"Es muss ein Systemwandel her"

"Ozeankind"-Gründerin Marina Schmidt spricht im LEADERSNET-Interview über Umweltschutz, Nachhaltigkeit, sowie über nationale und internationale Umweltbildungs- und Recycling Projekte für Kinder und Jugendliche und warum es sich bei der Arbeit der Organisation um eine Herzensangelegenheit handelt.

LEADERSNET: Frau Schmidt, Ihre Organisation leistet unter anderem Beitrag zur Säuberung der Meere. Womit befasst "Ozeankind" sich zusätzlich?

Marina Schmidt: "Ozeankind" setzt auf eigene Umweltbildungs- und Recyclingprojekte für Kinder. Dazu kommen Umweltbildungsunterricht, CleanUps sowie Cashback-Programme für Schulen. Unser aktueller Projektort ist die Insel Sansibar in Tansania. Ozeankind arbeitet Tag für Tag für eine Zukunft, in der es deutlich weniger Produkte aus Einwegplastik gibt, die irgendwo der Umwelt oder im Meer landen. Wir folgen der Vision, in der möglichst viele Menschen Zugang zu einem funktionierenden Abfallsystem haben und in der Umweltschutz bereits im Kindergarten und in der Grundschule spielerisch in die Köpfe der Kinder gelangen kann. Umweltschutz muss das neue "normal" werden.

LEADERSNET: Was bedeuten Umweltschutz und Nachhaltigkeit für Sie?

Schmidt: Ohne Umweltschutz und mehr Nachhaltigkeit in unserem Alltag wird unser Planet für die kommenden Generationen nicht mehr wirklich lebenswert sein. Jeder ist gefragt, vor allem die Entscheider:innen in Politik und Industrie, sie haben die großen Hebel in der Hand. Generell sind wir der Überzeugung die Welt braucht mehr Menschen, die Dinge hinterfragen, nach Lösungen suchen und losgehen und anfangen, sich selbst zu ändern, statt darauf zu warten das andere Menschen die Welt für sie retten. Wir alle sollten unseren persönlichen Konsum, unseren bisherigen Lebensstil kritisch hinterfragen und jeden Tag ein bisschen umweltbewusster leben.

© Ozeankind
© Ozeankind

LEADERSNET: Was muss Ihrer Meinung nach geschehen, um die Umweltverschmutzung einzudämmen?

Schmidt: Es muss ein Systemwandel her. Unser Wirtschaften muss sich ändern – genauso wie unser individuelles Konsumverhalten. Wir Konsumenten sollten uns bewusst werden was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben – da schließen wir uns selbst nicht aus – und beginnen mit unseren individuellen, vorhandenen Möglichkeiten jeden Tag ein bisschen nachhaltiger zu leben.

LEADERSNET: Wie kann man freiwillige:r Helfer:in bei "Ozeankind" werden?

Schmidt: Man kann sich in einem unserer sechs regionalen Stützpunkte – Kiel, Berlin, Dortmund, Düsseldorf, Leipzig und Wien – engagieren und gemeinsam mit anderen "Ozeankindern" in seiner Region aktiv gegen Plastikmüll vorgehen. Viele Menschen melden sich bei uns über E-Mail oder Social Media und wollen mitmachen

LEADERSNET: Wie stark ist die Beteiligung bei den durchgeführten "Clean-Ups"?

Schmidt: Das ist von Aktion zu Aktion unterschiedlich. Auch in Zeiten von Corona war die Beteiligung zum Beispiel schwächer als in den Zeiten davor. Dennoch lässt sich sagen, dass wir in den letzten fünf Jahren, in denen wir regelmäßig Cleanups durchführen, die Beteiligung nach wie vor gut ist. Wenn ich so zurückblicke, gab es vor fünf bis sechs Jahren kaum Cleanup-Aktionen in Deutschland, zumindest waren diese bei weitem nicht so präsent wie heute. Es ist wundervoll zu sehen wie viele Menschen und lokale Initiativen regelmäßig zum Müll sammeln aufrufen. Die Umwelt braucht jeden Einzelnen von uns, und am besten Menschen, die ihren Müll nicht achtlos in die Natur schmeißen.

LEADERSNET: Ist eine Veränderung durch den Verein sichtbar?

Schmidt: Ja, vor allem auf Sansibar konnten wir dank unserer Projektpartner in den letzten Jahren einen deutlichen Beitrag für die Umwelt und die Menschen leisten. Stand heute gibt es vier "Ozeankind"-Recycling-SwopShops in denen bisher über 3.200 Kinder und Jugendliche registriert sind und regelmäßig Plastikflaschen gegen notwendige Produkte wie Schulutensilien und Hygieneprodukte eintauschen können.

