Hass und Hetze im Internet erfahren bereits seit Jahren eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit. Die Politik ist dem Thema mit zahlreichen Gesetzesvorhaben zur Bekämpfung von Hass im Netz begegnet: unter anderem wurde der Strafrahmen für öffentlich im Internet begangene Beleidigungen erhöht. Auf europäischer Ebene wurde vor kurzem der "Digital Services Act" verabschiedet, der Verpflichtungen der Plattformbetreiber unionseinheitlich regelt. Auch die Plattformen selbst haben vielfach ihre Moderations- und Löschpraxis angepasst. Gleichzeitig haben jedoch Themen wie die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg den Hass im Netz befeuert.
Keine Entspannung
Was hat sich aus Sicht der Bevölkerung am Klima im Netz geändert? Gibt es eine Zu- oder Abnahme von Betroffenheit durch digitalen Hass seit 2020? Bereits 2020 führte die Forschungsgruppe g/d/p im Auftrag von Professorin Elisa Hoven (Universität Leipzig) eine bundesweite Bevölkerungsumfrage zum Thema Hassreden bzw. "Hate Speech" im Internet durch. Hoven leitet das durch das Bundesministerium der Justiz geförderte, auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt "Der strafrechtliche Umgang mit Hate Speech im Internet". Darin soll das Phänomen Hate Speech aus kriminologischer, strafrechtlicher und strafprozessualer Perspektive beleuchtet werden.
Zwei Jahre später hat die Forschungsgruppe g/d/p eine Wiederholungsmessung mit der gleichen Methodik durchgeführt, um Veränderungen in dem Bereich der Hassreden im Internet aufzuspüren. Die Ergebnisse der aktuellen Erhebung weisen nicht auf eine Entspannung hinsichtlich der Bedrohungslage durch Hass im Netz hin. Im Gegenteil: Der Anteil der Betroffenen wächst und damit der Anteil der Menschen, die sich eingeschränkt fühlen und ein Bedürfnis nach härteren Sanktionen äußern. Innerhalb von zwei Jahren ist der Anteil der von Hassreden Betroffenen von 18 auf 24 Prozent gestiegen.
Angst vor Meinungsäußerung nimmt zu
Jede:r zweite Befragte hat aus Sorge vor Hassreden schon einmal darauf verzichtet, einen Beitrag zu posten oder Beiträge bewusst vorsichtiger formuliert. 2020 traf dies auf 42 Prozent der Befragten zu. Männer haben seit der letzten Erhebung vor zwei Jahren in diesem Bereich "aufgeholt", so dass aktuell nicht nur jede zweite Frau, sondern auch jeder zweite Mann eigene Beiträge aus Sorgen vor Hassreden vorsichtiger formuliert oder darauf verzichtet, einen Beitrag zu posten.
Zudem zeigen sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Wahrnehmung und Betroffenheit von Hassreden im Netz je nach Alter der Befragten: Mit zunehmendem Alter sinkt der Anteil der Betroffenen von Hassreden im Netz. Zugehörige der Generation Z sind am häufigsten betroffen: jede:r zweite Befragte unter 22 Jahren hat bereits selbst Hass im Netz erlebt. Aktuell sind 49 Prozent der Befragten der Meinung, dass Beleidigungen im Internet härter bestraft werden sollten als persönliche Beleidigungen. 2020 betrug der Anteil der Befürworter:innen härterer Sanktionen 43 Prozent.
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