegen nicht von Influencer:innen wünscht, sind politische Äußerungen: Beinahe zwei Drittel der Befragten (65,6 Prozent) bewertet es als negativ, wenn Influencer:innen ihre Reichweite für politische Angelegenheiten einsetzen.

Influencer:innen-Geschäftsmodelle als Vorbilder für den Journalismus?

Für die klassische Medienbranche sind Influencer:innen auch wegen ihrer Monetarisierungsstrategien interessant. Communitybuilding und Crowdfunding wird oft als ein Weg diskutiert, wie sich Qualitätsjournalismus auch im Zeitalter der zunehmenden Digitalisierung von Nachrichtenangeboten finanzieren kann. Eine überwältigende Mehrheit der Befragten (91,4 Prozent) schließt es allerdings grundsätzlich aus, Influencer:innen für ihre Inhalte finanziell zu unterstützen. Nur ein kleiner Teil der Befragten (1,5 Prozent) könnte sich vorstellen, Inhalte von Influencer:innen freiwillig zu unterstützen – und nur mit bis zu zwei Euro.

"Dieses Ergebnis verwundert mich, denn zum Beispiel Twitch basiert ja ganz stark auf der finanziellen Unterstützung durch die Zuschauer:innen", meint Krause-Murroni. "Auf anderen Plattformen ist das weniger ausgeprägt, aber beispielsweise viele Podcaster:innen erhalten auch regelmäßig Zuwendungen von Hörer:innen, in Form von Spenden. Die spannende Frage ist: Warum sind so viele Leute nicht bereit, Influencer:innen finanziell zu unterstützen? Die Antwort darauf könnte wichtige Hinweise enthalten, um zum Beispiel am Content zu arbeiten oder Spenden einfacher möglich zu machen."

Kaum Unterschiede zur klassischen Werbung

Auch die Werbebranche setzt oft große Hoffnungen auf Influencer:innen: Das authentische Auftreten und die Bindung an ihr Publikum werden häufig als Faktoren genannt, wegen denen Werbung von Influencer:innen wirksamer sei als über andere Kanäle. Doch nur fünf Prozent der Befragten geben an, dass sie Werbung von Influencer:innen für glaubwürdiger als klassische Werbung halten. 11,5 Prozent sind sich unsicher – und 83,5 Prozent sehen darin keinen Unterschied.

© Next-Media Hamburg
© Next-Media Hamburg

"Die Umfrage bestätigt einen Trend, den wir schon länger vermuten: Klassisches Empfehlungsmarketing durch Influencer:innen verliert an Funktionalität", kommentiert Magnus Folten von der Hamburger Agentur für Creator Marketing weCreate. "Der ursprüngliche Vorteil der hohen Glaubwürdigkeit marginalisiert sich. Über Content-Plattformen wie TikTok und YouTube steigt dagegen der Anteil von Creator Marketing. Hier geht es selten um eine Produktempfehlung, aber häufiger darum, dass Marken sich als Sponsoren positionieren."

Wenn Influencer:innen Werbepartnerschaften eingehen, legen insbesondere ältere Zielgruppen viel Wert auf eine adäquate Kennzeichnung der Werbung. Nur 38,7 Prozent der jüngeren Befragten gab an, dass ihnen Transparenz bei Werbepartnerschaften wichtig sei. Von den Befragten im Alter zwischen 30 und 39 Jahren gaben währenddessen 63,4 Prozent an, Wert auf die Kennzeichnung von Werbung zu legen.

Weitere Untersuchungen notwendig

"Wir von Next-Media Hamburg verstehen Creator:innen als elementaren Bestandteil der Content-Branche", sagt Nina Klaß, Leiterin von Next-Media Hamburg über die Ergebnisse der Umfrage. "Die Antworten der Befragten zeigen deutlich, dass sie bereits eine wichtige Rolle in der Medienwelt spielen. Gerade in Bezug auf alternative Monetarisierungsmöglichkeiten kann die Content-Branche einiges von der Creator Economy lernen. Aber auch im Diskurs um gesellschaftliche Themen und bei der Informiertheit der Gen Z sollte ihre Rolle nicht unterschätzt werden. Als Knotenpunkt der Hamburger Content- und Tech-Industrie arbeiten wir daran, dass Creator:innen noch stärker in das Netzwerk der Content-Branche eingebettet und Synergien besser genutzt werden."

www.nextmedia-hamburg.de

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