© Ozeankind
Kinder und Jugendliche auf Sansibar können in den "Ozeankind"-Recycling-SwopShops Plastikflaschen gegen notwendige Produkte wie Schulutensilien und Hygieneprodukte eintauschen. © Ozeankind

Allein im letzten Jahr, 2021 konnten wir so über 51.000 Kilogramm an PET Flaschen aus der Umwelt entsorgen und recyceln. Zudem erhalten über 500 Kinder zweimal im Monat Umweltbildungsunterricht, wir veranstalten große Community-Cleanups und klären über die Gefahren der Umweltverschmutzung auf. Dank unserer Arbeit gibt es weniger Plastikmüll (PET Flaschen) in der Umwelt und im Meer und es gibt viele hundert Kinder & deren Familien die umweltbewusster durchs Leben gehen.

LEADERSNET: Wie konnte "Ozeankind" in Zeiten von Corona arbeiten?

Schmidt: Zum Glück hat die Corona-Krise unsere Arbeit nicht wirklich beeinträchtigt. Wir konnten normal weiterarbeiten, auch wenn wir unsere eigentlich geplanten Aktionen und Projekte teilweise nicht so umsetzen konnten. Zum Beispiel konnte teilweise der Umweltbildungsunterricht auf Sansibar aufgrund von Schulschließungen nicht stattfinden und auch unsere Projektreise fand nicht stand.

LEADERSNET: Wie finanziert sich der Verein?

Schmidt: Wir finanzieren uns wie jede gemeinnützige Organisation aus Spenden und Fördermitgliedsbeiträgen.

LEADERSNET: Was bedeutet "Ozeankind" für Sie, als Gründerin?

Schmidt: Ich denke für jeden Gründer bedeutet das eigene Schaffen, eigne Unternehmen viel. So ist das auch bei uns. Vor acht Jahren haben wir noch nicht einmal im Traum daran gedacht, dass wir eines Tages unsere eigene Umweltschutzorganisation gründen und leiten, dass wir selbstständig arbeiten und einen Job ausüben, der uns erfüllt. "Ozeankind" ist unser Beitrag für ein besseres Morgen. "Ozeankind" ist der Beweis, dass einzelne Menschen sehr wohl einen Beitrag leisten können. Wir möchten mit "Ozeankind" zeigen, dass man selbst nicht 100 Prozent nachhaltig leben muss, um sich für etwas stark zu machen und andere mitzureißen.

LEADERSNET: Was sind die zukünftigen Pläne der Organisation?

Marina Schmidt: Wir möchten unseren Beitrag für Mensch und Natur auf Sansibar vergrößern und unser "Ozeankind"-Konzept zukünftig auch in andere Länder bringen. Wir glauben, dass der Schlüssel in der Aufklärung und in einem wachsenden Umweltbewusstsein liegt. Und das sollte bereits in der Grundschule gelehrt werden. Dafür gibt es die "Ozeankind"-Schulbuch-Spende. Wir sind der Überzeugung, dass nur wenn Du den Satz "Ich kann doch eh nichts bewirken/ändern in dieser Welt" aus deinem Wortschatz streichst, Du plötzlich Möglichkeiten zur Veränderung sehen wirst. Fange klein an, in Deinem persönlichen Tempo, lass Dich nicht entmutigen und hab einfach Spaß an der Veränderung.

LEADERSNET: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Schmidt: Dass die zuständigen Politiker dieser Welt endlich die notwendigen Schritte einleiten und die Klimakrise eindämmen, dass es ein globales Plastikmüllabkommen gibt, an dem sich alle Länder beteiligen und dass es immer mehr Menschen gibt, die ihr eigenes Handeln hinterfragen und selbst aktiv werden. Nur wenn alle Seiten, die Industrie, die Politik und die Bewohner an einem Strang ziehen können wir unseren Planeten, unser einziges Zuhause bewahren. (tk)

www.ozeankind.de

Über "Ozeankind"

"Ozeankind" setzt auf eigene Umweltbildungs- und Recyclingprojekte für Kinder. Dazu kommen Umweltbildungsunterricht, Hands-On, CleanUps sowie Cashback-Programme.

Die Vision des Vereins ist es, dass möglichst viele Menschen Zugang zu einem funktionierenden Abfallsystem haben und in der Umweltschutz bereits im Kindergarten und in der Grundschule spielerisch in die Köpfe der Kinder gelangen kann.

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"Ozeankind" setzt auf eigene Umweltbildungs- und Recyclingprojekte für Kinder. Dazu kommen Umweltbildungsunterricht, Hands-On, CleanUps sowie Cashback-Programme.

Die Vision des Vereins ist es, dass möglichst viele Menschen Zugang zu einem funktionierenden Abfallsystem haben und in der Umweltschutz bereits im Kindergarten und in der Grundschule spielerisch in die Köpfe der Kinder gelangen kann.

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